Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialversicherungspflicht. Software-Entwickler. Beratungsdienstleistungen im Auftrag einer GmbH. abhängige Beschäftigung bei Weisungsgebundenheit und Eingliederung in die Arbeitsorganisation eines Kunden. Arbeitnehmerüberlassung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ein IT-Experte, der als Arbeitnehmer für einen Kunden des Auftraggebers tätig ist, vom Kunden Weisungen entgegen nimmt und in dessen Betriebsorganisation eingebunden ist, ist abhängig beschäftigt.

2. Der Auftraggeber ist nach den Grundsätzen der Arbeitnehmerüberlassung beitragspflichtig.

 

Tenor

I. Die Klage gegen den Bescheid vom 28.10.2009 in der Fassung des Bescheids vom 16.2.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24.5.2011 wird abgewiesen.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um Status des Beigeladenen und Versicherungspflicht der Klägerin im Hinblick auf die Tätigkeit des Beigeladenen als Software-Entwickler im Zeitraum vom 1.7.2008 bis 30.09.2009.

Die Klägerin ist eine deutsche Gesellschaft in der Gesellschaftsform der Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit dem Unternehmensgegenstand (aktueller Handelsregisterauszug) Handel mit Computern und Software, Veranstaltung von Schulungen am Computer und Erarbeitung von EDV-Lösungen, insbesondere durch Eigenentwicklung von Software. Der Beigeladene ist ein Naturwissenschaftler (Hochschulabschluss in Mathematik und Physik) ukrainischer Staatsbürgerschaft. Die Kundin der Beigeladenen, die T. GmbH & Co OHG (nunmehr: T.), ist die Tochter eines weltweit tätigen Telekommunikationskonzerns.

Mit Schreiben vom 9.9.2008 (Eingang bei der Beklagten am 10.10.2008) stellten die Klägerin und der Beigeladene Antrag auf Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status. Der Beigeladene war bei der T. als Ingenieur (EAI [Enterprise Application Interface]-Developer) im Auftrag der Klägerin tätig. Der Beigeladene beschrieb seine Aufgabe als die Durchführung von Design, Entwicklung, "Unit Testing", Dokumentation sowie Implementierung von Neuentwicklungen. Er war für die Klägerin ausschließlich bei T. tätig.

Der Beigeladene gab in diesem Antrag an, dass er nicht am Betriebssitz der Klägerin arbeite, regelmäßige Arbeitszeiten wären nicht einzuhalten, Weisungen würden ihm nicht erteilt werden und das Einsatzgebiet könne nicht ohne seine Zustimmung verändert werden. Im Hinblick auf sein eigenunternehmerisches Handeln nennt er eine eigene ständig aktualisierte Website sowie aktives Suchen nach Folgeprojekten in gängigen Jobbörsen inklusive der Platzierung des eigenen Lebenslaufs. Kapitaleinsatz sei nicht nötig, da er eine Dienstleistung erbringe, seine Preisgestaltung orientiere sich am Markt.

Dem Antrag beigefügt ist ein "Rahmenvertrag über Beratungsdienstleistungen" des Beigeladenen mit der Klägerin vom 23.6.2008 (nunmehr: RVD). Nach § 1.1 RVD wird die Dienstleistung in Anlage 1 definiert. Gemäß dieser Anlage ("Projektvertrag über Beratungsdienstleistungen" vom 23.6.2008, nunmehr: PV) repräsentiert der Beigeladene die Klägerin im Rahmen der Betreuung des Projektes "Developer EAI". Das Projekt wird, soweit erforderlich, auch beim Kunden der Klägerin, d.h. bei der T. in A-Stadt, durchgeführt (Ziffer 1 (2) PV). Der Beigeladene ist verpflichtet, die technischen Hilfsmittel zu stellen, welche von der T. nur nach Absprache zur Verfügung gestellt werden (Ziffer 1 (2) PV). Die Tätigkeit, die mit 504 € pro Tag zzgl. ges. MwSt. vergütet wird (Ziffer 2 PV), wird direkt mit der T. abgestimmt. Abgerechnet wird gegenüber der Klägerin, wobei die Rechnungen verbindlich unterzeichnete Leistungsnachweise der T. enthalten müssen (Ziffer 2 PV).

Der Beigeladene hat nach § 1.2 RVD keinen Anspruch auf Beauftragung und kann für Dritte tätig werden. Eine Pflicht zur Annahme von Projektverträgen besteht nicht. Der Beigeladene ist im Hinblick auf die Bestimmung der Arbeitszeit sowie bzgl. Art, Ablauf und Einteilung der Leistungserbringung frei, § 1.4 RVD. Die Tätigkeit ist eigenverantwortlich in den Büroräumen des Beigeladenen zu erbringen; die Arbeitsmittel müssen vom Beigeladenen gestellt werden (§ 1.4 RVD). Der Beigeladene wird im Außenverhältnis nur im Namen und im Auftrag der Klägerin tätig. Er darf keine Erklärungen oder Handlungen zulasten der Klägerin vornehmen, § 1.7 RVD. Der Beigeladene kann sich vorbehaltlich der Zustimmung der Klägerin und des Kunden der Klägerin eines oder mehrerer Erfüllungsgehilfen bedienen. Der Beigeladene hat dann das alleinige Weisungsrecht gegenüber diesen Erfüllungsgehilfen, § 1.8 RVD.

In § 2.1 RVD wird weiter geregelt, dass der Honorarsatz im PV auf Basis eines Stunden- oder eines Tagessatzes spezifiziert wird. Im letzteren Fall besteht ein Tag aus mindestens acht Stunden, wobei darüber hinaus geleistete Arbeitszeit nicht vergütet wird (§ 2.2 RVD). Der Kläger hat seinen genauen Zeitaufwand in Stundenlisten zu erfassen und dem Endkunden (vorliegend: T.) zur Prüfung und Unterschrift vorzulegen. Die Stundenlisten müssen die erbrachten Leistungen ge...

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