Entscheidungsstichwort (Thema)

Einstweiliger Rechtsschutz. Anordnungsanspruch. Sozialgeld. Mehrbedarf. unabweisbarer laufender besonderer Bedarf. internetfähiger Laptop nebst Zubehör für den pandemiebedingten Schulunterricht im häuslichen Bereich. fehlende Unabweisbarkeit des Bedarfs durch mögliche Leihgeräte bzw Zuwendungen nach Förderrichtlinien des bayrischen Kultusministeriums. Mehrbedarf nur für notwendigen Drucker

 

Orientierungssatz

1. Ein Mehrbedarf gemäß § 21 Abs 6 SGB 2 für die Beschaffung eines internetfähigen Laptops nebst Zubehörs wegen des pandemiebedingten Schulunterrichts im häuslichen Bereich kann im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht gewährt werden, soweit nach den Förderrichtlinien des bayrischen Kultusministeriums vom 10.6.2020 Leihgeräte an den Schulen bereitgestellt werden sollen.

2. Unter verfassungskonformer Auslegung besteht jedoch ein Anordnungsanspruch für einen Mehrbedarf nach § 21 Abs 6 SGB 2 zur Beschaffung eines Druckers, wenn an der Grundschule und an der Mittelschule keine Leihdrucker zur Verfügung gestellt werden.

 

Tenor

I. Es wird festgestellt, dass die Klage S 8 AS 1140/20 vom 03.07.2020 gegen den als Bescheid zur Ablehnung eines Antrags auf Erlass eines Änderungsbescheids nach § 48 SGB II auszulegenden Bescheid vom 11.05.2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 08.06.2020 aufschiebende Wirkung hat.

II. Der Antragsgegner wird einstweilen verpflichtet, den Antragstellern vorläufig SGB-II-Leistungen in Höhe von einmalig insgesamt 60,00 Euro (Mehrbedarf zur Beschaffung eines Druckers) zu gewähren.

III. Im Übrigen wird der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz abgelehnt.

IV. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens zu 1/5.

 

Gründe

I.

Die Antragstellerin begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes vor dem Hintergrund des durch die Corona-Pandemie verursachten Home-Schoolings die vorläufige Gewährung von SGB-II-Leistungen in Form eines Mehrbedarfs in Höhe von insgesamt 330,00 Euro für die Anschaffung eines internetfähigen Laptops, eines Druckers (mit Patronen) und eines Headsets.

Der Antragstellerin ist 2007 geboren und besucht im Schuljahr 2019/20 wie auch im Schuljahr 2020/21 die Grund- und Mittelschule A-Stadt.

Zuletzt mit vorläufigem Bewilligungsbescheid vom 21.04.2020, der am 18.06.2020 durch einen eine endgültige Bewilligung ersetzt wurde, wurden der Antragstellerin sowie ihrer Familie SGB-II-Leistungen für die Zeit von Mai 2020 bis Oktober 2020 ohne Berücksichtigung eines Mehrbedarfs für die hier streitigen Geräte bewilligt.

Mit Schreiben vom 23.04.2020 beantragte der Vater der Antragstellerin beim Antragsgegner die Übernahme der Kosten für die Beschaffung eines internetfähigen Laptops in Höhe von 250,00 Euro, eines Druckers samt Patronen in Höhe von 60,00 Euro und für ein Headset in Höhe von 20,00 Euro und somit Gesamtkosten in Höhe von 330,00. Diese seien als Mehrbedarf nach § 21 Abs. 6 SGB II zu gewähren. § 21 Abs. 6 SGB II sei auch unabhängig davon, dass die Geräte nur einmalig anzuschaffen seien, anwendbar. Denn nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) seien im Rahmen der verfassungskonformen Auslegung auch einmalig anzuschaffende, aber laufend benötigte Bedarfe als Härtefallmehrbedarf i.S.d. § 21 Abs. 6 SGB II zu zählen. Insofern werde auf die Urteile des BSG vom 08.05.2019 verwiesen (B 14 AS 6/18 R und B 14 AS 13/18 R). Dem Antrag waren entsprechende Angebote des D-Marktes (alle reduziert im Verhältnis zum ursprünglichen Originalpreis) beigefügt. Pandemiebedingt würde der Unterricht durch die Schulschließung derzeit nur noch im Internet stattfinden. Der Bedarf sei laufend, da die Schulschließung seit dem 17.03.2020 und damit im Zeitpunkt der Antragstellung länger als einen Monat andauere und der Zeitpunkt der Wiederaufnahme des regulären Unterrichts nicht feststehe.

Mit Bescheid vom 11.05.2020 teilte der Antragsgegner mit, dem "Antrag vom 23.04.2020 auf Übernahme der Kosten für Laptop, Headset, Drucker usw. für Schulunterricht, die aufgrund der derzeitigen Situation mit der Corona-Pandemie entstehen" könne nicht entsprochen werden. Begründet wurde der Bescheid wie folgt: Am 27. April 2020 hätten die Schulen in Bayern für die Abschlussklassen wieder geöffnet. Für die anderen Schülerinnen und Schüler bleibe derzeit das Lernen zu Hause von zentraler Bedeutung. Für die Schüler, die nicht selbst über ein geeignetes digitales Endgerät verfügten, gebe es nun eine unbürokratische und schnelle Unterstützung. Digitale Endgeräte, die Schulen mit Fördermitteln des Freistaates oder des Bundes beschafft hätten, könnten in der derzeitigen Sondersituation von Schülerinnen und Schülern auch für das Lernen zu hause genutzt werden. Möglich werde dies durch eine befristete Leihgabe durch die Schulen. Jede Schule, der bekannt sei, dass eine Schülerin oder ein Schüler ein digitales Endgerät benötige, könne umgehend auf den Schulaufwandsträger zugehen. Das sei eine pragmatische und einfache Regelung, die dafür sorge, dass Kinder und Jugendliche auch be...

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