nicht rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Umlagebeiträge. Betriebsprüfung. Zeitlich geringfügig Beschäftigte. Zusteller. Betriebsgröße. Entgeltfortzahlung. Typisierung. Regelungslücke. Teleologische Reduktion

 

Leitsatz (redaktionell)

§ 10 Abs. 2 S. 5 LFZG (i. d. F. des PflegeVG) ist im Wege der teleologischen Reduktion so auszulegen, dass Teilzeitbeschäftigte, die nicht mehr als 10 Stunden pro Woche arbeiten, bei der Feststellung der Betriebsgröße (anteilmäßig) berücksichtigt werden.

 

Normenkette

EFZG § 3 Abs. 1; LFZG § 1 Abs. 3, § 10 Abs. 1-2, § 14 Abs. 1-2; SGB IV § 28p Abs. 1 S. 5

 

Verfahrensgang

SG Duisburg (Urteil vom 14.08.2002; Aktenzeichen S 29 (7,25) RJ 25/01)

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 27.09.2005; Aktenzeichen B 1 KR 31/03 R)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 14.08.2002 geändert. Der Bescheid vom 13.12.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.02.2001 wird insoweit aufgehoben, als Umlagebeiträge zu den Ausgleichsverfahren nach dem Lohnfortzahlungsgesetz festgesetzt worden sind. Die Beklagte und die Beigeladene haben als Gesamtschuldner der Klägerin die Kosten beider Rechtszüge zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist die Verpflichtung der Klägerin zur Zahlung von Umlagebeiträgen nach dem Lohnfortzahlungsgesetz (LFZG).

Die Klägerin vertreibt Anzeigenblätter im Raum E, N und Umgebung. Sie beschäftigte im streitbefangenen Zeitraum (Juni 1994 bis Oktober 2000) zwischen 800 bis 1000 Arbeitnehmer als geringfügig Beschäftigte mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 2,5 bis 4,5 Stunden. Daneben waren in dem Betrieb eine Teilzeitkraft im Umfang zwischen 10 bis 20 Stunden pro Woche und von Januar 1999 bis Juli 2000 neben einem in Vollzeit arbeitenden Geschäftsführer eine Halbtagskraft mit 20 Wochenstunden tätig.

Mit Schreiben vom 21.03.1995 bat die Klägerin die Beigeladene unter Mitteilung der Mitarbeiterstruktur um Auskunft, ob sie zur Teilnahme am Ausgleichsverfahren nach dem LFZG verpflichtet sei. Dies bejahte die Beigeladene mit Schreiben vom 04.12.1995. Die Klägerin bat mit Schreiben vom 08.02.1996 die Beigeladene unter Bezugnahme auf ein vorangegangenes Gespräch, die Teilnahme am Ausgleichsverfahren ruhen zu lassen, bis auf eine Anfrage des AOK-Bundesverbandes beim zuständigen Ministerium hin geklärt sei, ob Mitarbeiter mit einer Arbeitszeit von höchstens 10 Stunden wöchentlich nicht doch mit einer Quote von 0,25 auf die Gesamtzahl der Arbeitnehmer angerechnet werden könnten. Erst mit Schreiben vom 15.08.1997 teilte die Beigeladene der Muttergesellschaft der Klägerin mit, man teile zwar grundsätzlich die Ansicht, dass ein Umlageverfahren für Beschäftigte, die wöchentlich nur ca. 2 Stunden tätig seien, nicht sinnvoll sei. Die zuständigen Ministerien hätten jedoch dem AOK- Bundesverband auf seine Anfrage erklärt, eine Änderung der im Gesetz festgelegten Regelung sei nicht geplant, eine andere Auslegung „als die im Gesetz beschriebene” sei nicht möglich. Das Grundsatzreferat Umlageversicherung beim AOK-Bundesverband habe daher festgelegt, dass auch ein Unternehmen, das eine sehr hohe Zahl von Arbeitnehmern mit einer Arbeitszeit von weniger als 10 Stunden pro Woche beschäftigte, Umlagebeiträge zu entrichten habe. Gleichwohl nahm die Klägerin weiterhin am Umlageverfahren nicht teil. Es fanden weitere Gespräche zwischen der Beigeladenen und der Verlagsgruppe, der die Klägerin angehört, über mögliche vergleichsweise Lösungen für die Klägerin und ein weiteres gleichstrukturiertes Unternehmen statt. Mit Schreiben vom 11.05.2000 teilte die Beigeladene der Muttergesellschaft mit, der in Erwägung gezogene Vergleich könne nicht abgeschlossen werden. Die Klägerin hat bislang weder Beiträge zum Umlageverfahren entrichtet noch Erstattungsanträge gestellt.

Nach Durchführung einer Betriebsprüfung bei der Klägerin stellte die Beklagte durch Bescheid vom 13.12.2000 neben pauschalen Beiträgen für 3 geringfügig Beschäftigte unter Hinweis auf das Schreiben der Beigeladenen vom 15.08.1997 für den Zeitraum 01.06.1994 bis 30.10.2000 Umlagebeiträge zu den Ausgleichsverfahren nach dem LFZG in Höhe von insgesamt 242.813,60 DM fest. Zur Begründung führte sie insoweit aus, die Beigeladene habe durch Bescheid vom 15.08.1997 die Pflicht zur Teilnahme an der Umlageversicherung festgestellt, gleichwohl seien keine Beiträge entrichtet worden. Bei der Berechnung der Beiträge seien auch die Bruttoarbeitsentgelte der Arbeitnehmer zu berücksichtigen, deren wöchentliche Arbeitszeit weniger als 10 Stunden betrage. Eine Verjährung der nachberechneten Beiträge für die Zeit vom 01.06.1994 bis 30.11.1995 sei nicht eingetreten, weil die Klägerin spätestens seit Zugang des Bescheides vom 15.08.1997 ihre Verpflichtung zur Zahlung der Umlagebeiträge gekannt habe.

Die Klägerin bestritt mit ihrem Widerspruch, am Umlageverfahren teilnehmen zu müssen. Die beschäftigten Zusteller seien keine Arbeiter, da sie keine körperliche Arbeit leisteten. Unabhängig davon zähle sie ...

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