Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 27.09.2022 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten über die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung nach den Vorschriften des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI).

Der 1963 geborene Kläger hat Ausbildungen als Maschinenschlosser und gestaltungstechnischer Assistent erfolgreich absolviert, zwischenzeitlich studiert und zuletzt als Schlosser gearbeitet. Seit 2010 geht er keiner Erwerbstätigkeit mehr nach.

In der Zeit vom 01.04.2015 bis 31.08.2020 bezog er von der Beklagten eine befristete Rente wegen Erwerbsminderung. Der Rentenbewilligung lagen Gutachten des Facharztes für Chirurgie und Sozialmedizin L. aus 2015 und 2017 zugrunde, der im Hinblick auf eine Alkoholkrankheit und depressive Erkrankung des Klägers ein aufgehobenes Leistungsvermögen angenommen hatte.

Am 07.04.2020 stellte der Kläger einen Weiterzahlungsantrag. Im Selbsteinschätzungsbogen der Beklagten gab er zu seiner Alkoholkrankheit an, seit über drei Jahren über den Tag verteilt drei Liter alkoholfreies Bier mit Restalkohol (≪ 0,5 Volumenprozent Alkohol) zu trinken. Hierdurch könne er auf (andere) alkoholische Getränke verzichten. Seinen Gesundheitszustand schätze er als "durchschnittlich" ein.

Die Beklagte gab ein neuro-psychiatrisches Gutachten beim Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. O. in Auftrag, welches dieser nach ambulanter Untersuchung des Klägers am 29.09.2020 erstellte. Mangels pathologischer Befunde auf neurologischem und psychiatrischem Fachgebiet ging der Sachverständige davon aus, dass der Kläger noch mehr als 6 Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes erwerbstätig sein könne.

Die Beklagte lehnte den Weiterzahlungsantrag mit Bescheid vom 06.10.2020 und Widerspruchsbescheid vom 09.02.2021 ab, da der Kläger die medizinischen Voraussetzungen für die Weiterzahlung der Erwerbsminderungsrente nicht erfülle.

Am 27.02.2021 hat der Kläger beim Sozialgericht Düsseldorf (SG) Klage erhoben. Es falle ihm schwer, diese zu begründen, ohne dabei an alkoholische Getränke zu denken. Zudem habe er Panik vor Krämpfen, Schlaflosigkeit, Herz- und Kopfschmerzen, einen ständigen Tinnitus und ein gebrochenes Handgelenk mit teilweise motorischen Ausfällen. Entgiftung und Entzug habe er schon zehnmal hinter sich, jedes Mal, um mit seiner Tochter eine Woche Urlaub ohne Alkohol machen zu können. Zurück in der Arbeitswelt sei der tägliche Alkoholkonsum nach zwei Wochen jedes Mal schlimmer geworden. Er habe für sich den Weg gefunden, mit alkoholfreiem Bier vom weiteren Alkohol fernzubleiben. Da er über den Tag drei Liter trinke, müsse er sich in der Nähe eines Supermarktes aufhalten, bei dem er das alkoholfreie Bier kaufen könne.

Im Rahmen eines Erörterungstermins am 29.07.2021 hat der Kläger bestätigt, auf alkoholfreies Bier umgestiegen zu sein. Weiterhin leide er unter Durchschlafstörungen und sei deshalb morgens nicht ausgeschlafen. Er sei vor kurzem umgezogen und renoviere derzeit seine Wohnung. Vor drei Jahren habe er sich das linke Handgelenk gebrochen. Wenn er Fahrrad fahre oder Umzugskisten schleppe, würden dort Blutergüsse entstehen. Seine Schreibhand sei die rechte Hand.

Das SG hat einen Befundbericht der Fachärztin für Psychiatrie, Psychotherapie und Suchtmedizin Z. vom 21.10.2021 eingeholt. Nach deren Auskunft habe der Kläger sich vorgestellt, um ein Attest zur Verlängerung seiner Rente zu erhalten, was unter den gegebenen Umständen jedoch nicht machbar gewesen sei.

Das Gericht hat anschließend ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten beim Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. B. in Auftrag gegeben (Gutachten vom 04.05.2022). Dieser gelangte nach ambulanter Untersuchung des Klägers zu der Auffassung, dass Einschränkungen der Leistungsfähigkeit bei fehlendem relevanten neurologischem Defizit bzw. fehlenden psychischen Störungen in einem nachweislich funktionsmindernden Ausmaß nicht begründet werden könnten. Der Kläger sei in der Lage, an fünf Tagen in der Woche regelmäßig und vollschichtig mit bestimmten qualitativen Einschränkungen zu arbeiten. Neben der Tätigkeit, die er mit seiner qualifizierten Ausbildung als Schlosser durchführen könne, seien auch einfache Anlerntätigkeiten z.B. in der Produktion, im Büro oder bei Dienstleistungen möglich. Einschränkungen der Wegefähigkeit bestünden nicht. Die früheren chirurgisch-sozialmedizinischen Bewertungen seien nicht nachvollziehbar, da die sozialmedizinische Beurteilung von Suchtleiden mit der Durchführung geeigneter suchtmedizinischer Hilfen zusammenfalle. Allein ein schädlicher Alkoholgebrauch sei nicht geeignet, Leistungsunfähigkeit zu begründen. Mit dem Gutachten von Dr. O. stimme er überein.

Der Kläger, der auch nach Kenntnisnahme des Gutachtens von Dr. B. die Auffassung geäußert hat, einer Erwerbstätigkeit nicht nach...

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