Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesetzliche Unfallversicherung. Arbeitsunfall. sachlicher Zusammenhang. Betriebssport. betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung. betriebliche Gesundheitsprävention. organisatorische und finanzielle Unterstützung des Arbeitgebers. Teilnahme an einem Firmenlauf mit Run-Party

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine sportliche Betätigung als Betriebssport steht nur dann unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung, wenn der Sport Ausgleichs- und nicht Wettkampfcharakter hat, regelmäßig stattfindet, der Teilnehmerkreis im Wesentlichen auf Unternehmensangehörige beschränkt ist, Übungszeit und Übungsdauer im Zusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit stehen und der Sport unternehmensbezogen organisiert ist (vgl BSG vom 28.6.2022 - B 2 U 8/20 R = SozR 4-2700 § 2 Nr 58, und vom 13.12.2005 - B 2 U 29/04 R = SozR 4-2700 § 8 Nr 16).

2. Am erforderlichen betrieblichen Zusammenhang fehlt es, wenn Freizeit, Unterhaltung, Erholung oder die Befriedigung sportlicher oder kultureller Interessen im Vordergrund stehen, für die (nicht laufinteressierten) Beschäftigten kein verbindliches Programm vorgesehen wird und die Veranstaltung von vornherein auch nicht dem Unternehmen angehörigen Personen offensteht (vgl. BSG, Urteile vom 28.6.2022 - B 2 U 8/20 R = SozR 4-2700 § 2 Nr 58, und vom 15.11.2016 - B 2 U 12/15 R = SozR 4-2700 § 2 Nr 37).

3. Maßnahmen der betrieblichen Gesundheitsförderung sind nicht Teil der gesetzlichen oder vertraglichen Beziehungen zwischen einem Unternehmer und seinen Beschäftigten, aus denen ein Versicherungsschutz nach § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII generell abgeleitet werden könnte (vgl BSG vom 28.6.2022 - B 2 U 8/20 R = SozR 4-2700 § 2 Nr 58).

4. Für die Begründung eines inneren Zusammenhangs zu der versicherten Tätigkeit genügt es nicht, dass der Arbeitgeber die zum Unfall führende Maßnahme gemeinsam mit dem Betriebsrat organisatorisch dem betrieblichen Gesundheitsmanagement oder der betrieblichen Gesundheitsförderung zuordnet und finanziell unterstützt. Das jeweilige Unternehmen und seine Beschäftigten haben es nicht in der Hand den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung auf Tatbestände auszuweiten, die außerhalb der individuell getroffenen Vereinbarungen über den Inhalt des Beschäftigungsverhältnisses liegen und damit grundsätzlich unversichert sind (vgl BSG vom 28.6.2022 - B 2 U 8/20 R = SozR 4-2700 § 2 Nr 58, und vom 15.11.2016 - B 2 U 12/15 R = SozR 4-2700 § 2 Nr 37).

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 25. März 2021 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin am 22. Mai 2019 einen Arbeitsunfall erlitten hat.

Die 1973 geborene Klägerin war zur Zeit des Unfalls und ist auch jetzt noch als Beauftragte für Medizinproduktesicherheit bei der V Netzwerk für Gesundheit GmbH (im Folgenden: V-GmbH) beschäftigt. Mit anderen Beschäftigten der V-GmbH traf sie sich gelegentlich in lockerer Runde zum gemeinsamen Skaten in der Gruppe, die sich nach ihren Angaben „V-Runners“ nannte, auf dem T Feld. Die Klägerin hatte sich, wie auch andere Mitglieder dieser Gruppe, selbst als „Freizeitgruppe V-Runners“ (nach der vom Veranstalter vorgelegten Ergebnisliste richtigerweise: V-Liners) unter der Firma V-GmbH zum 18. IKK BB (Innungskasse B und B) B Firmenlauf (im Folgenden: Firmenlauf) am 22. Mai 2019 angemeldet. Ausweislich des offiziellen Prospekts zum B Firmenlauf am 22. Mai 2019 fand dieser (wie jedes Jahr) am späten Nachmittag und Abend im B Tgarten über eine Strecke von 5,5 km mit den Disziplinen Laufen, Walken, Skaten, Rollstuhlfahren, Einradfahren, Handbiken sowie Skate-, Wave- und Longboarden statt. Er endete mit einer Siegerehrung der in den sieben Kategorien drei schnellsten Läufer bzw. Läuferinnen und der drei schnellsten Laufteams sowie einer „Run-Party“ auf dem Veranstaltungsgelände. Der Firmenlauf stand unter der Schirmherrschaft des SC T Forst e.V. und wurde komplett von der SC TF Veranstaltungs-(gemeinnützige) GmbH (im Folgenden: SC TF Veranstaltungs-gGmbH) organisiert und von zahlreichen Unternehmen finanziell bzw. materiell unterstützt (Sponsoring). Ab 17:00 gab es auf dem Veranstaltungsgelände ein Bühnenprogramm. Des Weiteren waren diverse Cateringstände aufgebaut. Für die aktiv Teilnehmenden waren eine Kleiderabgabe wie auch eine Zielverpflegung sowie ein Verpflegungspunkt auf der Strecke bereitgestellt. Zudem gab es einen Firmenstandbereich mit Informationen rund um die Themen Sportartikel, Training und Sportmedizin. Dort konnten sich auch Firmen mit eigenen Ständen, die vorher angemeldet werden mussten, zu Werbemaßnahmen präsentieren und diese auch als Treffpunkt für ihre Mitarbeitenden vor und nach dem Lauf zum geselligen Beisammensein nutzen.

Am 22. Mai 2019 nahm die Klägerin das erste Mal am Firmenlauf teil. Nach dem Start kam sie beim Skaten auf nassem Untergrund ins Rutschen und stürzte, wobei sie sich d...

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