Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Vergütung von Leistungen einer Beleghebamme während stationärer Behandlung der Versicherten

 

Orientierungssatz

1. Dem Vergütungsanspruch einer Beleghebamme steht nicht entgegen, dass die Hebammenhilfe im Rahmen von stationären Behandlungen der betreffenden Versicherten erbracht wurde. Bei diesen Leistungen handelt es sich nicht um allgemeine Krankenhausleistungen iS des § 2 KHEntgG.

2. Beleghebammen können angesichts der Spezialvorschrift in § 2 Abs 1 S 2 KHEntgG nicht als Dritte iS von § 2 Abs 2 S 2 Nr 2 KHEntgG angesehen werden.

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 30. September 2009 aufgehoben.

Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin 115,50 € zzgl. Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16. Dezember 2006 zu zahlen.

Die Beklagte trägt die Kosten des gesamten Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über einen von der Klägerin geltend gemachten Vergütungsanspruch für Hebammenleistungen.

Die Klägerin übt freiberuflich eine selbstständige Tätigkeit als Hebamme aus. Sie ist seit Mai 1997 gemeinsam mit mehreren anderen Hebammen in der gynäkologisch/geburtshilflichen Abteilung (Belegabteilung) des von der Beigeladenen betriebenen Hospitals C. tätig. Ein schriftlicher Vertrag hinsichtlich der Tätigkeit der Klägerin als sogenannte Beleghebamme wurde mit dem Krankenhaus erstmals im August 2008 geschlossen, laut § 1 des Vertrages "in Fortsetzung des bisherigen Vertragsverhältnisses". Gemäß § 2 des Vertrages soll die Klägerin als freiberufliche Beleghebamme für die nichtärztliche geburtshilfliche Betreuung von Schwangeren, Gebärenden, Wöchnerinnen und Neugeborenen im Krankenhaus im Rahmen des Hebammengesetzes und der Dienstordnung/Berufsordnung in eigener Verantwortung tätig sein. Sie trete mit der jeweiligen Patientin in eine eigene vertragliche Beziehung und stehe zum Krankenhausträger weder in einem Anstellungsverhältnis noch in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis.

Mit Rechnung vom 20. November 2006 stellte die Klägerin der Beklagten nach der Hebammenhilfe-Gebührenverordnung (HebGV) einen Betrag in Höhe von 59,40 € für Leistungen der Mutterschaftsvorsorge (Hilfen bei Beschwerden, CTG-Überwachung sowie Wegegeld) in Rechnung. Die Leistungen wurden am 14. Februar 2006 gegenüber einer bei der Beklagten Versicherten D. während eines vorgeburtlichen vollstationären Krankenhausaufenthaltes im C. in der Zeit vom 11. bis 14. Februar 2006 erbracht. Unter dem 20. November 2006 stellte die Klägerin der Beklagten für entsprechende Leistungen der Mutterschaftsvorsorge am 23. Januar 2006 gegenüber der Versicherten E. einen Betrag in Höhe von 193,90 € in Rechnung. Auch hierbei wurden Leistungen im Rahmen eines vorgeburtlichen vollstationären Krankenhausaufenthaltes im C. erbracht. Auf die zuerst genannte Rechnung zahlte die Beklagte nicht und auf die weitere Rechnung lediglich einen Teilbetrag in Höhe von 137,80 €. Sie wandte gegenüber der Klägerin ein, dass mit der Übernahme der Krankenhauskosten sämtliche medizinisch notwendigen Kosten - auch die einer Hebamme - abgedeckt seien.

Am 20. Januar 2007 hat die Klägerin Klage vor dem Sozialgericht in Kassel erhoben, mit der sie gegenüber der Beklagten die Zahlung von 115,50 € zzgl. Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16. Dezember 2006 geltend macht. Die Beklagte übersehe, dass nach § 2 Abs. 1 Satz 2 des Krankenhausentgeltgesetzes (KHEntgG) in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Satz 2 der Bundespflegesatzverordnung (BPflV) mit der Zahlung der Pflegesätze die Leistungen der Belegärzte und Beleghebammen gerade nicht abgegolten seien. Für diese sehe der Gesetzgeber eine gesonderte Vergütung vor, wie das Bundessozialgericht mit Urteil vom 24. Februar 1971 (3 RK 35/68) entsprechend entschieden habe. Die Klägerin habe die Leistungen nicht als angestellte Hebamme, sondern als freiberuflich tätige Hebamme erbracht. Denn sie entscheide selbst, ob und wann sie tätig sein wolle, wobei sie weder verpflichtet sei, eine bestimmte Stundenzahl an Arbeitsleistung zu erbringen, noch ein Gehalt erhalte. Sie bestimme auch, ob, wie lange und wann sie Urlaub nehme und rechne ihre Leistungen unmittelbar mit den Krankenkassen bzw. mit den selbstzahlenden Patientinnen ab. Dies sei mit dem Status einer angestellten Hebamme nicht zu vereinbaren. Die Klägerin sei auch unstreitig nicht wie eine angestellte Hebamme tätig geworden, was sich bereits aus den Vertragsbeziehungen mit dem Krankenhaus herleite. Wenn das Krankenhaus die Leistung nach einem falschen DRG-Schlüssel abrechne, berühre dies den vorliegenden Abrechnungsstreit nicht. Der Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte sei vielmehr von den Abrechnungen des Krankenhauses unabhängig. Dieses könne bei Inanspruchnahme von Beleghebammen deren Leistungen nicht abrechnen.

Die Beklagte hat hingegen ausgeführt, ein Krank...

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