Leitsatz

Aufwendungen des Vaters in Erfüllung des gesetzlichen Unterhaltsanspruchs der nicht mit ihm verheirateten Mutter seines Kindes aus Anlass der Geburt können als außergewöhnliche Belastung nach § 33a Abs. 1 EStG berücksichtigt werden, sofern für die Mutter des Kindes kein Anspruch auf einen Kinderfreibetrag oder auf Kindergeld besteht.

 

Sachverhalt

A und seine (volljährige) Lebensgefährtin (L) haben ein im Oktober 1993 geborenes Kind. L, die im Streitjahr 1996 noch studierte, wurde von ihrem Vater (V) mit monatlich 665 DM unterhalten. Er erhielt für sie einen Kinderfreibetrag. Wegen der Betreuung des Kindes und der Berufstätigkeit von A konnte L neben ihrem Studium ihren Lebensunterhalt nicht selbständig bestreiten. L hätte Sozialhilfe von 996 DM monatlich zugestanden, wäre der Anspruch nicht wegen des Einkommens des A gekürzt worden. A bezahlte die Miete für die gemeinsame Wohnung und machte die Hälfte seiner Mietzahlungen unter Hinweis auf seine Unterhaltsverpflichtung gegenüber L als außergewöhnliche Belastung geltend.

 

Entscheidung

Eine mit dem Vater ihres Kindes nicht verheiratete Mutter erwirbt aus Anlass der Geburt ihres Kindes einen Unterhaltsanspruch gegen den Kindsvater bis zu drei Jahren nach der Entbindung. Diese Unterhaltsverpflichtung des Kindsvaters geht der Verpflichtung der Eltern der Kindsmutter vor[2]. Die gesetzliche Unterhaltspflicht der Eltern gegenüber ihrer Tochter tritt dementsprechend zurück, sofern der Kindsvater als vorrangig Verpflichteter leistungsfähig ist. Folglich steht den Eltern kein Kinderfreibetrag bzw. Kindergeld mehr zu. Denn ein Anspruch auf Kinderfreibetrag bzw. Kindergeld setzt eine "typische Unterhaltssituation" der Eltern voraus. Daran fehlt es, wenn vorrangig eine andere Person gegenüber dem Kind unterhaltsverpflichtet ist. Ist der Kindsvater leistungsfähig und haben die Eltern wegen dessen vorrangiger Verpflichtung keinen Anspruch auf Kinderfreibetrag bzw. Kindergeld, kann der Kindsvater seine Unterhaltsleistungen nach § 33a Abs. 1 EStG abziehen, da die Ausschlussregelung des § 33a Abs. 1 Satz 3 EStG nicht eingreift.

Die Sache wurde zur weiteren Aufklärung an das FG zurückverwiesen. Die gesetzliche Unterhaltpflicht des A gegenüber L hängt davon ab, ob A auch unter Berücksichtigung der Verpflichtung gegenüber dem gemeinsamen Kind über entsprechende Mittel verfügte und ob für L eine Erwerbstätigkeit unzumutbar war. Bei entsprechender Leistungsverpflichtung des A stand V kein Kinderfreibetrag bzw. Kindergeld zu, sodass A die Unterhaltsleistungen geltend machen kann. Dass bei V – zu Unrecht – ein Kinderfreibetrag berücksichtigt wurde, steht dem nicht entgegen, da die Ausschlussregelung auf den Anspruch, nicht auf die Gewährung des Kinderfreibetrags abstellt. Die Veranlagung des V ist gegebenenfalls zu ändern. Ist A nicht in vollem Umfang leistungsfähig, sind die Eltern der L weiterhin verpflichtet, sodass L bei ihnen durch den Kinderfreibetrag zu berücksichtigen ist. In diesem Fall käme für A ein Abzug des Unterhalts wegen der Ausschlussregelung nicht in Betracht.

 

Praxishinweis

Nach der Rechtsprechung[3] erlischt der Kindergeldanspruch für ein volljähriges Kind grundsätzlich ab dessen Eheschließung, da der Kinderleistungsausgleich eine typische Unterhaltssituation der Eltern voraussetzt. Eine solche besteht nicht mehr, wenn das Kind heiratet. Denn dann ist der Ehegatte des Kindes vorrangig zum Unterhalt verpflichtet[4]. Anders ist es nur dann, wenn – z.B. in einer "Studentenehe" – das Einkommen des Ehegatten so gering ist, dass der Ehegatte nicht zum vollen Unterhalt des Kindes in der Lage ist und die Eltern deshalb weiterhin – wenn auch nur teilweise – für das Kind aufkommen müssen. Ebenso entfällt die typische Unterhaltssituation der Eltern gegenüber ihrer Tochter, wenn sie aus Anlass der Geburt eines nichtehelichen Kindes gegenüber dem Kindsvater einen vorrangigen Unterhaltsanspruch erwirbt.

 

Link zur Entscheidung

BFH-Urteil vom 19.5.2004, III R 30/02

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