Die Aussperrung ist die von einem oder mehreren Arbeitgebern im Arbeitskampf planmäßig erfolgte Arbeitsausschließung mehrerer Arbeitnehmer unter Verweigerung der Lohnzahlung. Durch die allein zulässige suspendierende Aussperrung wird der Bestand des Arbeitsverhältnisses grundsätzlich ebenso wenig berührt wie beim Streik. Es ruhen vielmehr nur die beiderseitigen Hauptpflichten. Man unterscheidet zwischen der Angriffs- und der Abwehraussperrung. Das Bundesarbeitsgericht hat die Abwehraussperrung – also die Reaktion auf eine Maßnahme der Gegenseite – in den sogenannten Aussperrungsurteilen für grundsätzlich zulässig erklärt, um ein Verhandlungsübergewicht der Gewerkschaften zu verhindern.[1] Die Zulässigkeit der Aussperrung wird überwiegend mit dem Rechtsgedanken der Kampfparität zwischen den Tarifvertragsparteien begründet. I. Ü. unterliegt die Abwehraussperrung den selben Zulässigkeitsvoraussetzungen wie der Streik. Insbesondere der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz spielt eine wichtige Rolle. Das BAG hat in den o. g. Entscheidungen dementsprechend Grund, Beginn, Durchführung und Beendigung der Aussperrung erheblichen Beschränkungen unterworfen. Abwehraussperrungen sollen danach nur zulässig sein, wenn durch eine besondere Streiktaktik der Gewerkschaft das Kampfgleichgewicht einseitig zugunsten der Arbeitnehmer verschoben wird. Auch der zulässige Umfang von Abwehraussperrungen ist stets nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beurteilen. Maßgebend hierfür ist der Umfang des jeweiligen Streiks. Je enger der Streik innerhalb eines Tarifgebiets begrenzt ist, desto stärker ist das Bedürfnis der Arbeitgeber, den Arbeitskampf auf weitere Betriebe des Tarifgebiets auszudehnen, um die notwendige Solidarität der Verbandsmitglieder wieder herzustellen. Diese Grundsätze hat das BAG dahingehend präzisiert, dass die Abwehraussperrung gegen einen Streik, der weniger als 25 % der Arbeitnehmer des Tarifgebiets erfasst, auf weitere 25 % ausgedehnt werden kann. Wenn mehr als 25 % der Arbeitnehmer eines Tarifgebiets die Arbeit niedergelegt haben, sollen die Arbeitgeber durch die Abwehraussperrung die Kampfbetroffenheit bis zur Höchstgrenze von 50 % der Arbeitnehmer des betreffenden Tarifgebiets erweitern dürfen. Besonders im Hinblick auf kurzzeitige Streiks hat das BAG[2] auch zeitliche Grenzen für die Aussperrung gesetzt: In dem zu entscheidenden Fall hat es eine Aussperrung von 2 Tagen gegenüber einem halbstündigen Streik als unverhältnismäßig angesehen.

Inwieweit der Arbeitgeber auch eine Angriffsaussperrung erklären kann, hat das BAG nicht entschieden. Aus dem Gedanken der Koalitionsbetätigungsfreiheit und der materiellen Arbeitskampfparität kann die Angriffsaussperrung jedoch nicht von vornherein ausgeschlossen werden; allerdings ist ihr Einsatz praktisch kaum denkbar.

Die Kompetenz zum Aussperrungsaufruf liegt beim Arbeitgeberverband, soweit es um den Abschluss eines Verbandstarifvertrags geht; es bedarf insoweit eines Verbandsbeschlusses.[3] Wird um einen Firmentarifvertrag gekämpft, liegt die Aussperrungsentscheidung allein beim einzelnen Arbeitgeber.[4] Handelt es sich um einen Verbandstarifvertrag, der in Außenseiterbetrieben angewandt wird, kann sich der Außenseiter dem Aussperrungsbeschluss des Verbands zulässigerweise anschließen.[5]

Die Aussperrung hat sich gegen alle Arbeitnehmer zu richten, eine Beschränkung auf Gewerkschaftsmitglieder ist unzulässig. Zulässig ist die Aussperrung von Betriebsratsmitgliedern.[6] Diese verlieren auch dann den Vergütungsanspruch, wenn sie während der Aussperrung Betriebsratsaufgaben wahrnehmen. Dasselbe gilt für die Aussperrung von erkrankten, schwerbehinderten oder Arbeitnehmern im Mutterschutz.[7]

Die Aussperrung beginnt mit der eindeutigen Erklärung des Arbeitgebers gegenüber den betroffenen Arbeitnehmern oder der streikführenden Gewerkschaft; sie bedarf allerdings keiner besonderen Form.[8]

Je nach Dauer und Entwicklung des Arbeitskampfs kann es zulässig sein, zur lösenden Aussperrung überzugehen. Im Fall der lösenden Aussperrung wird das Arbeitsverhältnis vollständig beendet, sodass weder Haupt- noch Nebenpflichten bestehen. Derartige Ausnahmefälle könnten z. B. bei wildem Streik (also dem spontanen, nicht von den Verbänden organisierten Streik), längerem Arbeitskampf oder Rationalisierung vorliegen.[9] Unzulässig ist in jedem Fall die lösende Aussperrung von sozial besonders geschützten Personen (Schwangere, Schwerbehinderte usw.) und von Mitgliedern der Arbeitnehmervertretung.

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