Dipl.-Päd. Melanie Hiller, Prof. Dr. Christopher Stehr
Zusammenfassung
Im Zuge des New Public Management (NPM) halten zunehmend Managementmethoden der Privatwirtschaft Einzug in öffentliche Verwaltungen. Eine der zentralen Neuerungen des NPM ist dabei die Einführung von Elementen des operativen und strategischen Controllings.
Aufgrund der spezifischen Voraussetzungen öffentlicher Verwaltungen eignen sich allerdings nicht alle privatwirtschaftlich genutzten Controllinginstrumente gleichermaßen für die Anwendung in der Verwaltung. Der Artikel stellt daher auf Basis einer Retrospektive von Controlling und strategischen Controllinginstrumenten in öffentlichen Verwaltungen ihre spezifischen Unterschiede zur Privatwirtschaft dar, auf Basis derer ausgesuchte Elemente und ausgewählte Instrumente des strategischen Controllings Anwendung finden können.
1 Rahmenbedingungen in der öffentlichen Verwaltung
1.1 Abgrenzung zur Privatwirtschaft
Die öffentliche Verwaltung hat im Unterschied zu privatwirtschaftlichen Unternehmen differenziertere Rahmenbedingungen, allen voran ein staatliches Monopol zur Erbringung von verwaltungsspezifischen Dienstleistungen ohne weitere Wettbewerber am Markt. Zum einen erbringt die öffentliche Verwaltung als Monopol eine Grundversorgung der Bevölkerung mit verschiedenen, heterogenen Angeboten. Zum anderen ist sie darüber hinaus nicht auf das Erwirtschaften von Gewinnen ausgerichtet.
Das Informationsmanagement innerhalb der öffentlichen Verwaltungen war bisher meist via Verwaltungskameralistik in der Buchführung organisiert, welche keine Informationen über Erfolgsgrößen wie Wirtschaftlichkeit, Kosten und Leistungen enthält.
Deshalb ist es schwer, mit zunehmender Annäherung an Managementmethoden der Privatwirtschaft die Zielgrößen der öffentlichen Verwaltung zu operationalisieren, denn es existieren hierfür nur wenige aussagekräftige Kennzahlensysteme. In Bereichen, in denen finanziell messbare Größen bestehen, fehlen die oft wirksamen Erfolgsmaßstäbe einer Unternehmung.
Eine weitere wichtige Abgrenzung muss darin gemacht werden, dass das Handeln der Verwaltungsführung durch Vorschriften geregelt und durch politische Akteure weit mehr beeinflusst wird, als dies in der Privatwirtschaft der Fall ist. So werden z.B. die Ziele der öffentlichen Verwaltung nicht zwangsläufig von der Verwaltungsführung bestimmt, sondern extern, z.B. durch Länder, Bund, Gesetzgebung oder Europäische Union (EU), vorgegeben. Gerade in föderalen Strukturen wie innerhalb der Bundesrepublik Deutschland fordert dies den Bund und die Länder, aber auch Kreise und Gemeinden besonders stark: Da die Strukturen der Akteure gewachsene, nicht einheitliche Ausprägungen aufweisen, können Veränderungen nicht auf Basis allgemein gültiger Patentrezepte angestrebt werden, sondern müssen individuell für jeden Akteur adaptiert werden. An diesem Punkt setzt das strategische Controlling wirkungsvoll an.
1.2 Kontext des Reformbedarfs
Die Reform ihrer Strukturen beschäftigt die öffentliche Verwaltung zunehmend. Notwendig werden diese Reformen durch
- den zunehmenden Zwang zur Rechtfertigung der Haushaltsmittel und
- die Haushaltsfehlbeträge und damit verbundene Einsparungen und Kürzungen der Mittelbudgets.
Mit bisherigen Steuerungsinstrumenten wie Berichtswesen und Budgetierung wurde die Leistungserbringung für öffentliche Verwaltungen zunehmend komplexer. Dies führte in der Folge zur Einführung weiterer operativer Controllinginstrumente wie der doppelten Buchführung und der Kosten- und Leistungsrechnung.
Dies deckt jedoch noch nicht die steigenden Anforderungen durch externe Anspruchsgruppen und den dadurch bedingten weiteren Reformbedarf: Zum Beispiel haben Kunden der Verwaltung (Bürger und Unternehmen) nach Art. 41 der Grundrechtecharta der Europäischen Union (Europäische Union vom 18.12.2000) ein Recht auf gute Verwaltung. Dieses beinhaltet u.a. unparteiische, gerechte und fristgerechte Leistungserbringung unter Berücksichtigung des Datenschutzes, des individuellen Informationsanspruchs und des Anspruchs auf Entscheidungsbegründung sowie des Rechts auf Anhörung. Daraus begründen sich für die öffentliche Verwaltung starke externe Einflussfaktoren durch andere Stellen. Als Beispiel kann die durch die Europäische Union initiierte EU-Dienstleistungsrichtlinie zugunsten einer serviceorientierteren Leistungserbringung genannt werden, die die Prozesse der Gewerbeanmeldungsverfahren in Deutschland grundlegend verändert. Aber auch von Bundes- und Länderseiten ergeben sich Veränderungen der Leistungserbringung bis auf dezentrale Ebenen wie Gemeinden.
Ein Hemmnis für Reformen stellt dabei die strenge Zuständigkeitstrennung der Referate einer öffentlichen Verwaltung dar. Anders als in hierarchischen Strukturen von Privatunternehmen verbleibt die letztliche Fachverantwortung innerhalb der zuständigen Referate. Dies erschwert Reformbemühungen und die Einführung von strategischen Controllinginstrumenten innerhalb öffentlicher Verwaltungen zusätzlich.