Kurzüberblick

Normalerweise kann ein Unternehmer Abschreibungen für ein Wirtschaftsgut nur gewinnmindernd einsetzen, wenn er es auch tatsächlich gekauft oder hergestellt hat. Von diesem Prinzip weicht der Gesetzgeber beim Investitionsabzugsbetrag nach § 7g Abs. 1 bis 4 EStG ab.

Dieser gibt kleinen und mittleren Unternehmen die Möglichkeit, bereits 3 Jahre vor einer geplanten Investition einen außerbilanziellen gewinnmindernden Abzug i. H. v. 40 % der voraussichtlichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten der begünstigten Investitionsvorhaben der kommenden 3 Jahre, höchstens bis zu 200.000 EUR je Betrieb, geltend zu machen. Der Investitionsabzugsbetrag ist eine vorgezogene Abschreibung. Mithilfe des Investitionsabzugsbetrags lässt sich die Steuerbelastung senken, ohne Geld ausgeben zu müssen.

Versprechen, später zu investieren

Mit dem Investitionsabzugsbetrag gibt der Steuerpflichtige dem Fiskus das Versprechen, später zu investieren. Kommt es bis zum Ende des 3. auf die Bildung des Investitionsabzugsbetrags folgenden Wirtschaftsjahrs nicht zur geplanten Investition, ist der Investitionsbetrag rückwirkend nach § 7g Abs. 3 Satz 1 EStG aufzulösen. Der Steuerbescheid, in dem der Abzugsbetrag gewinnmindernd erfasst wurde, wird nach § 7g Abs. 3 Satz 2 EStG nachträglich geändert und die festgesetzte Steuer nachträglich erhöht. Das gilt selbst dann, wenn der Steuerbescheid bereits bestandskräftig geworden ist.

Zinsen bei Auflösung

Zeichnet sich die Nicht-Investition bereits vor Ablauf der 3-Jahres-Frist ab, kann der Investitionsabzugsbetrag auf Antrag freiwillig zu einem beliebigen früheren Bilanzstichtag rückgängig gemacht werden (BMF, Schreiben v. 8.5.2009, BStBl 2009 I S. 633, Rn. 62). Beantragt ein Unternehmer die Auflösung des Abzugsbetrags und erlässt das Finanzamt den geänderten Steuerbescheid innerhalb von 15 Monaten nach Ablauf des Jahrs der Bildung des Investitionsabzugsbetrags, kommt es zu keiner Verzinsung der Steuernachzahlung. Grund: Der Zinslauf beginnt erst 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuer entstanden ist (§ 233a Abs. 2 Satz 1 AO). Wird der Investitionsabzugsbetrag dagegen nicht innerhalb von 15 Monaten nach Ablauf des Jahrs der Bildung vom Finanzamt rückgängig gemacht, stellt sich das Problem der Verzinsung. Durch die rückwirkende gewinnerhöhende Auflösung des Investitionsabzugsbetrags erhöht sich das zu versteuernde Einkommen. Dies führt i. d. R. zu einer Steuererhöhung, die so hoch ist wie die frühere Steuerersparnis. Im Fall der Verzinsung einer Steuernachforderung beträgt der Zinssatz 0,5 % pro Monat.

Die praxisrelevante Frage, ob bei der Auflösung eines Investitionsabzugsbetrags wegen unterbliebener Investition nach Ablauf der Karenzzeit die Vollverzinsung nach § 233a AO greift, ist in der Literatur sehr umstritten. Finanzverwaltung und Gesetzesbegründung gehen davon aus, dass die Steuernachforderung des Abzugsjahrs nach § 233a Abs. 1 i. V. m. Abs. 3 AO zu verzinsen ist, wenn die Auflösung des Investitionsabzugsbetrags durch das Finanzamt später als 15 Monate nach Ablauf des Jahrs der Bildung des Abzugsbetrags erfolgt. Nach verwaltungsseitiger Auffassung kommt § 233a Abs. 2a AO nicht zur Anwendung, weil in den Fällen des § 7g Abs. 3 EStG die Änderung der Steuerfestsetzung nicht auf der Berücksichtigung eines rückwirkenden Ereignisses beruht, sondern eben auf der vom Gesetzgeber geschaffenen eigenständigen Korrekturnorm § 238 Abs. 1 Satz 1 AO. Danach beruht in den Fällen des § 7g Abs. 3 EStG die Änderung der Steuerfestsetzung nicht auf der Berücksichtigung eines rückwirkenden Ereignisses.

BFH entscheidet zugunsten der Steuerzahler

Der BFH sieht die Sache jedoch anders (Urteil vom 11.07.2013 - IV R 9/12). Er hat entschieden, dass die Aufgabe der Investitionsabsicht nach Erlass des Steuerbescheids, in dem ein Investitionsabzugsbetrag berücksichtigt wurde, ein rückwirkendes Ereignis i. S. d. § 233a Absatz 2a AO darstellt. Die Nicht-Investition ist danach in materiell-rechtlicher Hinsicht ein rückwirkendes Ereignis i. S. d. Rechtsprechung des BFH, da sie die Rückgängigmachung des Abzugs des Investitionsabzugsbetrags im Ausgangsjahr auslöse und erst nach Erlass des ursprünglichen Einkommensteuerbescheids eingetreten sei.

Der Gesetzgeber hat auf die Problematik reagiert. Durch das Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz hat er dem § 7g Abs. 3 EStG folgenden Satz angefügt: "§ 233a Absatz 2a der Abgabenordnung ist nicht anzuwenden." Die Neuregelung ist nach § 52 Abs. 1 Satz 1 EStG erstmals für den Veranlagungszeitraum 2013, gemeint ist damit wohl für ab 2013 beanspruchte Investitionsabzugsbeträge, anzuwenden. In "Altfällen" sollte eine Verzinsung im Hinblick auf die steuerzahlerfreundliche Entscheidung des BFH nicht akzeptiert werden.

Schlagworte zum Thema:  Investitionsabzugsbetrag, Einkommensteuer