Abgabe eines verschreibungspflichtigen Medikaments ohne Rezept

Nur wenn eine akute Gesundheitsgefährdung des Patienten besteht und der Apotheker über die Verschreibung von dem behandelnden Arzt telefonisch unterrichtet wird, ist er berechtigt, ein verschreibungspflichtiges Medikament auch ohne Vorlage eines ärztlichen Rezepts herauszugeben. Alles andere ist ein Wettbewerbsverstoss.

In dem vom BGH zu entscheidenden Fall hatte eine Apothekerin einer Patientin ein verschreibungspflichtiges blutdrucksenkendes Medikament ohne ärztliche Verordnung ausgehändigt. Sie berief sich darauf auf eine telefonische Auskunft einer ihr bekannten Ärztin, nach welcher sie das Medikament habe herausgeben dürfen. 

Konkurrent mahnte Apothekerin ab

Ein konkurrierender Pharmazeut sah in der Abgabe einen Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht und verklagte die Apothekerin auf Unterlassung, Auskunft, Feststellung der Schadenersatzpflicht und Erstattung der Abmahnkosten (Abmahnverfahren).

OLG Stuttgart: nur einmaliger Gesetzesverstoß

Das OLG Stuttgart hatte die Klage abgewiesen, da zwar ein wettbewerbsrechtlicher Verstoß vorliege, dieser jedoch aufgrund des geringen Verschuldens nicht abmahngeeignet sei, da er Verbraucherinteressen nicht spürbar zu beeinträchtige.

BGH war strenger

Auf die Revision des Klägers hatte der BGH das erstinstanzliche Urteil des LG, nach welchem der Klage bis auf einen Teil der Abmahnkosten stattgegeben wurde, wiederhergestellt. 

Schutz der Gesundheit – Verbraucherinteressen stets beeinträchtigt

Die Verschreibungspflicht gem. § 48 Abs. 1 Arzneimittelgesetz (AMG) diene dem Schutz vor Fehlmedikationen und damit gesundheitlichen Zwecken, so das Gericht. Des Weiteren führte es aus, dass durch Verstöße gegen das Marktverhalten regelnde Vorschriften, welche dem Gesundheitsschutz der Bevölkerung dienen, die Interessen der Verbraucher stets spürbar beeinträchtigt werden.

Keine akute Gesundheitsgefährdung – Ärztlicher Notdienst hätte aufgesucht werden könne

Auch lag keine akute Gesundheitsgefährdung gem. § 4 Arzneimittelverschreibungversordnung (AMVV) vor, da die Patientin lediglich zu einer Urlaubsreise aufbrechen wollte. In dringenden Fällen kann der verschreibende Arzt den Apotheker telefonisch über die Verschreibung und deren Inhalt unterrichten.

An der erforderlichen Therapieentscheidung fehle es jedoch, wenn der Apotheker einen Arzt zu einer Verschreibung für einen ihn unbekannten Patienten bewegt, urteilte der für das Wettbewerbsrecht zuständige I. Zivilsenat

(BGH, Urteil v. 8.01.2015, I ZR 123/13)

Schlagworte zum Thema:  UWG