Entscheidungsstichwort (Thema)
Pannenhilfe
Leitsatz (amtlich)
Zur Abrechnung von Abschleppleistungen über Schutzbriefversicherungen, wenn der Versicherungsnehmer auch ADAC-Mitglied ist und sich im Pannenfall an den ADAC gewandt hat.
Normenkette
UWG § 8 Abs. 3 Nr. 1, § 2 Abs. 1 Nr. 3; BGB § 812 Abs. 1 S. 1 823 Abs. 1, § 823 Abs. 2, § 1004; StGB § 263
Verfahrensgang
LG München II (Urteil vom 15.09.2016; Aktenzeichen 8 O 4244/15) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des LG München II vom 15.09.2016 teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt gefasst:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 6.967,70 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 6.284,76 EUR seit 08.04.2015, aus 373,46 EUR seit 01.03.2016 und aus weiteren 309,48 EUR seit 19.04.2016 zu zahlen.
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
3. Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz haben die Klägerin 7/8 und die Beklagte 1/8 zu tragen.
II. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
III. Von den Kosten des Berufungsverfahrens haben die Klägerin 7/8 und die Beklagte 1/8 zu tragen.
IV. Dieses Urteil und das Urteil des LG sind vorläufig vollstreckbar. Beide Parteien können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 115 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.
Gründe
I. Die Klägerin macht gegen die Beklagte im Zusammenhang mit der Erstattung von Abschleppkosten Unterlassungs- und bereicherungsrechtliche Ansprüche geltend.
Die Klägerin bietet als Versicherungsunternehmen unter anderem Kfz-Schutzbriefversicherungen an, bei denen sie den Versicherungsnehmern u.a. die Kosten für Pannenhilfe- oder Abschleppmaßnahmen ganz oder teilweise ersetzt.
Die Beklagte betreibt ein Autohaus. Sie ist auch ein Vertragsunternehmen des ADAC und führt u.a. in dessen Auftrag Straßendienste (Pannenhilfe- und Abschleppleistungen) aus.
Die Beklagte hat bei der Klägerin Rechnungen über Pannenhilfe- und Abschleppleistungen für etliche Versicherungsnehmer der Klägerin, die eine Panne mit ihrem PKW erlitten hatten, jeweils zusammen mit einem Abtretungsvertrag eingereicht. Die Versicherungsnehmer der Klägerin waren gleichzeitig Mitglied im ADAC. Die Klägerin hat die Rechnungen weitgehend beglichen. Die Versicherungsnehmer bzw. die Fahrer hatten nach ihren Pannen zunächst beim ADAC angerufen. Der ADAC informierte die Beklagte, die sich daraufhin zum jeweiligen Havaristen begab.
Bei Einreichung der Rechnungen hat die Beklagte die Klägerin nicht darauf hingewiesen, dass der jeweilige Versicherungsnehmer bzw. Havarist zunächst den ADAC angerufen hatte.
Ziffer A. 3.11 der Versicherungsbedingungen der Klägerin (AKB) lautet wie folgt:
Verpflichtung Dritter:
1. Soweit im Schadenfall ein Dritter Ihnen gegenüber aufgrund eines Vertrags oder einer Mitgliedschaft in einem Verband oder Verein zur Leistung oder zur Hilfe verpflichtet ist, gehen diese Ansprüche unseren Leistungsverpflichtungen vor.
2. Wenden Sie sich nach einem Schadenereignis allerdings zuerst an uns, werden wir Ihnen gegenüber abweichend von A. 3.11.1. in Vorleistung treten.
Die Clubbedingungen des ADAC enthalten u.a. folgende Klauseln:
5. Was hat das ADAC Mitglied im Schadensfall zu beachten?
a) Das ADAC Mitglied hat persönlich Anspruch auf ADAC Hilfeleistungen.
...
b)...
c)...
d) Die Clubleistung ist nicht kostenfrei, wenn gleiche Leistungen auf Grund derselben Ursache mehrmals erbracht oder Schäden grob fahrlässig oder vorsätzlich herbeigeführt werden oder ein Erstattungsanspruch gegen Dritte besteht. Als Dritte gelten nicht die ADAC-Schutzbrief Versicherung-AG, die ADAC-Rechtsschutz Versicherungs-AG und die ADAC Autoversicherung AG.
Die Klägerin hat die Beklagte mit Schreiben vom 20.03.2015 (Anlage K 16) aufgefordert, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben, mit der sie sich verpflichtet, es zukünftig zu unterlassen, sich von Versicherungsnehmern der Klägerin, denen sie aufgrund eines Auftrags eines Dritten Pannen- oder Unfallhilfe leistet, deren vermeintliche Erstattungsansprüche gegenüber der Klägerin abtreten zu lassen und ihre Leistung gegenüber der Klägerin abzurechnen. Des Weiteren forderte die Klägerin die Beklagte in dem Schreiben auf, die ihr bislang zu Unrecht gezahlten Kosten zu erstatten und Auskunft über weitere Vorgänge zu erteilen. Die Beklagte hat die Abgabe der Unterlassungserklärung und die Zahlung verweigert.
Die Klägerin behauptet, ihre Versicherungsnehmer hätten der Beklagten keinen Abschleppauftrag erteilt. Alle Personen hätten aufgrund ihrer Mitgliedschaft beim ADAC diesen gerufen und ihn um die aufgrund der Mitgliedschaft geschuldete Pannenhilfe gebeten. Es sei lebensfremd anzunehmen, dass der Fahrzeugführer eine vertragliche Vereinbarung mit dem Abschleppunternehmen eingehen wolle. Dem Fahrzeugführer fehle jegliches diesbezügliches Erklärungsbewusstsein.
Die Beklagte werde im Auftrag des ADAC tätig. Der ADAC...