Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Unfallversicherung. Beitragshaftung gem § 150 Abs 3 Alt 2 SGB 7. Handlungsform. Verwaltungsakt. Gesamtunternehmer im Baugewerbe. Bürgenhaftung. Exkulpation. Verweisungsvorschrift. Auswahl des Nachunternehmers. Überprüfung der Kalkulation. Einholung einer Unbedenklichkeitsbescheinigung des Sozialversicherungsträgers. Freistellungsbescheinigung des Finanzamtes
Leitsatz (amtlich)
Für eine Exkulpation nach § 28e Abs 3b SGB 4 ist in der Regel erforderlich, dass der in Anspruch genommene Unternehmer die Kalkulation des Nachunternehmers geprüft und eine Unbedenklichkeitsbescheinigung des Sozialversicherungsträgers eingeholt hat. Eine Freistellungsbescheinigung nach § 48b EStG genügt nicht.
Tenor
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 08.07.2010 wird zurückgewiesen.
II. Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich gegen die Inanspruchnahme als Auftraggeber für ausstehende Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung eines von ihr beauftragten Subunternehmens.
Die Klägerin erbringt als Unternehmen Bauleistungen.
Die Klägerin beauftragte von 2003 bis 2005 die inzwischen insolvente Firma Sch… Malermeister GmbH B… mit der Erbringung von Bauleistungen als Subunternehmer für die Bauvorhaben Sanierung Wohnhäuser K… L…./B… G/02, K… L…./T…., K…. 405/405a-…, T…. …, S…. …, L… … und G…./N…./R…. Das Bauvorhaben G…./N…./R… umfasste nach Ermittlungen der Beklagten eine Gesamtbausumme von 19.802815,79 EUR. Beim Bauvorhaben Sanierung Wohnhäuser K… L…./B… G/…, K… L…./T…. betrug nach Ermittlungen der Beklagten die Bausumme allein für das Wärmedämmverbundsystem 220.000 EUR.
Die Sch… Malermeister GmbH B… war der Bauberufsgenossenschaft H… als Rechtsvorgängerin der Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft (BG Bau) in der Zeit vom 05.10.2000 bis 18.02.2005 zugehörig. Über das Vermögen der Sch… Malermeister GmbH B… wurde mit Beschluss des Amtsgerichts Charlottenburg vom 16.06.2005 die Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels einer die Kosten des Verfahrens deckenden Masse abgelehnt. Das Beitragskonto der Sch… Malermeister GmbH bei der Beklagten wies zum Zeitpunkt der Abweisung des Insolvenzantrages einen Rückstand in Höhe von 52.782,12 € aus..
Am 10.07.2006 hörte die BG Bau Bezirksverwaltung H… die Klägerin zur beabsichtigten Inanspruchnahme aus Auftraggeberhaftung nach § 150 Abs. 3 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) i. V. m. § 28e Abs. 3a Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) an. Die Inanspruchnahme der Klägerin für die auf die in den Nettorechnungssummen von 288.762,33 € in 2003, 618487,52 € in 2004 und 302.980,92 € in 2005 enthaltenen anteiligen, rückständigen Beiträge der Sch… Malermeister GmbH gemäß § 150 Abs. 3 2. Halbsatz SGB VII erfolgte mit Bescheiden vom 05.09.2006 über 8.366,46 € für das Jahr 2003, 16.433,63 € für das Jahr 2004 und 8.186,27 € für das Jahr 2005, wobei die Beklagte 75% der Nettorechnungssummen als Lohnanteil der Berechnung zugrunde legte. Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der streitgegenständlichen Bescheide verwiesen.
Die hiergegen eingelegten Widersprüche der Klägerin wurde mit Widerspruchsbescheid vom 05.07.2007 als unbegründet zurückgewiesen.
Am 01.08.2007 erhob die Klägerin Klage zum Sozialgericht Leipzig (SG), mit welcher sie ihr Ziel der Aufhebung der Haftungsbescheide weiter verfolgt. Das SG hat die Klage mit Urteil vom 08.07.2010 abgewiesen.
Zur Begründung führt das SG aus, dass die Inanspruchnahme gemäß § 150 Abs. 3 SGB VII i.V.m. § 28e Abs. 3d SGB IV zu Recht erfolgte. Der Gesamtwert aller für das Bauwerk in Auftrag gegebenen Bauleistungen übersteige 500.000,00 €, sodass § 28e Abs. 3d SGB IV erfüllt und § 28e Abs. 3a SGB VII Anwendung finde. Nach dieser Vorschrift haftet ein Unternehmer des Baugewerbes, der einen anderen Unternehmer mit der Erbringung von Bauleistungen im Sinne von § 175 Abs. 2 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) beauftragt für die Erfüllung der Zahlungspflicht dieses Unternehmens wie ein selbstschuldnerischer Bürge. Diese Bürgenhaftung sei der Regelfall und könne nur unter den Voraussetzungen des § 28e Abs. 3b SGB IV ausgeschlossen werden und zwar der Unternehmer nachweise, dass er ohne eigenes Verschulden davon habe ausgehen können, dass der Nachunternehmer oder ein von ihm beauftragter Verleiher seine Zahlungspflicht erfülle. Hierfür trage der Unternehmer die objektive Beweislast. Eine solche Exkulpation sei der Klägerin nicht gelungen. Nicht ausreichend sei, dass das Angebot darauf überprüft werde, ob Sozialversicherungsbeiträge einkalkuliert seien. Ebenso wenig genüge es, wenn der Auftragnehmer vertraglich verpflichtet werde, Beiträge abzuführen. Vielmehr sei die Klägerin gehalten gewesen, bei der Beklagten eine Unbedenklichkeitsbescheinigung anzufordern. Die Unbedenklichkeitsbescheinigung der Finanzbehörden nach § 48 EStG gebe keine Auskunft über abgeführte Sozialversicherungsbeiträge.
Das Urteil wurde de...