Reform des Namensrechts

Am 12.4.2024 hat der Bundestag gemeinsam mit der Einführung des neuen Selbstbestimmungsgesetzes eine tiefgreifende Reform des Namens­rechts beschlossen. Die Namens­wahl für Ehe­paare, Geschie­dene, Kinder und nichtbinäre Personen soll erleich­tert und libe­ra­li­siert werden.

Die Namens­wahl soll künftig deut­lich freier und fle­xi­bler gestaltet werden. Im Fokus der Reform stehen die Ein­füh­rung echter Dop­pel­namen für Ehe­paare und Kinder, eine deut­liche Erleich­te­rung von Namens­än­de­rungen für Stief- und Schei­dungs­kinder sowie eine stär­kere Rück­sicht­nahme auf die Namens­tra­di­tionen natio­naler Min­der­heiten.

Ermög­li­chung echter Dop­pel­namen

Nach der geltenden Fassung des § 1355 BGB können Ehegatten entweder einen gemeinsamen Familiennamen oder ihre bisherigen Familiennamen führen. Bei einem gemeinsamen Familiennamen kann ein Ehepartner seinen bisherigen Namen als Begleitnamen hinzufügen. Die Reform sieht hier deutlich mehr Flexibilität vor. Statt sich für einen ihrer bisherigen Familiennamen entscheiden zu müssen, sollen Ehegatten künftig einen aus beiden Familiennamen zusam­men­ge­setzten Dop­pel­namen – mit oder ohne Bin­de­strich – als Ehe­namen führen können. Dieser Doppelname wird dann kraft Gesetzes auch Geburtsname der gemeinsamen Kinder, §§ 1354, 1355 BGB-E. Die Möglichkeit, einen bisher geführten Namen als Begleitnamen zu führen, bleibt ebenfalls erhalten, § 1354a BGB-E.

Dop­pel­namen können auf die Kinder beschränkt werden

Führen die Eltern keinen gemeinsamen Ehenamen, sieht der Gesetzentwurf für gemeinsame Kinder die Möglichkeit der Wahl eines aus den Familiennamen beider Elternteile zusammengesetzten Doppelnamens vor, § 1617 BGB-E. Damit soll die Zuge­hö­rig­keit des Kindes zu beiden Eltern­teilen nach außen besser doku­men­tiert werden. Diese Mög­lich­keit soll auch unver­hei­ra­teten Eltern für gemein­same Kinder eröffnet werden. Die Partner nicht ehelicher Lebens­ge­mein­schaften können aber auch in Zukunft selbst keinen gemein­samen Doppelfami­li­en­namen, aber einen gemeinsamen einfachen Familiennamen eines der Partner führen.

Zuständigkeit und Eintragung in Ausweise

Zuständig für die Entgegennahme namensrechtlicher Erklärungen bleiben – wie bisher – die Standesämter. Der Familiendoppelname wird im Personalausweis eingetragen.

Ver­mei­dung end­loser Namens­ketten

Zur Ver­mei­dung unend­lich langer Namens­ketten dürfen Dop­pel­namen nur aus 2 Ein­zel­namen zusammengesetzt sein. Dies gilt auch bei der Eheschließung von Personen, die bereits einen Doppel- oder Mehrfachnamen führen. Sie dürfen nur einen ihrer Einzelnamen zur Bildung des neuen Ehedoppelnamens verwenden, § 1355 Abs. 3 Nr. 2 BGB-E. Das Gleiche soll gemäß § 1617 Abs. 2 Nr. 2 BGB-E für die Bildung von Geburtsdoppelnamen von Kindern gelten.

Über­gangs­re­ge­lung für bereits ver­hei­ra­tete Paare

Bereits ver­hei­ra­tete Paare sollen von der Neu­re­ge­lung eben­falls pro­fi­tieren. Haben die Ehe­gatten noch keinen Ehe­namen bestimmt, können Sie dies nach­holen. Ehe­gatten, die bereits einen gemein­samen Ehe­namen führen, dürfen binnen zweier Jahre nach Inkraft­treten des Gesetzes aus ihren Namen einen neu­ge­bil­deten Ehe­dop­pel­namen unter Anwen­dung der neuen Vor­schriften bestimmen. Anlass­lose Namens­än­de­rungen werden aller­dings auch nach der Reform nicht möglich sein.

Erwei­terte Optionen für Schei­dungs­kinder

Min­der­jäh­rige Kinder sollen nach der Schei­dung ihrer Eltern die Mög­lich­keit haben, eine etwaige Namens­än­de­rung des Eltern­teils, mit dem sie zusam­men­leben, ihrer­seits nach­zu­voll­ziehen. Sie sollen auch den geän­derten Fami­li­en­namen des Eltern­teils, mit dem sie zusam­men­leben, erhalten können oder einen Doppelnamen aus dem bisherigen Familiennamen und dem geänderten Familiennamen zu erhalten, § 1617d BGB-E.

  • Ab Vollendung des 14. Lebensjahres kann das Kind diese Erklärung nur selbst abgeben, bedarf dazu allerdings der Zustimmung des gesetzlichen Vertreters, die das Familiengericht aus Gründen des Kindeswohls ersetzen kann.
  • Bei jüngeren Kindern ist ab Vollendung des 5. Lebensjahres eine Einwilligung des Kindes in die Namensänderung erforderlich.
  • Volljährige Kinder können allein entscheiden.

Neue Option des Namenswechsels für Volljährige

Eine völlig neue Möglichkeit für volljährige Personen besteht darin, von dem Namen eines Elternteils zum Namen eines anderen Elternteils zu wechseln, falls sie den Familiennamen nur eines Elternteils als Geburtsnamen erhalten haben. In diesen Fällen besteht auch die Option, einen Geburtsdoppelnamen aus den Namen beider Elternteile anzunehmen. Außerdem kann ein Volljähriger seinen Geburtsdoppelnamen auf einen zusammengesetzten Geburtsnamen verkürzen. In allen anderen Fällen ist ein solches Namensmeshing ausgeschlossen.

Rück­be­nen­nung von ein­be­nannten Stief­kin­dern

Einbenannten Stiefkindern – also Kindern, die den Namen eines Stiefelternteils erhalten haben – soll nach § 1617e BGB-E die Möglichkeit eingeräumt werden, ihren Geburtsnamen wieder anzunehmen. Damit wird in den Fällen, in denen die Ehe des leiblichen Elternteils mit dem Stiefelternteil geschieden wird, dem Kind ermöglicht, das Namens­band zum Stief­eltern­teil auch nach außen zu lösen. Diese Option soll Stief­kin­dern auch nach dem Auszug aus dem Haus­halt der Stief­fa­milie ein­ge­räumt werden.

  • Ab Voll­endung des 5. Lebens­jahres ist die Zustim­mung des Kindes zur Rück­be­nen­nung erfor­der­lich.
  • Ab Voll­endung des 14. Lebens­jahres kann das Kind die ent­spre­chende Erklä­rung nur selbst abgeben, bedarf hierzu aller­dings der Zustim­mung des gesetz­li­chen Ver­tre­ters.
  • Eine Ein­wil­li­gung des Stief­eltern­teils in die Rück­be­nen­nung ist nicht erfor­der­lich.

Namensänderung ohne großen Aufwand möglich

Die Absicht der Namens­än­de­rung soll durch ein­fache Erklä­rung gegen­über dem Stan­desamt abge­geben werden können. Die Regelung entspricht der Regelung des neuen Selbstbestimmungsgesetzes zur Erklärung der Geschlechtszugehörigkeit gegenüber dem Standesamt.

Berücksichtigung von nationalen Minderheiten

In einigen Spra­chen (sor­bi­sche und sla­wi­sche Spra­chen) haben Fami­li­en­namen eine unter­schied­liche Endung, je nachdem, ob es sich um ein männ­li­ches oder weib­li­ches Fami­li­en­mit­glied handelt. So lautet z. B. der männ­liche Fami­li­en­name „Kowalski“ in der weib­li­chen Form „Kowalska“. Diese Anpas­sung soll den Betrof­fenen künftig auch in Deutsch­land ermög­licht und in das Per­so­nen­stands­re­gister ein­ge­tragen werden können, § 1355b BGB-E. Die Regelung soll auch für den Geburtsnamen eines minderjährigen Kindes gelten, § 1617f BGB-E. Der Name wird durch Erklärung gegenüber dem Standesamt angepasst. Weitere Besonderheiten enthält das Gesetz zugunsten Angehöriger der dänischen Minderheit und der friesischen Volksgruppe.

Kein Zwang zur Namens­än­de­rung nach Erwach­se­nen­ad­op­tion

Die bisher obli­ga­to­ri­sche Namens­än­de­rung nach einer Erwach­se­nen­ad­op­tion soll gestri­chen werden. Die adop­tierte Person hat künftig 3 Optionen: Bei­be­hal­tung ihres bisherigen Familiennamens oder Übernahme des Namens der annehmenden Person oder Kombination aus dem bisherigen Namen sowie dem Namen der annehmenden Person, § 1767 Abs. 3 BGB-E. Bei der Adoption von Minderjährigen erhält das Kind gemäß § 1757 BGB weiterhin als Geburtsnamen den Familiennamen des Annehmenden.

Kein „Namens­me­shing“

Neben mehr Fle­xi­bi­lität will die Reform auch die Würde des Namens wahren. Namens­ver­schmel­zungen wie in Großbri­tan­nien sollen in Deutsch­land auch künftig nicht möglich sein. Der Bun­des­jus­tiz­mi­nister ver­deut­licht dies an dem Bei­spiel, dass die Fami­li­en­namen „Scholz“ und „Merz“ nicht aus Jux und Tol­lerei zu „Schmerz“ zusam­men­ge­legt werden können.

Kongruenz von Selbst­be­stim­mungs­ge­setz und neuem Namensrecht

Flan­kiert wird die Reform des Namensrechts durch die ebenfalls in 1. Lesung am 12.4.2024 im Bundestag beschlossenen Bestim­mungen des neuen Selbst­be­stim­mungs­ge­setzes. Danach soll in Deutsch­land jede Person in einem ein­fa­chen Ver­fahren beim Stan­desamt sein Geschlecht selbst bestimmen und seine Vor­namen selbst fest­legen können. Bundesjustizminister Marco Buschmann sieht die Reform des Namensrechts nur als „ersten Schritt bei der überfälligen Modernisierung des Familienrechts“.

Umset­zung der Reform für Mai 2025 geplant

 Nach der derzeitigen Planung soll das neue Namens­recht wegen des hohen Verwaltungsaufwands für die erfor­der­li­chen IT-Anpas­sungen in den Stan­des­äm­tern zum 1.5.2025 in Kraft treten.

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