Kindergeldantrag per BeA

In einer Grundsatzentscheidung hat der BFH einen Antrag auf Kindergeld per BeA für zulässig erachtet. Die Entscheidung könnte über Kindergeldanträge hinaus Bedeutung für die elektronische Kommunikation mit Behörden haben.

Nach einem kürzlich ergangenen Urteil des BFH können behördliche Anträge auch ohne Verwendung des amtlich vorgeschriebenen Datensatzes formwirksam elektronisch gestellt werden, wenn die Behörde einen Zugang für die Übermittlung elektronischer Dokumente über das besondere elektronische Behördenpostfach (BeBPo) eröffnet hat.

Antrag auf Kindergeld per BeA

In dem vom BFH entschiedenen Verfahren hatte ein Rechtsanwalt gegen die Familienkasse geklagt. Nachdem seine Ehefrau im September 2021 verstorben war, beantragte der Anwalt bei der Familienkasse, das Kindergeld für seine beiden Kinder ab sofort an ihn selbst zu zahlen. Unter Angabe seiner Kontonummer und unter Beifügung der weiteren erforderlichen Nachweise übermittelte der Kläger das Antragsschreiben elektronisch mit qualifizierter elektronischer Signatur über sein BeA an das BeBPo der Behörde.

Kindergeldantrag aus formalen Gründen abgelehnt

Die Familienkasse lehnte den Kindergeldantrag ab und wies den gegen die Abweisungsentscheidung eingelegten Einspruch des Anwalts als unbegründet zurück. Zur Begründung verwies die Familienkasse auf § 67 EStG. Die formalen Voraussetzungen dieser Vorschrift seien nicht erfüllt, die Antragstellung per BeA über das BeBPo sei nicht zulässig. Die seitens des Anwalts hiergegen erhobene Klage auf Verpflichtung der Behörde zur inhaltlichen Entscheidung über seinen Antrag hatte beim zuständigen FG keinen Erfolg. Auch das FG vertrat die Auffassung, dass der Anwalt bei Antragstellung die gemäß § 67 EStG erforderlichen Formalien nicht beachtet habe. Das FG ließ allerdings ausdrücklich die Revision gegen seine Entscheidung zu.

Revision erfolgreich

Die Revision des Klägers hatte – jedenfalls soweit er seinen ursprünglichen Klageantrag weiter verfolgte – beim BFH Erfolg. Nach Auffassung des BFH hatte die Kindergeldkasse den vom Kläger gestellten Kindergeldantrag zu Unrecht als formunwirksam abgelehnt.

Gesetz stellt 2 alternative Antragswege zur Verfügung

Auch der BFH stellte maßgeblich auf die Vorschrift des § 67 EStG ab. Danach ist das Kindergeld bei der zuständigen Familienkasse schriftlich zu beantragen. Daneben ist eine elektronische Antragstellung nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz über die amtlich vorgeschriebene Schnittstelle zulässig, soweit der Zugang eröffnet wurde.

Eindeutige Identifizierung des Antragstellers und der Kinder erforderlich

Der Senat verwies auf seine eigene Rechtsprechung, wonach in der bis zum 9.12.2020 geltenden Fassung des § 67 Satz 1 EStG i.V.m. § 87a Abs. 1 Satz 1 AO ein Kindergeldantrag auch mit einfacher E-Mail ohne Beifügung des amtlichen Vordrucks im PDF-Format möglich war, sofern die Familienkasse für die Übermittlung elektronischer Dokumente einen Zugang eröffnet hatte. Hiernach müsse bei einem Kindergeldantrag, der die Bearbeitung lediglich anstößt, der aber noch nicht unmittelbar zum Abschluss des Verfahrens führt, lediglich die Identität des Antragstellers sowie die Identität der Kinder, für die Kindergeld begehrt wird, feststellbar sein (BFH, Urteil v. 12.10.2023, IIIR 38/21). Diesem Erfordernis genügten nach der Bewertung des BFH im konkreten Fall die elektronisch eingereichten Dokumente des Klägers.

Eröffnung des Zugangs durch faktische Verfügbarkeit

Für die seitens des Anwalts gewählte Art der elektronischen Übermittlung hatte die Familienkasse nach der Bewertung des BFH auch wirksam den Zugang gemäß § 87a Abs. 1 Satz 1 AO eröffnet. Die Eröffnung des Zugangs könne ausdrücklich, konkludent, generell oder nur für bestimmte Fälle erfolgen. Hierbei sei zu berücksichtigen, dass gemäß §§ 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 des Gesetzes zur Förderung der elektronischen Verwaltung für die Behörden des Bundes sowie die bundesunmittelbaren Körperschaften des öffentlichen Rechts – also auch die Familienkassen – die grundsätzliche Verpflichtung zur Eröffnung eines Zugangs für die Übermittlung elektronischer Dokumente bestehe. Vor diesem Hintergrund gelte der Grundsatz, dass der Zugang bereits eröffnet ist, sobald er für den Bürger faktisch verfügbar ist. Eine separate subjektive Erklärung der Behörde sei nicht erforderlich.

BeA dient der Kommunikation mit Gerichten und Behörden

Der BFH wies auch darauf hin, dass gemäß § 19 der Verordnung über die Rechtsanwaltsverzeichnisse und die besonderen elektronischen Anwaltspostfächer das BeA nicht nur zur Kommunikation mit Gerichten, sondern auch zur Kommunikation mit anderen Behörden genutzt werden kann, während für das besondere elektronische Steuerberaterpostfach insoweit Einschränkungen zu beachten seien. Da das BeBPo problemlos über das BeA erreichbar und als potenzieller Adressat für Rechtsanwälte auch sichtbar sei, sei damit zumindest konkludent der Zugang eröffnet.

Kein Vorrang der amtlich vorgeschriebenen Schnittstelle vor Schriftform

Schließlich steht nach Auffassung des BFH der Zulässigkeit der Übermittlung des Kindergeldantrags über das BeA auch nicht § 67 Satz 1 Halbsatz 2 EStG entgegen, wonach eine elektronische Antragstellung nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz über die amtlich vorgeschriebene Schnittstelle zulässig ist, soweit der Zugang eröffnet wurde. Diese Schnittstelle habe der Kläger unstreitig nicht genutzt, sodass die Anforderungen dieser Vorschrift nicht erfüllt seien. Dies sei aber nicht erforderlich, da § 67 Satz 1 Halbsatz 2 EStG insoweit keine Sperrwirkung entfalte und die seitens des Klägers gewählte Übermittlung dem Schriftlichkeitsgebot des § 67 Satz 1 Halbsatz 1 EStG genügte.

Behörde muss Kindergeldantrag inhaltlich bescheiden

Im Ergebnis war die Revision des Klägers damit insoweit erfolgreich, als die Beklagte den Kindergeldantrag des Klägers zu Unrecht aus formalen Gründen abgewiesen hat und diesen nun inhaltlich prüfen und bescheiden muss.

(BFH, Urteil v. 30.1.2024, III R 15/23)