Wirksame Kündigungen bei Gorillas nach wildem Streik

Zwei Fahrradkurieren des Berliner Lieferdienst-Startups Gorillas wurde zu Recht fristlos gekündigt, entschied das Landesarbeitsgericht Berlin. Die sogenannten "Rider" hatten an einem nicht gewerkschaftlich organisierten Streik teilgenommen. 

Der Streik der Berliner Fahrradkuriere des Lebensmittel-Lieferdienstes Gorillas für bessere Arbeitsbedingungen hat weit über Berlin hinaus Aufsehen erregt. Die Streikmaßnahmen wurden nicht gewerkschaftlich organisiert, sondern vom sogenannten "Gorillas Workers Collective" (GWC), das sich innerhalb der Belegschaft gegründet hatte. Der Arbeitgeber kündigte zahlreichen Mitarbeitenden daraufhin fristlos und begründete dies mit der Teilnahme an "illegalen Streiks". Das LAG Berlin hatte sich nun mit der Zulässigkeit der Teilnahme an diesem Streik zu beschäftigen.

Kündigungen wegen Teilnahme an rechtswidrigem Streik

Der Arbeitgeber hatte die Arbeitsverhältnisse der Betroffenen außerordentlich und fristlos gekündigt, nachdem er die Teilnehmenden des Streiks mehrfach dazu aufgefordert hatte, ihre Arbeit wieder aufzunehmen. Dieser Aufforderung waren die "Rider" nicht gefolgt. Der Streik bei Gorillas dauerte vier Tage und wurde von Mitarbeitenden des Fahrradkurierdienstes organisiert, unter anderem um pünktliche Bezahlung sowie die Ausstattung mit Regenkleidung zu erreichen. Dabei blockierten sie die Zugänge zu den Filialen und stellten Lieferfahrräder auf den Kopf. 

Teilnahme an nicht gewerkschaftlichem Streik zulässig?

Die Beschäftigten des Kurierdienstes wehrten sich gegen ihre fristlosen Kündigungen. Aus ihrer Sicht stellt die Teilnahme an einem verbandsfreien Streik eine zulässige Rechtsausübung dar. Die grundgesetzlich geschützte Koalitionsfreiheit (Artikel 9 Abs. 3 GG) schütze auch Arbeitskampfmaßnahmen, die nicht den Abschluss eines Tarifvertrages zum Ziel hätten und deshalb auch nicht gewerkschaftlich organisiert sein müssten.

LAG Berlin: Streik ohne Gewerkschaft ist rechtswidrig

Das Landesarbeitsgericht Berlin hat die Wirksamkeit der fristlosen Kündigungen von zwei Ridern, die an der Protestaktion teilnahmen, bestätigt. Es wertete die Beteiligung an den "wilden" Streiks als erhebliche arbeitsrechtliche Pflichtverletzungen der Mitarbeitenden. Das LAG stellte zudem klar, dass die nicht gewerkschaftlich organisierte Protestaktion nicht als zulässige Ausübung des Streikrechts gemäß Artikel 9 Absatz 3 Satz 1 Grundgesetz zu beurteilen sei - auch nicht unter Berücksichtigung von Teil II Artikel 6 Nr. 4 der Revidierten Europäischen Sozialcharta (RESC).

Keine fristlose, aber ordentliche Kündigung

In einem weiteren Fall stand die aktive Beteiligung des Rider nicht zweifelsfrei fest. In diesem Verfahren hat die außerordentliche Kündigung das Arbeitsverhältnis nicht beendet, urteilte das Gericht. Die ebenfalls ausgesprochene ordentliche Kündigung des erst kurz bestehenden Arbeitsverhältnisses wurde jedoch bestätigt.

Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hat die Revision zum Bundesarbeitsgericht in allen drei Verfahren nicht zugelassen.

Hinweis: Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Urteile vom 25. April 2023, Az: 16 Sa 868/22, 16 Sa 869/22 und 16 Sa 871/22.


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