Das Markenrecht ist stärker als das Bankgeheimnis
Geklagt hatte die Lizenznehmerin für die Herstellung und den Vertrieb von Davidoff-Parfüms. Anfang 2011 hatte die „Coty Germany GmbH“ über eBay ein Parfüm „Davidoff Hot Water“ angeboten, das tatsächlich nicht von der Firma Davidoff vertrieben worden war.
Fake über eBay angeboten
Für Besteller war zum Zwecke der Kaufpreisüberweisung ein Konto bei einer Sparkasse angegeben. Die Klägerin selbst ersteigerte das Parfüm und zahlte den Kaufpreis auf das offerierte Konto. Da sie die Identität des Verkäufers nicht in Erfahrung bringen konnte, nahm sie die Sparkasse auf Auskunft über die Identität des Verkäufers in Anspruch.
OLG betont die Unbedingtheit des Bankgeheimnisses
Nachdem das LG der Klage stattgegeben hatte, entschied das OLG gegenteilig. Nach Auffassung des OLG war die beklagte Sparkasse berechtigt, die Auskunft über die Identität des Kontoinhabers unter Berufung auf das Bankgeheimnis gemäß § 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO zu verweigern.
BGH: Markenrecht bricht Bankgeheimnis
Der BGH näherte sich der Frage des Rechts zur Auskunftsverweigerung mit großer Vorsicht.
- Aus Sicht des Senats war eine sowohl eine Abwägung der beiderseitigen Interessen
- als auch eine abwägende Gewichtung der von den Prozessparteien geltend gemachten Rechte erforderlich.
Recht am geistigen Eigentum wiegt schwer
Der Senat ließ allerdings keine Zweifel daran, dass nach seiner Auffassung der Schutz der Klägerin an ihrem geistigen Eigentum und das daraus folgende Interesse an einem effektiven Rechtsbehelf zur Durchsetzung ihrer Ansprüche wegen Verletzung ihrer Markenrechte den Schutz des Bankgeheimnisses überwog.
Wenn ein Konto benutzt werde, um die Zahlung eines Kaufpreises für den Verkauf eines Produktes unter offensichtlicher Verletzung eines Rechts am geistigen Eigentum abzuwickeln, so müsse sowohl das Interesse der Bank hinsichtlich ihrer grundsätzlich bestehenden Pflicht zur Wahrung des Bankgeheimnisses als auch das Interesse des Kunden der Bank an der Wahrung des Bankgeheimnis hinter dem schützenswerten Recht des Markeninhabers zurücktreten.
Der EuGH bestätigt die Rechtsauffassung des BGH
Trotz dieser eigentlich klaren Rechtsauffassung legte der BGH die Rechtsfrage, ob ein Bankinstitut in diesem Fall die Auskunft verweigere dürfe, dem EuGH zur Beantwortung vor.
- Die konkrete Frage lautete, ob Art. 8 Abs. 3 e der Richtlinie 2004/43/EG dahingehend auszulegen sei, dass diese Vorschrift einer nationalen Regelung entgegensteht (§ 383 ZPO), die es einem Bankinstitut in jedem Fall gestattet, eine Auskunft über Namen und Anschrift eines Kontoinhabers unter Berufung auf das Bankgeheimnis zu verweigern.
- Der EuGH beantwortete die Frage in dem bereits vom BGH indizierten Sinn, nämlich dass die Richtlinie einer nationalen Rechtsvorschrift, die die bedingungslose Berufung auf das Bankgeheimnis gestattet, entgegensteht
(EuGH, Urteil v. 16.7.2015, C – 580/13).
Bank muss Identität des Kontoinhabers preisgeben
Vor diesem Hintergrund war das jetzige Urteil des BGH keine Überraschung mehr. Der BGH entschied, dass die Bestimmung des § 19 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 MarkenG richtlinienkonform dahin auszulegen ist, dass ein Bankinstitut nicht gemäß § 383 Abs. 1 Nr.6 ZPO die Auskunft über Namen und Anschrift eines Kontoinhabers unter Berufung auf das Bankgeheimnis verweigern darf, wenn das Konto für den Zahlungsverkehr im Zusammenhang mit einer offensichtlichen Markenverletzung benutzt wurde.
- In diesem Fall müssten sowohl das Grundrecht des Kontoinhabers auf Schutz der persönlichen Daten nach Art. 8 EU-Grundrechtscharta als auch das Recht der Bank auf Berufsfreiheit nach Art. 15 EU-Grundrechtscharta hinter den Grundrechten der Markeninhaberin auf Schutz des geistigen Eigentums und dessen wirksamen Rechtsschutz gemäß Art. 17, 47 EU-Grundrechtscharta zurücktreten.
- Auch wenn die Klägerin in einem solchen Fall auch die Möglichkeit der Einleitung eines Strafverfahrens gegen den Rechtsverletzer habe, so bestehe daneben auch der markenrechtlicher Anspruch auf Auskunft über die Identität des Inhabers des Kontos, das in Zusammenhang mit der Rechtsverletzung genutzt wurde.
(BGH, Urteil v. 21.10.2015, I ZR 51/12)
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