Teilentgeltliche Übertragung: Gestaltungspotential

Die teilentgeltliche Übertragung einer Immobilie des Privatvermögens findet in aller Regel zwischen nahen Angehörigen statt, in der Besteuerungspraxis häufig im Rahmen vorweggenommener Erbregelungen, im Rahmen derer Geschwister auszuzahlen oder Abstandszahlungen an den Übertragenden zu leisten sind.

Besonderheiten sind zu beachten bei Übertragungen gegen Versorgungsleistungen oder unter Vorbehalt von Nutzungsrechten. Gegebenenfalls kann eine teilentgeltliche Übertragung beim Übertragenden bzw. beim Weiterverkauf durch den Übernehmenden auch ein steuerpflichtiges Veräußerungsgeschäft im Sinne von § 23 EStG auslösen. Auf die vorgenannten Problemstellungen wird nachfolgend eingegangen.

Rechtsfolgen beim Grundstücksübernehmer

Nutzt der Grundstücksübernehmer die übertragene Immobilie zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung, entstehen ihm hinsichtlich der zu erbringenden Gleichstellungsgelder/Abstandszahlungen eigene abschreibungsfähige Anschaffungskosten. Hinsichtlich des unentgeltlichen Teils kann er die AfA des Rechtsvorgängers fortführen (§ 11d Abs. 1 EStDV, R 7.3 Abs. 3 u. Abs. 6 EStR). Führt er innerhalb von drei Jahren nach der Grundstücksübertragung Instandsetzungsmaßnahmen durch, muss er hinsichtlich des entgeltlich erworbenen Teils die Regelungen zum anschaffungsnahen Aufwand (§ 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG) beachten (R 6.4 Abs. 1 Satz 2 EStR).

Gestaltungspotential durch Zuordnung

Gestaltungspotential ergibt sich immer dann, wenn das teilentgeltlich übertragene Objekt sowohl eigenen Wohnzwecken als auch der Einkünfteerzielung durch Vermietung dient. Entstehen hier z.B. durch Auszahlungsbeträge Anschaffungskosten, entfallen diese grundsätzlich sowohl auf den einkunftsrelevanten Teil als auch auf den zu eigenen Wohnzwecken genutzten Teil, d.h. es müsste eine an der Größe der jeweiligen Wohnung orientierte Aufteilung vorgenommen werden.

Nach der Rechtsprechung des BFH können Angehörige ihre Rechtsverhältnisse untereinander jedoch steuerlich möglichst günstig gestalten und dabei auch sich ergebende Steuerspareffekte "mitnehmen". Besteht daher ein Gebäude aufgrund unterschiedlicher Nutzung aus mehreren Wirtschaftsgütern, ist die von den Vertragsparteien vorgenommene Aufteilung des Kaufpreises auf die einzelnen Wirtschaftsgüter grundsätzlich der Besteuerung zugrunde zu legen. Das gilt auch dann, wenn nicht ein Gesamtkaufpreis, sondern von vornherein Einzelpreise für Einzelwirtschaftsgüter bzw. bestimmte Leistungen vereinbart werden (BFH, Urteil v. 27.7.2004, IX R 54/02).

Es ist steuerrechtlich daher hinzunehmen, wenn der selbst genutzte Grundstücksteil teilentgeltlich oder unentgeltlich veräußert wird, während die Vertragsparteien für den vermieteten Grundstücksteil entsprechend der Verkehrswerte ein angemessenes Entgelt vereinbaren und so ein Maximum an abschreibungsfähigen Anschaffungskosten dem vermieteten Gebäudeteil zuordnen.

Dies gilt jedoch nur dann, wenn die vorgenommene Kaufpreiszuordnung auch den realen Wertverhältnissen entspricht, d.h. die vereinbarten Kaufpreisanteile dürfen nicht über den Verkehrswerten der jeweiligen Gebäudeteile liegen. Ferner darf die Kaufpreiszuordnung weder nur zum Schein getroffen worden sein oder missbräuchlich vorgenommen werden (BFH, Urteil v. 1.4.2009, IX R 35/08).

Beispiel: Ausdrückliche Kaufpreiszuordnung im Übertragungsvertrag

A überträgt ein Zweifamilienhaus, in dem sich zwei gleich große Wohnungen befinden und dessen Verkehrswert 600.000 EUR (Anteil Grund und Boden: 120.000 EUR) beträgt, auf seinen Sohn B, der seine Schwester C mit 300.000 EUR auszahlen muss. B nutzt die Erdgeschosswohnung zu eigenen Wohnzwecken und vermietet die Obergeschosswohnung. Im Übertragungsvertrag treffen die Beteiligten die Vereinbarung, dass der an C zu leistende Auszahlungsbetrag in Höhe von 300.000 EUR ausschließlich für die im Obergeschoss liegende vermietete Wohnung (anteiliger Verkehrswert 300.000 EUR) erbracht wird. Diesen Auszahlungsbetrag finanziert B durch Aufnahme eines Darlehens in Höhe von 200.000 EUR.

Ohne die ausdrückliche Kaufpreiszuordnung im Übertragungsvertrag wären B für die vermietete Wohnung 150.000 EUR (die Hälfte des Auszahlungsbetrages) entstanden, der dann (nach Abzug des Grund- und Bodenanteils von 30.000 EUR) zu einer eigenen AfA-Bemessungsgrundlage von 120.000 EUR führen würde. Die B entstehenden Finanzierungskosten wären nur zur Hälfte als Werbungskosten abziehbar, da sie zur Hälfte auf die eigengenutzte Wohnung entfallen würden.

Dies wird nun jedoch durch eine entsprechende Zuordnung der Anschaffungskosten und der Finanzierungskosten zur vermieteten Wohnung im Übertragungsvertrag steuerlich optimiert mit der Folge, dass B eigene abschreibbare Anschaffungskosten in Höhe von 240.000 EUR entstehen und die Finanzierungskosten in vollem Umfang als Werbungskosten abziehbar sind.