Die Rechtsbeschwerde gegen die Verwerfung der Berufung der Beklagten als unzulässig hatte beim Bundesgerichtshof (BGH) Erfolg. Sie führte insoweit zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

Nach der Entscheidung des Gerichts war die Rechtsbeschwerde begründet. Die Berufung der Beklagten hätte nach Ansicht des BGH nicht mit der Begründung als unzulässig verworfen werden dürfen, ihr Prozessbevollmächtigter sei zur Einlegung des Rechtsmittels vor dem OLG nicht wirksam bevollmächtigt gewesen.

Für das weitere, an das vom BGH an das Berufungsgericht zurückgewiesene Verfahren hat der BGH in der Begründung seiner Entscheidung zunächst darauf hingewiesen, dass die durch den Aufsichtsratsvorsitzenden der Beklagten erteilte Prozessvollmacht ohne Genehmigung durch den Aufsichtsrat unwirksam war. Der Aufsichtsratsvorsitzende einer AG kann nach Meinung des Gerichts in einem Rechtsstreit der Gesellschaft mit dem Vorstand grundsätzlich ohne einen ihn hierzu ermächtigenden Aufsichtsratsbeschluss keine wirksame Prozessvollmacht erteilen.

Die AG wird nach der Rechtsprechung des BGH in einem Prozess mit einem Vorstandsmitglied – auch nach dessen Ausscheiden – gem. § 112 AktG durch ihren Aufsichtsrat als Organ vertreten. Die im Zusammenhang mit der Prozessführung erforderliche Willensbildung des Aufsichtsrats erfolge danach durch ausdrücklichen Beschluss nach § 108 Abs. 1 AktG. In die Entscheidungsbefugnis des Aufsichtsrats fallen nach Ansicht des BGH im Passivprozess mit dem Vorstand die der Erteilung einer Prozessvollmacht vorgelagerten, vorliegend relevanten Fragen, ob sich die Gesellschaft gegen die Klage überhaupt verteidigen will und ob im Falle des Unterliegens in erster Instanz von einem Rechtsmittel Gebrauch gemacht werden soll. Der in einem hierüber gefassten Beschluss zum Ausdruck kommende einheitliche oder mehrheitliche Wille der abstimmenden Aufsichtsratsmitglieder stelle den Willen des Aufsichtsrats dar. Dieser Vorgang einheitlicher Willensbildung könne nicht durch die Entscheidung eines Aufsichtsratsmitglieds oder des Aufsichtsratsvorsitzenden ersetzt werden, weil diese ihren Willen abweichend vom Aufsichtsrat bilden könnten.

Weiter hat das Gericht ausgeführt, dass durch die Entscheidungszuständigkeit des Aufsichtsrats als Ganzes die Verteidigungsmöglichkeit der Aktiengesellschaft gegen Klagen ihrer Vorstandsmitglieder nicht gefährdet sei. Bevollmächtige der Aufsichtsratsvorsitzende in Eilfällen einen Rechtsanwalt, ohne zuvor eine Mehrheitsentscheidung des Aufsichtsrats herbeizuführen, handele er entsprechend § 177 BGB als Vertreter ohne Vertretungsmacht. Der Aufsichtsrat könne aber diese Handlungsweise durch Mehrheitsbeschluss genehmigen.

Sollte es im weiteren Verfahren darauf ankommen, ob die vollmachtlose Prozessführung vom Aufsichtsrat der Beklagten mit Beschluss vom 19.6.2010 genehmigt worden ist, werde nach Meinung des BGH außerdem zu beachten sein, dass die 3 Aufsichtsratsmitglieder aus dem Lager B. H. bei dieser Beschlussfassung keinem Stimmverbot unterlägen, weil sie in der Aufsichtsratssitzung vom 26.10.2009 gegen die Abberufung der Kläger gestimmt hatten. Ein Stimmverbot unter dem Gesichtspunkt des Verbots des Richtens in eigener Sache könne hier nicht aus dem Umstand hergeleitet werden, dass im Rahmen der Klage der abberufenen Vorstandsmitglieder die Frage eine Rolle spielen könnte, ob bei der Beschlussfassung des Aufsichtsrats über die Abberufung 3 Aufsichtsratsmitglieder ihr Stimmrecht – wie der Aufsichtsratsvorsitzende angenommen hat – rechtsmissbräuchlich ausgeübt haben. Wegen der Aufgabenverteilung zwischen Vorstand und Aufsichtsrat werde häufig in Prozessen mit Vorstandsmitgliedern die Wirksamkeit eines den Vorstand betreffenden Aufsichtsratsbeschlusses zu klären sein. Es widerspräche der Kompetenzzuweisung des § 112 AktG, wolle man bei der Beschlussfassung des Aufsichtsrats über die Vertretung der Gesellschaft in einem Prozess gegen Vorstandsmitglieder ein Stimmverbot von Aufsichtsratsmitgliedern allein schon deshalb annehmen, weil diese an einer früheren, für den Gegenstand des Prozesses (möglicherweise) bedeutsamen Beschlussfassung des Aufsichtsrats beteiligt waren.

Sollte es im Zusammenhang mit der Beschlussfassung des Aufsichtsrats vom 19.6.2010 auf die Wirksamkeit der Stimmabgabe des B. H. ankommen, werde zu prüfen sein, ob die Wahl des B. H. zum Aufsichtsratsmitglied nichtig war. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts würde nach Meinung des Bundesgerichtshofs die Nichtigkeit der Wahl dazu führen, dass auch die Stimmabgabe des B. H. nichtig, nicht zu zählen und damit die Genehmigung der bisherigen Prozessführung beschlossen gewesen wäre.

Weiter hat der BGH darauf hingewiesen, dass im Fall, dass der Beschluss über die Wahl eines Aufsichtsratsmitglieds nichtig ist, die gewählte Person für die Stimmabgabe und Beschlussfassung im Aufsichtsrat wie ein Nichtmitglied behandelt wird. War die Stimme des als Nichtmitglied zu behandelnden A...

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