In ganz Europa wächst die Nachfrage nach Green, Social and Sustainable Bonds (GSS-Bonds) rasant. Das weltweite Finanzierungsvolumen des GSS-Bond-Marktes nimmt seit einigen Jahren stark zu (vgl. Abbildung 22). Von 2018 bis 2020 hat sich das Gesamtmarktvolumen von 201 Mrd. USD auf 470 Mrd. USD erhöht. Neben dem Green Bonds Markt, der den Hauptteil aller GSS-Bonds ausmacht, etablierten sich in den letzten Jahren schnell wachsende Segmente von Social und Sustainable Bonds. Diese Entwicklung ist besonders für Unternehmen der Wohnungswirtschaft interessant, da ihr Impact traditionell besonders im sozialen Bereich liegt.

Abbildung 22: Entwicklung des Marktvolumens - GSS-Bond-Markt

Der Zugang zum Kapitalmarkt für nachhaltige Finanzierung ist für die Wohnungswirtschaft allerdings erschwert. In einer Machbarkeitsstudie[1] widmete sich die heutige RITTERWALD Consulting B.V. 2018 den Perspektiven der Wohnungswirtschaft auf dem GSS-Bond-Markt. Als entscheidende Zugangshürde wurde die fehlende Messbarkeit der ökologischen und sozialen Auswirkungen des sozialen Wohnungsbaus identifiziert. Denn Investor*innen und Stakeholder sehen einen zuverlässigen Nachweis über die Nachhaltigkeit von Wohnungsunternehmen als zwingend. Daher lag es auf der Hand, dass der Wohnungssektor ein Label zur Zertifizierung nachhaltiger Standards für Wohnungsunternehmen brauchte.

In Partnerschaft mit vier großen europäischen Wohnungsbaugesellschaften, darunter maßgeblich die Gewobag Wohnungsbau-Aktiengesellschaft, wurde das Certified Sustainable Housing Label (CSHL) entwickelt. Das CSHL kann Wohnungsbaugesellschaften dabei unterstützen, ihre Investor*innenbasis zu erweitern und über GSS-Bonds einen weiteren Zugang zum Kapitalmarkt zu erhalten.

Herzstück des Labels ist ein Kriterienkatalog, mit dem sowohl die ökologische als auch die soziale Leistung der Wohnungsbaugesellschaften gemessen wird. Der Kriterienkatalog gilt für alle Wohnungsbaugesellschaften - unabhängig von Unternehmensgröße, Mitarbeiter*innenanzahl, Rechtsform, geographischer Region oder anzuwendendem regulatorischen Rahmen. Nach den Erfahrungen der letzten Jahre und dem Austausch mit verschiedenen Stakeholdern wurde 2020 der angewandte Kriterienkatalog konkretisiert und um die Messung der Governance-Dimension als dritte Dimension (ESG[2]-Betrachtung) ergänzt.

Die ersten drei Unternehmen wurden im Oktober 2019 mit dem Certified Sustainable Housing Label ausgezeichnet. Mit der Gewobag (Deutschland, ca. 70.000 Wohneinheiten), Clarion (Großbritannien, ca. 125.000 Wohneinheiten) und Vilogia (Frankreich, ca. 71.000 Wohneinheiten) haben drei sehr unterschiedliche Unternehmen den Zertifizierungsprozess erfolgreich durchlaufen. Sie operieren in verschiedenen europäischen Volkswirtschaften, haben unterschiedliche Rechtsformen und Unternehmensgrößen. Ymere, der vierte Teilnehmer der ersten Zertifizierungsrunde (Niederlande, ca. 80.000 Wohneinheiten), ist aktuell im letzten Stadium des Prüfungsprozesses.

Seit der Erstvergabe 2019 haben die Wohnungsbaugesellschaften LINK Group (Großbritannien, ca. 7.000 Wohneinheiten) und Catalyst (Großbritannien, ca. 32.000 Wohneinheiten) den Zertifizierungsprozess erfolgreich abgeschlossen. Die Vergabe des CSHL an den vergleichsweise kleinen Bestandshalter LINK Group zeigt, dass sich tatsächlich Wohnungsunternehmen aller Größen für eine Zertifizierung mit dem CSHL eignen.

[1] Im Auftrag von vier europäischen Wohnungsbaugesellschaften aus dem Kreis der der European Federation for Living (EFL).
[2] Environment, Social, Governance.

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