Kommentar

Aufgrund der dramatisch gestiegenen Gaspreise ist – vorläufig befristet – für Lieferungen vom 1.10.2022 bis 31.3.2024 der Steuersatz für die Lieferung von Erdgas über das Erdgasnetz und von Wärme über ein Wärmenetz auf 7 % abgesenkt worden. Die Finanzverwaltung hat zeitnah zur Verkündung des Gesetzes ein Anwendungsschreiben veröffentlicht, in dem Anwendungs- und Vereinfachungsregelungen getroffen werden.

Die rechtliche Problematik

Im Zusammenhang mit der geplanten, dann aber wieder aufgegebenen Einführung einer sog. "Gasumlage" sollte der Steuersatz für die Lieferung von Erdgas über das Erdgasnetz auf den ermäßigten Steuersatz von 7 % abgesenkt werden. Obwohl die Einführung der Gasumlage später aufgegeben wurde, ist die Absenkung des Steuersatzes zum 1.10.2022 umgesetzt worden. Im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens ist dann durch den Finanzausschuss des Bundestags in seiner Sitzung am 28.9.2022 darüber hinaus eine Ausweitung der Absenkung des Steuersatzes auf die Lieferung von Wärme durch ein Wärmenetz beschlossen worden.

Die gesetzliche Umsetzung ist nicht durch eine Aufnahme dieser Tatbestände in § 12 Abs. 2 UStG vorgenommen worden, es ist vielmehr – wie auch schon bei der temporären Absenkung des Steuersatzes in der Zeit vom 1.7. – 31.12.2020 – in den zeitlich begrenzten Fassungen des Gesetzes in § 28 UStG geregelt worden, jetzt in § 28 Abs. 5 und Abs. 6 UStG.

Die Anweisung des Bundesministeriums der Finanzen

Die Finanzverwaltung hat zeitnah zur Verabschiedung des Gesetzes[1] ein Schreiben veröffentlicht, in dem neben den Anwendungsregelungen auch diverse Vereinfachungsregelungen mit aufgenommen worden sind.

Im ersten Teil – den Anwendungsregelungen – stellt die Finanzverwaltung fest, dass die Absenkung des Steuersatzes auf die Lieferungen anzuwenden ist, die in der Zeit vom 1.10.2022 – 31.3.2024 ausgeführt werden. Maßgeblich ist für die zutreffende Anwendung des Steuersatzes:

  • die Ausführung der jeweiligen Leistung bzw. der Abschluss eines Leistungszeitraums[2] oder
  • soweit Teilleistungen ausgeführt werden, die Ausführung der Teilleistung bzw. der Abschluss des Teilleistungszeitraums.[3]
Wichtig

Wie bei jeder anderen Änderung der gesetzlichen Regelungen konserviert die Vereinnahmung von Anzahlungen, Abschlagszahlungen, Vorauszahlungen oder Vorschüssen nicht den Steuersatz, der im Zeitpunkt der Vereinnahmung gilt. Dies gilt entsprechend für den Fall, dass der leistende Unternehmer – was bei der Lieferung von Gas oder Wärme wohl kaum vorliegen dürfte – die Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten[4] anwenden sollte.

Sind Anzahlungen oder Vorauszahlungen für Lieferungen, die ab dem 1.10.2022 ausgeführt werden, geleistet worden, entsteht die Umsatzsteuer nach den zum Zeitpunkt der Vereinnahmung geltenden Vorschriften. Da die Umsatzsteuer aber endgültig erst bei Ausführung der Leistung mit Ablauf des jeweiligen Ablesezeitraums entsteht, ist die Besteuerung der Anzahlung in dem Voranmeldungszeitraum zu berichtigen[5], in dem die Leistung ausgeführt worden ist. Die Finanzverwaltung lässt hier aber fiktive Teilleistungszeiträume zu.

Die Ermäßigung des Steuersatzes auf 7 % gilt für die folgenden Leistungen:

  • Lieferung von Gas über das Erdgasnetz, es kann sich dabei sowohl um Erdgas aber auch um Biogas handeln. Darunter fällt auch die Lieferung von Gas, das vom leistenden Unternehmer dem Erdgasnetz entnommen und sodann unmittelbar zum Leistungsempfänger weitertransportiert wird.
  • Mehr-/Mindermengen-Abrechnung von Gas auf Ebene des Ausspeisenetzbetreibers sowohl im Verhältnis zum Transportkunden als auch im Verhältnis zum Marktgebietsverantwortlichen.
  • Lieferung von Wärme über ein Wärmenetz, unerheblich ist, aus welchem Wärmeträger die Wärme gewonnen wurde (Gas, Kohle, Heizöl, Holzpellets). Begünstigt soll damit die Lieferung von Wärme aus einer Wärmeerzeugungsanlage sein.
  • Legen eines Hausanschlusses für Gaslieferungen oder für Fernwärmelieferungen.[6]
Wichtig

Während in einem Entwurf des BMF-Schreibens noch die Lieferung von Gas in Tankwagen aus der Anwendung des ermäßigten Steuersatzes ausgenommen war, wenn das Gas nicht dem Erdgasnetz entnommen wurde, wird die Lieferungen von Gas, das vom leistenden Unternehmer per Tanklastwagen zum Leistungsempfänger für die Wärmeerzeugung transportiert wird, ebenfalls von der Steuersatzabsenkung erfasst. Ebenso die Einspeisung von Gas in das Erdgasnetz.

Breiten Raum nehmen die von der Finanzverwaltung getroffenen Vereinfachungsregelungen ein:

  • Zulassung der Abrechnung nach Gastagen.
  • Vereinfachungsregelungen für Abschlagszahlungen.
  • Nichtbeanstandungsregelung für Lieferungen im November 2022.

Die Finanzverwaltung lässt es für die Stichtage 1.10.2022 und 1.4.2024 zu, dass nach sog. "Gastagen"[7] abgerechnet wird. Es wird deshalb nicht beanstandet, wenn der Unternehmer Abrechnungen zum 1.10.2022 6 Uhr und zum 1.4.2024 6 Uhr so behandelt, als wäre die Abrechnung am Vortag um 24 Uhr erfolgt. Diese Vereinfachungsregelung kann nur in Bezug auf den jeweiligen Kunden einheitlich (2022/2024) ang...

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