Lieferketten bzw. Supply Chains sind also für globale Treibhausgasemissionen und somit für die Klimaerwärmung mitverantwortlich. Deswegen stehen energieintensive Produktions- bzw. Fertigungsvorgänge und die dafür notwendigen Logistikprozesse im Fokus von regulatorischen Maßnahmen. Für Unternehmen gilt es, die damit verbundenen Emissionen (drastisch) zu reduzieren, um möglicherweise erhebliche regulatorische Risiken und Risikokosten zu minimieren.[1] Zusätzlich können durch Klimaveränderungen generelle Risiken – etwa durch negative Beeinflussung von Geschäftsmodellen oder potenzielle physische Schäden an Unternehmen (Gebäude, Anlagen, Fahrzeuge, Materialbestände) durch Unwetterereignisse – entstehen. Diese sind nicht nur auf das eigene Unternehmen beschränkt, sondern können alle Partner in der Lieferkette (meist Lieferanten und Kunden) betreffen und somit Störungen verursachen.[2] Nachdem Treibhausemissionen entlang der gesamten Lieferkette entstehen, ist es wichtig eine Strukturierung vorzunehmen. Nachfolgender Ansatz unterteilt die Emissionen in drei sogenannte Scopes (s. Abb. 3).[3]

Abb. 3: Treibhausgasemissionen nach drei Scopes[4]

Treibhausgasemissionen entstehen demnach direkt im eigenen Unternehmen (Scope 1), indirekt vorgelagert (upstream, Inbound- bzw. Lieferantenzentrierung) und indirekt nachgelagert (downstream, Outbound bzw. Kundenzentrierung):[5]

  • Scope 1 – direkte Emissionen des Unternehmens, primär aus eigenen Verbrennungsprozessen (Prozessenergie, Gasheizungen, Verbrennungsanlagen, Kühlaggregate, Firmenfahrzeuge, Fahrzeuge des innerbetrieblichen Transports wie Stapler).
  • Scope 2 – indirekte Emissionen über gesourcte Energie, v.a. Strom, Dampf, Fernwärme oder Kälte.
  • Scope 3 – indirekte Emissionen aus der Lieferkette ohne eigene Emissionen: vorgelagert entstehen diese bspw. durch zugekaufte Güter und Dienstleistungen, Investitionsgüter, brennstoff- und energiebezogene Tätigkeiten, Transport und Distribution, betriebliche Abfälle, Geschäftsreisen, Pendeln der Mitarbeiter und Leasingvermögen; nachgelagert bspw. durch Transport und Distribution, Weiterverarbeitung und/oder Verwendung der verkauften Produkte, Entsorgung, Leasingvermögen, Franchising und Investitionen.

Geht man nun von den klassischen Logistikprozessen "Transportieren", "Umschlagen" und "Lagern" (TUL-Logistik) aus, welche zugleich wesentliche Basisprozesse des Supply Chain Managements sind, wird deutlich, dass jener Teil der Treibhausgasemissionen, die für Lagereinrichtungen entfallen, dem Scope 1 und 2 zuzuordnen sind. Im Gegensatz dazu werden außerbetriebliche Transportprozesse (Sektor Verkehr) dem Scope 3 zugeordnet. Folglich erfordert eine holistische SCM-Betrachtung auch eine Betrachtung aller drei Scopes.

Allerdings sind durch die Globalisierung und die internationalen Lieferketten Güterströme entstanden, die nachweislich einen hohen Import an CO2-Emissionen in die USA als auch nach Europa bedeuten. So sind es relativ wenige Unternehmen, welche den Konsumenten beliefern und in USA oder Europa ansässig sind, gegenüber jenen zahlreichen und wachsenden Unternehmen aus Asien, die sowohl die USA und auch Europa beliefern, was beispielsweise China zum größten CO2-Exporteur macht.

Abb. 4: Globale CO2-Exportströme in 2015[6]

Daher wird immer zahlreicher eine Dekarbonisierung von Supply Chains/Lieferketten gefordert bzw. angestrebt. Mögliche Maßnahmen zu einer solchen Dekarbonisierung von Lieferketten sind beispielsweise:[7]

  • Anwendung einer Kreislaufwirtschaft (Circular Economy)
  • Gesunde Ernährung und sorgsamer Umgang mit Lebensmitteln
  • Weniger (Rind-)Fleischkonsum
  • Vermehrte Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel
  • Reduktion des Individualverkehrs
  • Weniger Transportintensität
  • Ökologischerer Transport, etwa auch die Nutzung des kombinierten Verkehrs
  • Nachhaltiges Shopping: auf Qualität und Langlebigkeit achten, keine Produkte kaufen, die bald wieder entsorgt werden
  • Regionale Ressourcen besser nutzen, insbesondere Regional Sourcing verstärken
  • Nutzung grüner, erneuerbarer Energie (Wasser, Wind, Sonne, Erdwärme, …)
  • Energiesparen
  • Veränderung der Lieferkettenstrukturen
  • Einführen ökologischer Standards, etwa für Lieferanten

Auch die COVID19-Krise hat gezeigt, dass durch Verminderung der internationalen Aktivitäten, insbesondere im Verkehr, aber auch in anderen Bereichen starke Reduktionen der CO2-Emissionen möglich sind.[8] Bevor im Sinne des Controllingkreislaufs die Nachhaltigkeit anhand von messbaren Kennzahlen (Sustainability KPIs) gesteuert werden kann, müssen relevante Handlungsfelder in der Lieferkette systematisch identifiziert werden.

[1] Vgl. Pineda et al., 2020, S. 15.
[2] Vgl. Nill et al., 2017, S. 5.
[3] Vgl. Greenhouse Gas Protocol, 2013, S. 6f.
[4] Greenhouse Gas Protocoll, 2013.
[6] World Economic Forum/Boston Consulting Group, 2021, S. 12.
[7] Vgl. dazu auch und Noleppa, 2012, S. 4f. und Fennemann et al., 2018, S. 21ff.; Global 2000, 20...

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