Veräußerung des teilentgeltlich übertragenen Grundstücks

Wird ein vermietetes Objekt oder ein unbebautes Grundstück teilentgeltlich innerhalb von zehn Jahren nach Anschaffung übertragen, löst dies beim Übertragenden hinsichtlich des entgeltlich übertragenden Teils ein steuerpflichtiges Veräußerungsgeschäft nach § 23 EStG aus. Veräußert der Grundstücksübernehmer das teilentgeltlich erworbene vermietete oder unbebaute Grundstück innerhalb von 10 Jahren nach Erwerb, greift auch bei ihm die Besteuerung nach § 23 EStG.

Denn bei teilentgeltlicher Übertragung kann sich ein steuerpflichtiges Veräußerungsgeschäft hinsichtlich des entgeltlich erworbenen Teils ergeben. Hier gilt die sog. Trennungstheorie (BFH, Urteil v. 29.6. 2011, X R 28/12), d.h. der erzielte Veräußerungserlös ist den entgeltlich veräußerten Teil entfallenden Anschaffungskosten gegenüber zu stellen.

Beispiel: Rechtsfolgen nach § 23 EStG

D ist Eigentümer eines unbebauten Grundstücks, das er zum 1.7.2019 für 150.000 EUR angeschafft hat. Er überträgt das Grundstück zum 1.1.2023 auf seinen Sohn E, der das Grundstück bebauen will. Das Grundstück hat zum Übertragungszeitpunkt einen Verkehrswert in Höhe von 200.000 EUR. Entsprechend hat der Sohn seine Schwester F mit 100.000 EUR auszuzahlen. Der Sohn, der das Grundstück ursprünglich bebauen und selbst nutzen wollte, veräußert das Grundstück zum 6.5.2024 für 230.000 EUR an einen Dritten, da er aufgrund einer beruflichen Veränderung seinen Wohnort verlegt.

Rechtsfolgen beim Übertragenden D:

D hat innerhalb des am 1.7.2019 beginnenden zehnjährigen Besteuerungszeitraums (§ 23 Abs. 1 Nr. 1 EStG) das Grundstück teilentgeltlich (zu ½) an seinen Sohn E veräußert und erzielt in diesem Umfang einen steuerpflichtigen Veräußerungsgewinn nach § 23 EStG. Dieser beträgt 100.000 EUR (Teilentgelt) abzüglich der hälftigen Anschaffungskosten von 75.000 EUR = 25.000 EUR. Der unentgeltlich übertragene Teil löst bei F keine Steuerpflicht aus, d.h. die Besteuerungsmerkmale (Anschaffung 1.7.2019 zu 75.000 EUR) gehen auf E als insoweit unentgeltlichem Rechtsnachfolger über (§ 23 Abs. 1 Satz 3 EStG).

Rechtsfolgen beim Grundstücksübernehmer E:

Die Veräußerung des Grundstücks durch E zum 6.5.2024 löst bei ihm eine Steuerpflicht nach § 23 EStG in zweierlei Hinsicht aus:

  1. Bezüglich des entgeltlich erworbenen Teils sind dem anteiligen Veräußerungsentgelt von 115.000 EUR die Anschaffungskosten in Höhe von 100.000 EUR gegenüber zu stellen, so dass sich ein Gewinn von 15.000 EUR ergibt.
  2. Bezüglich des unentgeltlich erworbenen Teils sind dem anteiligen Veräußerungserlös in Höhe von 115.000 EUR die Anschaffungskosten des Rechtsvorgängers in Höhe von 75.000 € gegenüber zu stellen, so dass sich ein Veräußerungsgewinn in Höhe von 40.000 EUR ergibt, denn die Veräußerung erfolgt innerhalb der durch die Anschaffung des Rechtsvorgängers am 1.7.2019 in Gang gesetzten Zehnjahresfrist.

Hinweis: Revisionsverfahren zur Anwendung der sog. Trennungstheorie

Hinsichtlich der Anwendung der sog. Trennungstheorie bei teilentgeltlichen Übertragungen ist aktuell ein Revisionsverfahren beim BFH anhängig.

Überträgt ein Gesellschafter ein in seinem Sonderbetriebsvermögen gehaltenes Wirtschaftsgut in das Gesamthandsvermögen einer anderen Mitunternehmerschaft, an der er ebenfalls beteiligt ist, zu einem unter dem Verkehrswert liegenden Entgelt, stellt sich die Frage, in diesem Fall die sog. strenge Trennungstheorie Anwendung findet, bei der der Vorgang in ein voll unentgeltliches und ein voll entgeltliches Geschäft aufzuteilen und der vorhandene Buchwert des übertragenen Wirtschaftsguts anteilig beiden Geschäften zuzuordnen ist. Das FG Rheinland-Pfalz hat dies bejaht (Urteil v. 14.6.2023, 2 K 1826/20). Hiergegen wurde Revision eingelegt (Az beim BFH IV R 17/23).

Teilentgeltliche Übertragung von GmbH-Anteilen

Die Frage, ob die Trennungstheorie Anwendung findet, stellt sich ferner auch bei der teilentgeltlichen Übertragung von GmbH-Anteilen. Hier hat der BFH aktuell entschieden, dass im Fall der teilentgeltlichen Übertragung von Wirtschaftsgütern des Privatvermögens für einkommensteuerliche Zwecke eine Aufteilung in

  • einen voll entgeltlichen und
  • einen voll unentgeltlichen

Teil nach dem Verhältnis der Gegenleistung zum Verkehrswert der übertragenen Anteile erfolgt. Die Anschaffungskosten werden sodann entsprechend der "Entgeltlichkeitsquote" aufgeteilt. Diese Grundsätze gelten für teilentgeltliche Übertragungen in den Fällen des § 17, des § 20 und auch des § 23 EStG ( BFH, Urteil v. 12.12.2023, IX R 15/23).

Dies widerspricht auch nicht dem Gesetzeswortlaut, denn die Regelungen

  •  in § 17 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 EStG einerseits und
  • in § 17 Abs. 1 Satz 4 und Abs. 2 Satz 5 EStG andererseits

gehen ausdrücklich von einer Unterscheidung zwischen voll entgeltlicher Übertragung und voll unentgeltlicher Übertragung aus. Nur der voll entgeltliche Teil ist i.S.d. § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG veräußert, der voll unentgeltliche Teil der Anteilsübertragung ist es mangels Veräußerungspreises nicht. Die daraus folgende Aufteilung der Anteile in einen voll entgeltlich und einen voll unentgeltlich übertragenen Teil ist keine Besteuerung eines fiktiven Sachverhalts, sondern lediglich ein Hilfsmittel zur Beschreibung der Rechtsfolgen, die das Gesetz an den tatsächlich verwirklichten Sachverhalt knüpft.

Fazit

Das Top-Thema macht deutlich, dass geplante teilentgeltliche Grundstücksübertragungen auch und vor allem vorab unter einkommensteuerlichen Aspekten geprüft werden sollten, um zum einen bestehende Gestaltungsmöglichkeiten zu nutzen, zum anderen aber auch, um möglichen Steuerfallen, die sich durch § 23 EStG durchaus ergeben können, zu entgehen.