Festsetzung von Verspätungszuschlägen bei Rentnern

Der Deutsche Steuerberaterverband e.V. (DStV) macht darauf aufmerksam, dass es aus der Praxis Hinweise auf eine ungleiche Festsetzung von Verspätungszuschlägen (§ 152 AO) bei der Veranlagung von Rentnern gebe.

Hintergrund: Ausnahme vom automatischen Verspätungszuschlag bei Rentnern

Das Gesetz zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens (BGBl 2016, S. 1679) normierte die Regelung zum automatischen Verspätungszuschlag (§ 152 Abs. 2 AO). Grundsätzlich greift dieser, wenn Steuererklärungen, die sich auf ein Kalenderjahr oder einen gesetzlich festgelegten Zeitpunkt beziehen, nicht binnen 14 Monaten nach Ablauf des betreffenden Kalenderjahrs bzw. Zeitpunkts eingereicht werden. § 152 Abs. 5 Satz 3 AO sieht eine Ausnahme von diesem Automatismus vor: Fordert die Finanzbehörde einen Erklärungspflichtigen erstmals nach Ablauf der gesetzlichen Erklärungsfrist zur Abgabe der Steuererklärung auf, so ist der Verspätungszuschlag nur für die Monate zu berechnen, die nach Ablauf der gesetzten Frist begonnen haben. Dies gilt, sofern der Steuerpflichtige bis dahin davon ausgehen konnte, keine Steuererklärung abgeben zu müssen. Das Zusammenspiel dieser Regelungen führe in der Praxis bei der Besteuerung von Rentnern zu ungleicher Festsetzung von Verspätungszuschlägen.

Ausweislich der Beschlussempfehlung des Finanzausschusses des Deutschen Bundestags zielt die eingangs erwähnte Verschonungsregelung (§ 152 Abs. 5 Satz 3 AO) insbesondere auf Rentner ab. Genauer gesagt auf solche, die in der Vergangenheit vom zuständigen Finanzamt zunächst eine Nichtveranlagungs-Bescheinigung oder eine Mitteilung, künftig nicht mehr erklärungspflichtig zu sein, erhalten haben und dann später vom Finanzamt nach Ablauf der gesetzlichen Erklärungsfrist zur Abgabe einer Steuererklärung (für unter Umständen länger zurückliegende Zeiträume) aufgefordert werden. Eine verzögerte Auswertung der Rentenbezugsmitteilungen seitens der Finanzverwaltung soll sich – gemäß der Beschlussempfehlung des Finanzausschusses – in diesen Fällen nicht zu Lasten der betroffenen Rentner auswirken (vgl. BT-Drs. 18/8434, S. 113 f.). Die Verschonungsregelung räumt den Betroffenen im Ergebnis eine rückwirkende Fristverlängerung ein.

Verspätungszuschläge bei Einreichung einer Steuererklärung ohne besondere Aufforderung der Finanzverwaltung

Ein rechtssystematisches Problem ergibt sich, wenn ein Rentner – ohne gesonderte Aufforderung des Finanzamts – feststellt, für zurückliegende Veranlagungszeiträume eine Steuererklärung abgeben zu müssen. Dies könnte z. B. aufgrund von Rentenanpassungen der Fall sein. Reicht der Rentner sodann die ausstehenden Steuererklärungen ordnungsgemäß ein, greift bei länger zurückliegenden Veranlagungszeitraum der automatische Verspätungszuschlag. Hätte der gleiche Rentner dies nicht selbstständig erkannt und das Finanzamt hätte sie bzw. ihn erstmalig zur Abgabe aufgefordert, würde der automatische Verspätungszuschlag aufgrund der besonderen Verschonungsregelung nicht zum Tragen kommen (§ 152 Abs. 5 Satz 3 AO). Im Ergebnis entsteht so eine Ungleichbehandlung zwischen Rentenbeziehenden, die eigeninitiativ eine Steuererklärung abgeben, gegenüber denjenigen, die auf die Aufforderung seitens des Finanzamtes warten.

Vorschlag zur Beseitigung der Ungleichbehandlung

Die Ungleichbehandlung der Steuerpflichtigen zu Lasten derjenigen, die ihre Steuererklärungen auch ohne finanzamtsseitige Aufforderung abgeben, ist aus Sicht des DStV ein Missstand, der dringend beseitigt werden sollte. Die Lösung könnte nach Wahrnehmung des DStV untergesetzlich im Wege der teleologischen Auslegung des § 152 Abs. 5 Satz 3 AO i.V.m. § 109 Abs. 1 Satz 2 AO gefunden werden. Das Ziel des Gesetzgebers war es, wie oben dargelegt, die grundsätzliche Verschonung der Rentnerveranlagungsfälle von dem Fallbeileffekt des seinerzeit neu eingeführten automatischen Verspätungszuschlags zu gewährleisten. Die Koalitionspartner haben sich auf diese Ausnahme im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens erst kurzfristig, am Ende der Verhandlungen des Finanzausschusses verständigt. Insofern liegt es nahe, dass die vorgenannte, nicht geregelte Fallkonstellation in der Eile übersehen wurde. Anhaltspunkte, die auf eine beabsichtigte Ungleichbehandlung hindeuten, sind nicht ersichtlich. Insofern dürften im Sinne des Zwecks der Norm auch die Steuerpflichtigen verschonungswürdig sein, die ihre Steuererklärungen später ohne Aufforderung des Finanzamts abgeben.

Hinweis: Unbemerkte Entstehung der Erklärungspflicht

Der Verband weist in diesem Zusammenhang auch darauf hin, dass viele Rentner ganz und gar unbemerkt in die Erklärungspflicht rutschen. So dürfte vielen nicht bewusst sein, dass beispielsweise Rentenerhöhungen nicht mehr von ihrem individuellen Rentenfreibetrag gedeckt sind. Auch wenn der Lebenspartner stirbt, kann sich dies auf die Erklärungspflicht auswirken, ohne dass der Betroffene unmittelbar daran denkt. Schließlich gehen gerade solche persönlichen Verluste oftmals mit einer drastischen Umstellung der bisherigen Lebensweise einher. Diese Gruppe an Steuerpflichtigen ist daher besonders schutzwürdig.


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