Leitsatz (amtlich)

  • 1.

    Ungeladene und nicht ohne weiteres mit bereitliegender Munition ladbare Schusswaffen sind keine Waffen im Sinne des § 244 Abs. 1 Nr. 1 a StGB. Allgemein unterfallen § 244 Abs. 1 Nr. 1a StGB nur objektiv gefährliche Werkzeuge. Bei einer Verurteilung wegen eines Diebstahls mit Waffen sind folglich Feststellungen erforderlich, die sich nicht schlicht in der Feststellung des Bei-Sich-Führens einer Schusswaffe erschöpfen.

  • 2.

    Zu den Anforderungen an die Feststellungen, hinsichtlich des "Bei-sich-Führens" einer Waffe bei einem Polizeibeamten.

 

Verfahrensgang

LG Bochum (Entscheidung vom 07.06.2006)

 

Tenor

Das angefochtene Urteil wird mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Bochum zurückverwiesen.

 

Gründe

I.

Das Amtsgericht hat den Angeklagten, der Polizeibeamter ist, vom Vorwurf des Diebstahls mit Waffen frei gesprochen. Auf die dagegen gerichtete Berufung der Staatsanwaltschaft hat das Landgericht den Angeklagten wegen Diebstahls mit Waffen zu sieben Monaten Freiheitsstrafe verurteilt, deren Vollstreckung das Gericht zur Bewährung aussetzte. Dagegen richtet sich nunmehr die Revision des Angeklagten. Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, das angefochtene Urteil teilweise aufzuheben. Die Revision des Angeklagten hatte Erfolg.

II.

Das Landgericht hat im Wesentlichen folgende tatsächliche Feststellungen getroffen:

Der Angeklagte nahm am Vormittag des 13. Mai 2005 an der Durchsuchung des Hauses der Zeugin S. teil. Zuvor hatte er am Vorabend eine ernsthafte und unausgetragen gebliebene eheliche Auseinandersetzung mit seiner Ehefrau erlebt. Auch ein klärendes Gespräch, das der Angeklagte per Mobiltelefon zu Beginn der Durchsuchung zu führen versuchte, wies seine Ehefrau zurück. Über die anstehende Durchsuchung wusste der Angeklagte, dass bei der Zeugin unter anderem Uhren gesucht wurden. Der unter seinen Kollegen für das Vergessen von Gegenständen bekannte Angeklagte trug seine Dienstwaffe M 440 686 und hielt in dem von ihm gefahrenen Dienstwagen auf dem Rücksitz eine schwarze private Schreibmappe bereit, die er auch dienstlich nutzte. Während der Durchsuchung zu einem nicht genau bestimmbaren Zeitpunkt, als sich die an der Durchsuchung weiter teilnehmenden Beamten nicht mit im gleichen Raum befanden, entnahm der unbestrafte Angeklagte "kurz entschlossen" vier Armbanduhren im Verkaufswert von insgesamt 42,95 EUR aus einem im Wohnzimmer in der hinteren Ecke zwischen den Sofas befindlichen Schmuckkasten und steckte diese ein. Er ging sodann zu seinem Dienstwagen und verbrachte die Armbanduhren in seine private Dienstmappe. Dabei war ihm der Zeuge B. gefolgt, der das Verhalten des Angeklagten bei der Durchsuchung als ungewöhnlich empfunden hatte, weil sich dieser in einer Phase, in der man auf den für die weitere Durchsuchung erforderlichen Anruf einer Staatsanwältin wartete, nicht zu den weiteren Durchsuchungsteilnehmern gesellte.

Dieses Geschehen hat das Gericht als Diebstahl mit Waffen gemäß §§ 242, 244 Abs. 1 Nr. 1 a StGB gewertet. In Abwägung aller Umstände hielt es die siebenmonatige Freiheitsstrafe für angemessen, die es zur Bewährung ausgesetzt hat.

III.

Die Feststellungen des Tatgerichts tragen den Schuldspruch wegen eines Diebstahls mit Waffen nicht:

1.

Die Revision rügt zu Recht, dass sich aus den tatsächlichen Feststellungen der objektive Tatbestand eines Diebstahls mit Waffen nach §3 244 Abs. 1 Nr. 1a, 242 StGB nicht ergibt.

Nach überwiegenden Meinung in Rechtsprechung und Literatur sind ungeladene und nicht ohne weiteres mit bereitliegender Munition ladbare Schusswaffen keine Waffen im Sinne des § 244 Abs. 1 Nr. 1 a StGB (vgl. BGHSt 45, 249, 250; Tröndle/Fischer, StGB, 54. Aufl., § 244 Rn. 3b, jeweils mit weiteren Nachweisen). Allgemein unterfallen § 244 Abs. 1 Nr. 1a StGB nur objektiv gefährliche Werkzeuge (siehe Tröndle/Fischer, a.a.O., § 244 Rn. 3c, mit weiteren Nachweisen). Es sind folglich Feststellungen erforderlich, die sich nicht schlicht in der Feststellung des Bei-Sich-Führens einer Schusswaffe erschöpfen.

Das Landgericht hat jedoch nur festgestellt, dass der Angeklagte seine Dienstwaffe bei sich trug. Über deren Ladezustand ist nichts mitgeteilt oder festgestellt. Auch zur Verfügbarkeit von Munition sind keine Feststellungen getroffen. Es könnte allein die Vermutung angestellt werden, dass eine bei einem Einsatz mitgeführte Waffe auch geladen sein müsse. Vermutungen genügen jedoch gemäß § 261 StPO nicht als Urteilsgrundlage (BGHSt 29, 18, 20 mit weiteren Nachweisen; BGH, Beschluss vom 15. Juli 2005 mit weiteren Nachweisen und Meyer-Goßner, StPO, 49. Aufl. § 261 Rn. 2).

2.

Auch hinsichtlich des erforderlichen Tatvorsatzes bzw. des erforderlichen bewussten Bei-Sich-Führens der Dienstwaffe tragen die tatrichterlichen Feststellungen den Schuldspruch nicht.

Zwar kann die prinzipielle Anwendbarkeit des Tatbestands auf Polizeib...

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