rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Berücksichtigung der Fahrten eines angestellten Möbelmonteurs zu einem an einem Sammelpunkt auf öffentlichen Straßen abgestellten LKW des Arbeitgebers nach Dienstreisegrundsätzen. weiträumiger geografischer Bereich kein „weiträumiges Tätigkeitsgebiet” im Sinne des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4a Satz 3 EStG

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Wird der betriebliche Lastwagen eines angestellten Möbelmonteurs täglich an einem Sammelpunkt an wechselnden öffentlichen Parkplätzen an einem bestimmten Ort abgestellt und wird von diesem Ort aus mit dem Lastwagen alle vier Tage zum Zentrallager des Arbeitsgebers und ansonsten täglich zu den Kunden und wieder zurück zu dem Sammelpunkt gefahren, so hat der Möbelmonteur keine „erste Tätgkeitsstätte” im Sinne des § 9 Abs. 4 EStG.

2. Wird der Möbelmonteur in einem weiträumigen geografischen Bereich (hier: „Mecklenburg-Vorpommern, gesamte Ostseeküste Schleswig-Holsteins bis nach Hamburg”) tätig, so sind die Voraussetzungen eines „weiträumigen Tätigkeitsgebietes” im Sinne des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4a Satz 3 EStG mangels einer vom Arbeitgeber festgelegten Fläche, innerhalb der der Monteur seine vereinbarte Arbeitsleistung erbringen soll, nicht erfüllt. Die Fahrten des Monteurs mit dem privaten Pkw zum Abstellort des Lkw sind daher nach Reisekostengrundsätzen zu berücksichtigen.

 

Normenkette

EStG 2016 § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4a Sätze 1, 3, Abs. 4 Sätze 1-3, Abs. 1 S. 1

 

Tenor

Hinsichtlich der Klägerin wird die ihr gegenüber ergangene Einspruchsentscheidung vom 28.02.2019 aufgehoben.

Hinsichtlich des Klägers werden abweichend von dem angefochtenen Bescheid für 2016 vom 23.10.2017 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 28.02.2019 weitere Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit i. H. v. 3.841,50 EUR und abweichend von dem angefochtenen Bescheid für 2017 vom 15.05.2018 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 28.02.2019 weitere Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit i. H. v. 3.892,20 EUR berücksichtigt.

Die Berechnung der festzusetzenden Beträge wird dem Beklagten übertragen.

Die Kosten des Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten für die Kläger vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung der Kläger gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Kläger zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob Werbungskosten des Klägers für Fahrten mit dem eigenen Pkw zu einem Treffpunkt zum Zwecke der Arbeitsaufnahme als Wegstreckenentschädigung oder lediglich in Höhe der Entfernungspauschale zu berücksichtigen sind.

Die verheirateten Kläger wurden in den Streitjahren zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Die Kläger erzielten jeweils Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Der Kläger erzielte darüber hinaus auch – hier nicht streitige – Einkünfte aus Gewerbebetrieb.

Der Kläger war in den Streitjahren bei der … GmbH in A…. als Möbelmonteur angestellt. Nach dem im Klageverfahren vorgelegten Arbeitsvertrag war Haupteinsatzgebiet des Klägers die Region Norddeutschland.

In der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2016 machten die Kläger für Fahrten zwischen Wohnung (…) und erster Tätigkeitsstätte (A….) des Klägers eine Entfernungspauschale i. H. v. … EUR geltend. Diese setzte sich aus Fahrten mit dem eigenen Pkw (106 Tage × …km × 0,30 EUR = … EUR) und Kosten für eine Fahrgemeinschaft (118 Tage × … km × 0,30 EUR = … EUR, begrenzt auf 4.500,– EUR) zusammen.

Der Kläger legte dazu eine Bestätigung seines Arbeitgebers vom 27.07.2015 vor, nach der er den von ihm genutzten Lkw nicht zur Heimfahrt nutzen dürfe, sondern diesen in A…. abstellen müsse.

Nach einer weiteren Bestätigung des Arbeitgebers des Klägers vom 28.03.2017 habe der Kläger im Jahr 2016 an insgesamt 197 Tagen Auslieferungsware im Zentrallager in A… geladen.

Auf Anfrage des Beklagten erklärte der Arbeitgeber des Klägers mit dem Schreiben vom 14.06.2017, dass dem Kläger für die Fahrten von S… (Sammelstelle) nach A…. (Firmensitz) ein Firmenfahrzeug zur Verfügung stehe. Das Firmenfahrzeug werde täglich an der Sammelstelle in S… abgestellt. Mit der E-Mail vom 11.10.2017 teilte der Arbeitgeber ergänzend mit, dass sich die Sammelstelle in W… befinde und das Abstellen vom Arbeitgeber festgelegt worden sei. Mit weiteren E-Mails vom 25.10.2017 und 02.11.2017 präzisierte der Arbeitgeber seine Angaben dahingehend, dass das Unternehmen in W… keine betriebseigene Sammelstelle habe. Mit dem Kläger sei vielmehr vereinbart worden, dass dieser mit dem Firmenfahrzeug bis maximal W… fahren dürfe. Der Kläger stelle das Fahrzeug auf einem von ihm frei wählbaren öffentlichen Parkplatz ab.

Mit dem Bescheid für 2016 vom 23.10.2017 setzte der Beklagte die Einkommensteuer auf … EUR fest. Der Beklagte berücksichtigte bei den Einkünften des Klägers aus nicht...

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