Versicherungsbezirk kein weiträumiges Arbeitsgebiet

Der einem angestellten Versicherungskaufmann zugewiesene Versicherungsbezirk stellt kein weiträumiges Tätigkeitsgebiet i. S. v. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4a Satz 4 EStG dar.

Das FG Berlin-Brandenburg stellt klar, dass ein weiträumiges Tätigkeitsgebiet voraussetzt, dass die vertraglich vereinbarte Arbeitsleistung auf einer festgelegten Fläche und nicht innerhalb einer ortsfesten betrieblichen Einrichtung des Arbeitgebers, eines verbundenen Unternehmens (§ 15 AktG) oder bei einem vom Arbeitgeber bestimmten Dritten ausgeübt werden soll.

Versicherungsbezirk eines Versicherungskaufmanns 

Der Steuerpflichtige war in den Streitjahren als angestellter Versicherungskaufmann tätig und Bezirksbeauftragter im Werbebereich der Geschäftsstelle D. Ihm war für seine Tätigkeit ein Bezirk im Raum D zugewiesen. Aufgrund dieser Zuweisung hatte der Steuerpflichtige eine Zweitwohnung in D sowie ein Büro in E angemietet.  Im Streitfall ging es nun unter anderem um die Frage, ob der dem Steuerpflichtigen zugewiesene Versicherungsbezirk – so das FA – als weiträumiges Arbeitsgebiet im Sinne von § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4a Satz 4 EStG anzusehen ist, mit der Folge, dass Fahrtkosten auf die Höhe der Entfernungspauschale begrenzt werden.

Kein weiträumiges Tätigkeitsgebiet 

Nach erfolglosem Einspruchsverfahren gab das FG der Klage in diesem Punkt statt. Es entschied, dass der dem Steuerpflichtigen zugewiesene Versicherungsbezirk kein weiträumiges Tätigkeitsgebiet i. S. d. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4a Satz 4 EStG darstellt, bei dessen Vorliegen die Fahrten von der Wohnung zum Tätigkeitsgebiet als Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte anzusehen wären. 

Ein weiträumiges Tätigkeitsgebiet liegt in Abgrenzung zur ersten Tätigkeitsstätte vor, wenn die vertraglich vereinbarte Arbeitsleistung auf einer festgelegten Fläche und nicht innerhalb einer ortsfesten betrieblichen Einrichtung des Arbeitgebers, eines verbundenen Unternehmens (§ 15 AktG) oder bei einem vom Arbeitgeber bestimmten Dritten ausgeübt werden soll. Dies trifft beispielsweise zu auf Zusteller, Hafenarbeiter oder Forstarbeiter. Dagegen findet die gesetzliche Regelung keine Anwendung z.B. bei Schornsteinfegern, Bezirksleitern und Vertriebsmitarbeitern, die verschiedene Niederlassungen betreuen oder mobilen Pflegekräften, die verschiedene Personen in deren Wohnungen in einem festgelegten Gebiet betreuen. Denn diese werden zwar innerhalb eines ihnen zugewiesenen Gebietes tätig, die Tätigkeit wird jedoch nicht gebietsbezogen, sondern an wechselnden Orten auf diesem Gebiet (z.B. in Wohnungen oder sonstigen Einrichtungen) ausgeübt. 

Entsprechendes gilt im Streitfall auch für den Steuerpflichtigen , dessen Tätigkeit innerhalb des ihm zugewiesenen Bezirks insbesondere in Kundenbesuchen bestand und damit in einer Tätigkeit, die in den Wohnungen der Kunden stattfand, die in dem Versicherungsbezirk ansässig waren.

Revision wurde zugelassen 

Die Regelung zum weiträumigen Arbeitsgebiet in § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4a Satz 4 EStG wurde erstmals mit Einführung der neuen Reisekostenregelungen ab Veranlagungszeitraum 2014 mit in das Gesetz aufgenommen. Da sich zu dieser Begriffsdefinition noch keine höchstrichterliche Rechtsprechung entwickelt hat, wurde vom FG die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.

FG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 9.4.2019, 5 K 5269/17, Haufe Index 13161088