Übernahme von Bußgeldern ist steuerpflichtiger Arbeitslohn

Übernimmt der Arbeitgeber die gegen angestellte Fahrer verhängten Bußgelder wegen Verkehrsverstößen, liegt Arbeitslohn vor - Änderung der Rechtsprechung.

Hintergrund

Mit dem aktuellen Urteil hat der BFH seine arbeitgeberfreundliche Rechtsprechung zur Übernahme bzw. Erstattung von Sanktionen durch den Arbeitgeber für Fehlverhalten seiner Arbeitnehmer geändert.

Der Spediteur S hatte Bußgelder, die gegen seine Fahrer wegen Überschreitung von Lenkzeiten und Nichteinhaltung von Ruhezeiten festgesetzt wurden, bezahlt, ohne dafür Lohnsteuer einzubehalten. S hatte seine Fahrer angewiesen, entsprechende Verstöße zu begehen, wenn dies zur Einhaltung von Terminen nötig war.

Das FA unterwarf diese Zahlungen der Lohnsteuer und nahm S dafür in Anspruch. Die gegen den Nachforderungsbescheid erhobene Klage wies das FG mit der Begründung zurück, anders als bei einem Verstoß gegen ein Parkverbot handele es sich hier um schwerwiegende Verstöße, bei denen das Eigeninteresse des Arbeitnehmers nicht vernachlässigt werden könne.

Entscheidung

Der BFH wies die Revision des S zurück.

Eine Lohnzuwendung liegt nicht vor, wenn das Interesse des Arbeitnehmers gegenüber dem des Arbeitgeber in den Hintergrund tritt. Ist aber - neben dem eigenbetrieblichen  Interesse des Arbeitgebers - ein nicht unerhebliches Interesse des Arbeitnehmers gegeben, liegt die Vorteilsgewährung nicht im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers und führt zur Lohnzuwendung. Kein Arbeitslohn liegt nur vor, wenn sich der Vorteil bei objektiver Würdigung aller Umstände nicht als Entlohnung, sondern lediglich als notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzung erweist.

Zu solchen notwendigen Begleiterscheinungen betriebsfunktionaler Zielsetzungen zählen gegen die Rechtsordnung verstoßende, mit Bußgeldern belegte rechtswidrige Weisungen des Arbeitgebers nicht. Der BFH schließt sich damit der im Schrifttum überwiegend geäußerten Kritik an seinem Urteil v. 7.6.2004, VI R 29/00 an. In diesem Urteil hatte der BFH noch vertreten, die Übernahme von Verwarnungsgeldern wegen Verletzung des Halteverbots könne im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers liegen und stelle keinen Arbeitlohn dar.

Hinweis

Die Übernahme von Sanktionen durch den Arbeitgeber führt daher nicht nur dann zu Arbeitslohn, wenn es sich - wie hier - um schwerwiegende Verstöße (Verletzung von Lenk-/Ruhezeiten) handelt, sondern auch bei relativ geringfügigen Verstößen (Missachtung des Halteverbots). Die bisherige insoweit arbeitgeberfreundliche Rechtsprechung ist aufgegeben.

Unerheblich ist auch, ob der Arbeitgeber das rechtswidrige Verhalten angewiesen hat oder anweisen darf. Der BFH hebt hervor, dass auf einem solchen rechtswidrigen Tun der Betrieb auch nicht teilweise gründen kann und daher keine beachtlichen betriebsfunktionalen Gründe vorliegen können.

Schlussendlich erwähnt der BFH noch, dass es im Streitfall im Rahmen der Gesamtwürdigung nicht nur um gelegentliche und geringfügige Verstöße ging (Bußgeldbescheide gegen einzelne Fahrer über rund 2.950 EUR und 3.640 EUR). Daraus dürfte zu schließen sein, dass bei nur gelegentlichen und geringfügigen Verstößen, d.h. in nur ganz untergeordneten Fällen, eine großzügigere Beurteilung nicht ausgeschlossen ist und insoweit kein Arbeitslohn vorliegen könnte. 

BFH, Urteil v. 14.11.2013, VI R 36/12 (veröffentlicht am 22.01.2014)


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