Steuerermäßigung bei Belastung mit ErbSt

Die nach § 35b Satz 1 EStG begünstigten Einkünfte müssen aus der Veräußerung eines Vermögensgegenstandes herrühren, der sowohl von Todes wegen erworben worden ist als auch tatsächlich der ErbSt unterlegen hat.

Hintergrund: Gewinn aus der Veräußerung geerbter/geschenkter Geschäftsanteile

X und sein Vater gründeten in 2008 eine GmbH. Der Vater brachte sein Einzelunternehmen in die GmbH ein. X war zu 49% und sein Vater zu 51% beteiligt. Aufgrund des persönlichen Freibetrags des X nach § 16 ErbStG (400.000 EUR) fiel für ihn keine SchenkSt an. In 2009 starb der Vater. Durch Vermächtnisse erwarb X die restlichen Anteile. Im Streitjahr 2011 veräußerte er sämtliche Geschäftsanteile und erzielte einen Veräußerungsgewinn nach § 17 EStG. Daraufhin wurde ErbSt festgesetzt.

Das FA gewährte bei der ESt-Festsetzung für 2011 die Steuerermäßigung nach § 35b EStG nicht in der von X beantragten Höhe. Das FG gab der Klage teilweise statt. Es ging davon aus, begünstigt seien nur Vermögensteile, die als Erwerb von Todes wegen der ErbSt unterlegen hätten. Nicht begünstigt seien dagegen Vorerwerbe durch Schenkung. Es komme daher nur eine anteilige Ermäßigung nach § 35b EStG in Betracht. Der Erwerb von Todes wegen sei im Rahmen des § 35b Satz 1 EStG aber nicht um den persönlichen Freibetrag nach § 16 ErbStG zu mindern. Dieser werde bei der Ermittlung des Ermäßigungsprozentsatzes nach § 35b Satz 2 EStG zu Ungunsten des Steuerpflichtigen hinzugerechnet und bleibe deshalb bei der Anwendung von § 35b EStG Satz 1 EStG außer Betracht.

Entscheidung: Begünstigung des Gewinns aus der Veräußerung mit ErbSt belasteter Anteile

§ 35b EStG erfasst Fälle, in denen der von Todes wegen hinzu erworbene Vermögensgegenstand – z.B. nach einer steuerpflichtigen Veräußerung – mit seinem Wert zusätzlich der ESt unterworfen ist. Nicht nach § 35b Satz 1 EStG begünstigt sind dagegen solche Einkünfte, die sich aus (der Veräußerung von) Vermögensgegenständen ergeben, die einer Vorbelastung mit SchenkSt unterlegen haben. Zwar kann es auch insoweit zu einer Doppelbelastung mit ErbSt und ESt kommen. Der Wortlaut ist aber insofern eindeutig.

Werden sowohl Anteile veräußert, die im Wege der Erbfolge erworben worden sind, als auch Anteile, die nicht im Wege der Erbfolge (oder nicht in dem in § 35b EStG vorgesehenen zeitlichen Zusammenhang mit der Erbfolge) erworben wurden, muss der steuerpflichtige Veräußerungsgewinn aufgeteilt werden. Begünstigt ist der Veräußerungsgewinn nur insoweit, als er sich aus der Veräußerung der mit ErbSt belasteten Anteile ergibt. Folglich ist – entgegen der Auffassung des FG – der persönliche Freibetrag nach § 16 ErbStG in Abzug zu bringen.

Aufteilung des erbschaftsteuerlichen Freibetrags

Sind in die Bemessungsgrundlage der ErbSt sowohl nach § 35b Satz 1 EStG begünstigte, als auch nach § 35b Satz 1 EStG nicht begünstigte "Einkünfte" eingegangen, ist der persönliche Freibetrag gemäß § 16 ErbStG im Verhältnis der Einkünfte zueinander aufzuteilen und anteilig bei den jeweiligen Einkünften abzuziehen. Die gegenteilige Ansicht des X, wonach der persönliche Freibetrag nach § 16 ErbStG vorrangig bis zur Höhe des Vorerwerbs von diesem abzuziehen ist, findet in § 35b Satz 1 EStG keine Grundlage.

Ermittlung der anteiligen Est

Die auf die begünstigten Einkünfte anteilig entfallende ESt ist nach dem Verhältnis der begünstigten Einkünfte zur Summe der Einkünfte zu ermitteln. Der in § 34c Abs. 1 Satz 2 EStG vorgesehene Aufteilungsmaßstab (Aufteilung der ESt im Verhältnis der betreffenden Einkünfte zur Summe der Einkünfte) lässt sich auf § 35b EStG übertragen. Um die ESt auf die begünstigten Einkünfte zu berechnen, ist daher der Betrag der um die sonstigen Steuerermäßigungen gekürzten tariflichen ESt mit dem Quotienten aus dem Betrag der begünstigten Einkünfte und dem Betrag der Summe der Einkünfte zu multiplizieren.

Ermittlung des Ermäßigungsprozentsatzes

Bei der Ermittlung des Prozentsatzes nach § 35b Satz 2 EStG ist der persönliche Freibetrag nach § 16 ErbStG dem steuerpflichtigen Erwerb im Grundsatz in voller Höhe hinzuzurechnen. Sind in die Bemessungsgrundlage der ErbSt sowohl nach § 35b Satz 1 EStG begünstigte, als auch nach § 35b Satz 1 EStG nicht begünstigte "Einkünfte" eingegangen und ist der persönliche Freibetrag nach § 16 ErbStG deshalb bei der Ermittlung der nach § 35b Satz 1 EStG begünstigten Einkünfte verhältnismäßig aufgeteilt worden, ist nur der anteilige Freibetrag nach § 16 ErbStG hinzuzurechnen. Der Ermäßigungsprozentsatz ermittelt sich dann durch Gegenüberstellung der anteilig auf die von Todes wegen erworbenen Vermögensteile entfallende ErbSt und dem Be-trag, der sich ergibt, wenn dem anteiligen steuer-pflichtigen Erwerb (§ 10 Abs. 1 ErbStG) der anteilige Freibetrag nach § 16 ErbStG hinzugerechnet wird.

Hinweis: Anteilige Berücksichtigung des erbschaftsteuerlichen Freibetrags

Der BFH stellt klar, dass Vorerwerbe aufgrund von Schenkungen nicht zu berücksichtigen sind, auch wenn es erst durch Zusammenrechnung mit Erwerben von Todes wegen zu einer ErbSt-Festsetzung kommt und dass der erbschaftsteuerliche Freibetrag anteilig bei den begünstigten Einkünften abzuziehen ist.

BFH, Urteil v. 13.3.2018, IX R 23/17, veröffentlicht am 20.8.2018.