Keine Steuerermäßigung für Straßenreinigung und Werkstattarbeiten

Die Reinigung der Fahrbahn einer öffentlichen Straße ist – anders als die Reinigung des öffentlichen Gehwegs vor dem Haus – nicht als haushaltsnahe Dienstleistung begünstigt. Bei in der Werkstatt eines Handwerkers erbrachten Leistungen liegt keine begünstigte Handwerkerleistung vor.

Hintergrund: Straßenreinigung und Reparatur eines Hoftors

A machte für 2009 Kosten für die Straßenreinigung (100 EUR) als haushaltsnahe Dienstleistungen sowie Aufwendungen für Tischlerarbeiten (Lohnkosten 980 EUR) als Handwerkerleistungen nach § 35a EStG geltend. Die Straßenreinigung (Fahrbahn und Gehweg) wurde vom Land (Berlin) als öffentliche Aufgabe für die Anlieger durchgeführt. Die Kosten hatten die Anlieger zu 75 % zu tragen. Bei den Tischlerarbeiten handelte es sich um die Reparatur eines Hoftors, das vom Tischler ausgebaut, in seiner Werkstatt repariert und anschließend wieder eingebaut wurde.

Das FA berücksichtigte die Aufwendungen nicht. Das FG hingegen gab der Klage statt. Da die Straßenreinigungskosten zu 75 % abgewälzt würden, verbleibe die Reinigungsverpflichtung bei den Anliegern. Für die Reparatur des Hoftors sei ausreichend, dass der Leistungserfolg – der Einbau – im häuslichen Bereich eingetreten sei.

Entscheidung: Fahrbahnreinigung und Werkstattleistungen sind nicht begünstigt

Der Begriff der haushaltsnahen Dienstleistung wird in § 35a Abs. 2 Satz 1 EStG nicht definiert. Der BFH verlangt, dass die Leistungen eine hinreichende Nähe zur Haushaltsführung aufweisen bzw. damit im Zusammenhang stehen. Dazu gehören hauswirtschaftliche Verrichtungen, die gewöhnlich durch Mitglieder des privaten Haushalts oder entsprechend Beschäftigte erledigt werden und in regelmäßigen Abständen anfallen (BFH v. 13.7.2011, VI R 61/10, BStBl II 2012, 232). Dabei kann nach dem räumlich-funktionalen Haushaltsbegriff (BFH v. 21.2.2018, VI R 18/16, BStBl II 2018, 641, Rz 14 f.) auch die Inanspruchnahme von Diensten, die jenseits der Grundstücksgrenze auf fremdem, beispielsweise öffentlichem Grund geleistet werden, als haushaltsnahe Dienstleistung begünstigt sein. Auch hierbei muss es sich jedoch um Tätigkeiten handeln, die ansonsten üblicherweise von Familienmitgliedern erbracht und in unmittelbarem räumlichen Zusammenhang zum Haushalt durchgeführt werden und dem Haushalt dienen.

Nur die Gehwegreinigung ist begünstigt

Hiervon ausgehend sind die Kosten des Eigentümers oder Mieters für die Reinigung des Gehwegs begünstigt. Denn diese Dienstleistungen sind notwendiger Annex zur Haushaltsführung. Die auf den Gehweg entfallenden Kosten sind daher nicht nur, soweit sie auf Privatgelände entfallen, sondern in vollem Umfang, d.h. auch für den in öffentlichem Eigentum stehenden Gehwegbereich, nach § 35a Abs. 2 Satz 1 EStG begünstigt.

Die Reinigung der Fahrbahn ist keine haushaltsnahe Dienstleistung

Anders ist es für die Reinigung der Fahrbahn. Dabei handelt sich nicht um eine hauswirtschaftliche Verrichtung, die gewöhnlich durch Mitglieder des privaten Haushalts oder entsprechend Beschäftigte erledigt wird. In Städten obliegt die Reinigung der Fahrbahn regelmäßig der Gemeinde als öffentliche Aufgabe und wird von dieser gegen Kostenbeteiligung der Anlieger im Rahmen der Daseinsvorsorge erbracht. Auch wenn in vielen kleineren Gemeinden die Reinigung der Fahrbahn ebenfalls auf die Anlieger abgewälzt wird, kann nach Auffassung des BFH nicht gesagt werden, dass die Fahrbahnreinigung (anders als die Reinigung des Gehwegs) "gewöhnlich" durch Mitglieder des privaten Haushalts oder entsprechend Beschäftigte erfolgt. Außerdem fehlt es bei der öffentlichen Fahrbahn an dem räumlich-funktionalen Zusammenhang zum Haushalt. Dieser endet an der "Bordsteinkante", d.h. mit dem öffentlichen Gehweg.

Nur im Bereich des Haushalts erbrachte Handwerkerleistungen sind begünstigt

Nach dem räumlich-funktionalen Haushaltsbegriff können begünstigte Handwerkerleistungen auch jenseits der Grundstücksgrenze auf fremdem (öffentlichen) Grund erbracht werden. Sie müssen jedoch – ebenso wie die haushaltsnahen Dienstleistungen – in unmittelbarem räumlichen Zusammenhang zum Haushalt durchgeführt werden und dem Haushalt dienen (BFH v. 20.3.2014, VI R 55/12, BStBl II 2014, 880, und v. 20.3.2014, VI R 56/12, BStBl II 2014, 882; BMF v. 9.11.2016, BStBl I 2016, 1213, Rz 2). Eine teilweise in der Werkstatt erbrachte Leistung kann daher nicht in vollem Umfang begünstigt sein.

Keine Begünstigung der Werkstattkosten

Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 35a Abs. 3 Satz 1 EStG sind Leistungen, die außerhalb des Haushalts erbracht werden, nicht begünstigt, auch wenn sie für den Haushalt erbracht werden. Entscheidend ist die tatsächliche Erbringung der Leistung. Daher ist eine Handwerkerleistung, soweit sie an einem Haushaltsgegenstand in der Werkstatt des Handwerkers erbracht wird, nicht begünstigt. Denn sie weist lediglich einen funktionalen, nicht auch einen unmittelbaren räumlichen Zusammenhang mit dem Haushalt auf. Ob der Leistungserfolg im Haushalt erzielt wird, ist unerheblich.

Aufteilung der entstandenen Kosten

Der BFH hob das FG-Urteil auf und verwies die Sache zur weiteren Sachaufklärung an das FG zurück.

  • Die Rechnung über Straßenreinigung umfasste sowohl die Fahrbahn- als auch die Gehwegreinigung. Lediglich der auf den Gehweg entfallende Teil ist als haushaltsnahe Dienstleistung begünstigt.
  • Auch die auf das Hoftor entfallenden Arbeitskosten sind aufzuteilen, und zwar in "Werkstattlohn" und "vor Ort Lohn". Nur das Arbeitsentgelt für die vor Ort angefallenen Handwerkerleistungen (z.B. für Abbau und Wiedereinbau) ist zu berücksichtigen.
  • Der zu berücksichtigende Anteil an den (in der Rechnung ohne Aufteilung ausgewiesenen) Arbeitskosten ist ggf. durch Schätzung zu ermitteln.  

Hinweis: Enge Gesetzesauslegung

Der BFH betont das enge Verständnis des räumlich-funktionalen Haushaltsbegriffs. Der Gesetzgeber wollte eine zu starke Ausdehnung der begünstigten Leistungen vermeiden (BT-Drs. 16/974, 8). Das BFH-Urteil zum Winterdienst auf öffentlichen Gehwegen wurde zum Teil dahin verstanden, dass sich die Steuerermäßigung auch auf die Aufwendungen für die Fahrbahn bezieht (BFH v. 20.3.2014, VI R 55/12, BStBl II 2014, 880). Der BFH präzisiert nunmehr, dass er daran nicht festhält. 

BFH Urteil vom 13.05.2020 - VI R 4/18 (veröffentlicht am 19.11.2020)

Alle am 19.11.2020 veröffentlichten Entscheidungen des BFH.