Entnahme bei Betriebsaufgabe

Keine Geschäftsveräußerung bei gänzlich fehlender Übereignung oder Einbringung von Unternehmensgegenständen; objektive Bestimmung des Entnahmewerts.

Hintergrund

Der Ingenieur I betrieb bis April 2001 als Einzelunternehmer ein Ingenieurbüro. Im Rahmen dieses Einzelunternehmens entwickelte er eine Maschine, die er von einem Fremdunternehmen anfertigen, montieren und in Betrieb nehmen ließ. Zum Ende April 2001 stellte er seine Tätigkeit als Einzelunternehmer ein. Zuvor hatte er zusammen mit seiner Ehefrau eine KG gegründet. Diese setzte die bisher von I ausgeübte Tätigkeit fort. An der KG war I als Komplementär beteiligt. Die früher dem Einzelunternehmen zugeordnete Maschine sowie die Büroeinrichtung überließ er der KG unentgeltlich zur Nutzung, d.h. er übertrug sie nicht in das Gesamthandsvermögen der KG. 

Das FA und ihm folgend das FG waren der Ansicht, es liege keine nicht steuerbare Geschäftsveräußerung vor. Die unentgeltliche Überlassung sei als umsatzsteuerrechtliche Entnahme zu erfassen. Der Umsatz bemesse sich nach den ertragsteuerlichen Buchwerten der Aufgabebilanz des Einzelunternehmens.         

Entscheidung

Auch der BFH verneint eine Geschäftsveräußerung. Eine nicht steuerbare Geschäftsveräußerung liegt nur vor, wenn ein Unternehmen übereignet oder in eine Gesellschaft eingebracht wird (§ 1 Abs. 1a UStG). Das kann zwar auch vorliegen, wenn einzelne Gegenstände von der Übereignung oder Einbringung ausgenommen sind und dem Erwerber zur Nutzung überlassen werden. Im Streitfall wurden aber überhaupt keine Gegenstünde des Einzelunternehmens in die KG eingebracht, sondern (außer der Maschine auch die Büroeinrichtung) der KG lediglich zur Nutzung überlassen. Es fehlt daher an der tatbestandlichen Voraussetzung einer Geschäftsveräußerung. 

Die Unternehmertätigkeit des I endete im April 2001. Denn seine Tätigkeit beschränkte sich von da an darauf, die Gegenstände unentgeltlich der KG zu überlassen. In der unentgeltlichen Überlassung liegt kein steuerbarer Umsatz. Die Beendigung der Unternehmereigenschaft Ende April 2001 hat daher zur Folge, dass die bisher dem Einzelunternehmen zugeordneten Gegenstände entnommen wurden.

Die Entnahme eines Gegenstands wird einer Lieferung gleichgestellt (§ 3 Abs. 1b UStG). Der Umsatz bemisst sich nach dem Einkaufspreis zuzüglich der Nebenkosten oder mangels eines Einkaufspreises nach den Selbstkosten, jeweils zum Zeitpunkt der Entnahme (§ 10 Abs. 4 Nr. 1 UStG). Bei der Ermittlung dieses fiktiven Einkaufspreises ist daher (richtlinienkonform) die Wertentwicklung zwischen Anschaffung und Entnahme zu berücksichtigen. Hierbei kann aber nicht, wie das FG meinte, stets der ertragsteuerliche Wert (historische Anschaffungs- oder Herstellungskosten abzüglich AfA bis zum Zeitpunkt der Entnahme) angesetzt werden. Entscheidend ist der tatsächliche Restwert. Die Wertminderung muss daher einzelfallbezogen nach objektiven Gesichtspunkten bestimmt werden.

Der BFH musste die Sache an das FG zurückverweisen. Das FG muss noch festzustellen, ob der bisher ertragsteuerlich bemessene Wert bei objektiver Beurteilung niedriger ausfällt.

Hinweis

Der Entscheidung ist in beiden Punkten zuzustimmen. Eine Geschäftsveräußerung kann nur vorliegen, wenn etwas übereignet oder eingebracht wurde. Daran fehlt es bei einer bloßen Überlassung zur Nutzung. 

Der Einkaufspreis im Zeitpunkt der Entnahme kann grundsätzlich nicht mit dem ertragsteuerlichen Wert gleichgesetzt werden. Der Entnahmewert muss konkret ermittelt werden. Dies schließt natürlich nicht aus, dass sich im Einzelfall der so ermittelte Wert mit dem ertragsteuerlichen Wert deckt. In der Praxis dürfte der ertragsteuerliche Wert häufig zumindest einen Hinweis auf den objektiven Wert geben. Die Besonderheit des Streitfalls liegt aber darin, dass es um die Bewertung eines einzelangefertigten Prototyps handelt. Als Anhaltspunkte für eine niedrigere Bewertung könnte in einem solchen Fall etwa die zeitnahe Entsorgung oder die nachgewiesene Funktionsuntauglichkeit der Maschine sein.