a) Keine Beschwerdeberechtigung des Pflichtteilsberechtigten gegenüber dem Notar zur Aufnahme eines notariellen Nachlassverzeichnisses

Der Pflichtteilsberechtigte kann nicht im Wege der Beschwerde gem. § 15 Abs. 2 BNotO von dem vom Erben beauftragten Notar die Aufnahme eines notariellen Nachlassverzeichnisses gem. § 2314 Abs. 1 Satz 3 BGB verlangen.

BGH v. 19.7.2023 – IV ZB 31/22

BGB § 2314; BNotO § 15; FamFG § 59

Beraterhinweis Schuldner des notariellen Nachlassverzeichnisses, das mit dem privaten Nachlassverzeichnis rechtlich und inhaltlich wesensgleich ist, ist und bleibt der Erbe (BGH v. 31.10.2018 – IV ZR 313/17, NJW 2019, 234). Er allein entscheidet, ob er das vom Notar erstellte Nachlassverzeichnis dem Pflichtteilsberechtigten vorlegt. Dementsprechend ist auch allein der Erbe der Auftraggeber des Notars. Der Pflichtteilsberechtigte ist nicht berechtigt, selbst einen Notar auszuwählen und mit der Erstellung des Verzeichnisses zu beauftragen (OLG Jena v. 1.4.2019 – 1 W 52/19, ErbR 2019, 717; Weidlich in Grüneberg, BGB, § 2314 Rz. 6). Dies gilt auch dann, wenn sich der Pflichtteilsberechtigte wegen der Dürftigkeit des Nachlasses verpflichtet hat, die Kosten der Erstellung zu übernehmen (OLG Jena v. 1.4.2019 – 1 W 52/19, ErbR 2019, 717). Trotz fehlender Beschwerdebefugnis steht der Pflichtteilsberechtigte der Untätigkeit des Notars aber nicht schutzlos gegenüber. Verzögert der vom Erben beauftragte Notar die Aufnahme des Nachlassverzeichnisses, ist der Erbe selbst verpflichtet, mit Nachdruck auf die zeitnahe Erledigung hinzuwirken und erforderlichenfalls Rechtsbehelfe gegen den Notar zu ergreifen (OLG Stuttgart v. 27.1.2014 – 19 W 3/14, ErbR 2014, 500; OLG Saarbrücken v. 17.4.2018 – 5 W 16/18, ZEV 2018, 426; OLG Koblenz v. 10.8.2020 – 12 W 136/20, ZEV 2020, 697; OLG Hamm v. 27.2.2023 – 5 W 30/22, ErbR 2023, 471). Hat der Pflichtteilsberechtigte bereits einen auf Aufnahme eines notariellen Nachlassverzeichnisses lautenden Titel erwirkt, kann er die Festsetzung eines Zwangsgeldes nach § 888 ZPO gegen den Erben beantragen.

b) Unzulässigkeit eines Teilurteils im Fall der Verbindung einer Stufenklage mit einer bezifferten Teilklage

Im Falle der Verbindung einer Stufenklage mit einer bezifferten Teilklage, die auf die Zahlung eines "Mindestpflichtteils" gerichtet ist, ist die Zulässigkeit eines Teilurteils unabhängig von der Zulässigkeit der Teilklage als solche zu beurteilen. Während die Frage der Zulässigkeit einer Teilklage im Wesentlichen alleine die Teilbarkeit des Anspruchs betrifft, stellen sich für die Zulässigkeit eines Teilurteils weitere, nach den spezifischen Vorgaben des § 301 ZPO zu beurteilende Fragen, nämlich ob bei einer Teilentscheidung über die bezifferte Teilklage die Gefahr sich widersprechender Entscheidungen besteht.

Soweit die Erben in Erfüllung ihrer Auskunfts- und Wertermittlungsverpflichtungen ein vorläufiges Nachlassverzeichnis vorgelegt und Verkehrswertgutachten zu Nachlassimmobilien eingeholt haben, stellt dies die Erfüllung zweier nach materiellem Recht begründeter Ansprüche dar, nicht dagegen ein Prozessvorbringen mit Geständniswirkung. Der aus dem Nachlassverzeichnis und den Wertgutachten ermittelbare Nachlasswert ist deshalb nicht unstreitig.

Solange der Wert des Nachlasses zwischen den Parteien weder unstreitig ist noch aus anderen Gründen zweifelsfrei feststeht, scheidet der Erlass eines Teilurteils aus.

OLG Karlsruhe v. 12.12.2023 – 14 U 135/23

ZPO § 254, § 301

Beraterhinweis Grundsätzlich ist es prozessual zulässig, eine bezifferte Teilklage mit einer unbezifferten Stufenklage hinsichtlich des übersteigenden Klagebegehrens zu verbinden (BGH v. 26.4.1989 – IVb ZR 48/88, BGHZ 107, 236). Ob bei einer solchen Verbindung über den bezifferten Mindestanspruch im Wege des Teilurteils nach § 301 ZPO entschieden werden kann, ist dagegen äußerst umstritten. Teilweise hält man den Erlass eines Teilurteils dann für zulässig, wenn zweifelsfrei geklärt ist, dass dem Pflichtteilsberechtigten ein Anspruch in bestimmter Höhe zusteht (so OLG Brandenburg v. 7.1.2004 – 13 U 25/03, ZErb 2004, 132; OLG Hamburg v. 22.10.1998 – 2 U 9/98, NJWE-FER 1999, 129; Herzog in Staudinger, BGB, § 2314 Rz. 356; Horn/Fleischer, ZErb 2013, 110), während andere ein Teilurteil für unzulässig halten, weil die Gefahr widersprechender Entscheidungen besteht (so OLG Celle v. 23.7.2015 – 6 U 34/15, ZEV 2016, 37; LG Bochum v. 13.1.2020 – 6 O 316/17, ErbR 2020, 365; Lange in MünchKomm/BGB, § 2314 Rz. 80; Birkenheier in jurisPK/BGB, § 2314 Rz. 182; Wiederhold/Kind, ZErb 2019, 9). Richtig ist, dass die nach § 2314 BGB ermittelten Nachlasswerte für die Parteien nicht verbindlich sind und dass das Gericht nach Einholung weiterer Sachverständigengutachten i.R.d. Stufenklage zu wesentlich niedrigeren Werten gelangen kann als i.R.d. bezifferten Teilklage. Auch unter Berücksichtigung eines rechnerischen "Sicherheitspuffers" ist es deshalb nicht völlig ausgeschlossen, dass letztlich ein geringerer Pflichtteilsanspruch besteht, als dem Kläger bereits mit dem Teilurteil zugesprochen wurde.

c) Streitwert bei einer sog. steckengebliebenen Stufenklage

Der Streitwert der Pflichtteilsstufenklage bestimmt sich nach den realistischen wirtschaftlichen Erwartungen des Klägers zu Beginn des Verfahrens.

Für die Bemessung der realistischen wirtschaftl...

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