Rz. 96

Nach Abs. 3 kann eine Feststellung, die in einem Feststellungsbescheid hätte getroffen werden müssen, aber unterblieben ist, in einem Ergänzungsbescheid nachgeholt werden. Der Zweck des Ergänzungsbescheids liegt nur in der Vereinfachung des Verfahrens. Die Notwendigkeit einer Aufhebung und eines Neuerlasses des Feststellungsbescheids soll auf gravierende Fälle beschränkt werden. Darüber hinaus ergibt sich die Notwendigkeit von Ergänzungsbescheiden aber auch aus der Gefahr, dass ein unvollständiger, aber wirksamer Feststellungsbescheid bestandskräftig wird und nicht mehr geändert werden kann. Verfahrensmäßig würde dann ein Feststellungsbescheid bindend sein, der nicht alle notwendigen Feststellungen enthält. Ohne die Möglichkeit einer Ergänzung wäre das Verfahren über den Folgebescheid nicht zweckmäßig durchführbar.

Ist eine notwendige Feststellung in dem Feststellungsbescheid unterblieben, liegt insoweit keine offenbare Unrichtigkeit nach § 129 AO vor. Der Feststellungsbescheid ist unvollständig, aber nicht fehlerhaft.[1]

 

Rz. 97

Neben der Unvollständigkeit des Feststellungsbescheids ist der Ergänzungsbescheid von keinen weiteren Voraussetzungen abhängig. Insbesondere ist nicht erforderlich, dass die Finanzbehörde den Sachverhalt, der im Ergänzungsbescheid geregelt werden soll, bei Erlass des Feststellungsbescheids kannte oder nicht kannte. Ein Ergänzungsbescheid ist daher sowohl bei bewusster als auch unbewusster Unvollständigkeit des Feststellungsbescheids zulässig.[2]

 

Rz. 98

Der Ergänzungsbescheid kann immer nur hinsichtlich eines Bereichs ergehen, über den der Feststellungsbescheid keine (positive oder negative) Entscheidung getroffen hat. Es ist jedoch ohne Bedeutung, ob die Entscheidung bewusst oder unbewusst unterlassen wurde. Ist in dem Feststellungsbescheid etwa eine Feststellung (fälschlich) unterlassen worden, weil die Finanzbehörde die Auffassung vertrat, die fragliche Entscheidung gehöre nicht zum Regelungsbereich des Feststellungsbescheids, kann diese Entscheidung durch Ergänzungsbescheid nachgeholt werden.[3]

 

Rz. 99

Ein Ergänzungsbescheid kann ergehen, wenn der zugrunde liegende Feststellungsbescheid wirksam, aber unvollständig ist.[4] Ist der zugrunde liegende Feststellungsbescheid unwirksam (nichtig), kann er nicht ergänzt werden. Dies ist nur bei einem wirksamen Bescheid möglich. Ein unwirksamer (nichtiger) Feststellungsbescheid ist durch einen neuen wirksamen Feststellungsbescheid zu ersetzen, für einen Ergänzungsbescheid ist kein Raum. Ist der zugrunde liegende Feststellungsbescheid wirksam und vollständig, braucht er nicht ergänzt zu werden, sodass sich ein Ergänzungsbescheid erübrigt.

 

Rz. 100

Die Zulässigkeit eines Ergänzungsbescheids hängt also davon ab, dass der zugrunde liegende Feststellungsbescheid zwar wirksam, aber unvollständig ist. Das bedeutet, dass durch Ergänzungsbescheid nur solche fehlenden Feststellungen nachgeholt werden können, deren Fehlen den Feststellungsbescheid nicht nichtig macht. Daraus folgt, dass eine fehlende oder fehlerhafte Inhaltsadressierung nicht durch Ergänzungsbescheid nachgeholt werden kann. Die fehlende oder fehlerhafte Adressierung macht den Feststellungsbescheid unheilbar nichtig. Dieser Fehler kann auch durch Ergänzungsbescheid nicht behoben werden. Ebenso kann ein wegen inhaltlicher Unbestimmtheit nichtiger Bescheid nicht ergänzt und damit wirksam gemacht werden.

Da nur lückenhafte Feststellungsbescheide ergänzt werden können, ist § 179 Abs. 3 AO nicht anwendbar, wenn die Besteuerungsgrundlage nicht in einem Feststellungsbescheid, sondern in einem Steuerbescheid zu erfassen gewesen wäre.[5]

 

Rz. 101

Maßgebend für die Zulässigkeit eines Ergänzungsbescheids ist daher, ob der Feststellungsbescheid unvollständig ist. Dies hängt von dem sachlichen Regelungsbereich des Feststellungsbescheids ab. Dabei ist zu berücksichtigen, dass ein Feststellungsbescheid eine Mehrzahl von selbständigen Feststellungen enthalten kann (vgl. hierzu Rz. 81f.). Bei der Einheitswertfeststellung bilden Wert-, Art- und Zurechnungsfeststellung jeweils selbstständige Feststellungen, nicht nur Teile einer einzigen Feststellung.[6] Ist im Feststellungsbescheid ein Gewinn ausgewiesen, sind alle Bestandteile des jeweiligen Gewinns in dieser Feststellung zu erfassen. Bei einer Mitunternehmerschaft sind z. B. neben dem Vorliegen einer Mitunternehmerschaft der eigene Gewinn der Mitunternehmerschaft aus der Gesamthandsbilanz sowie die Ergebnisse der jeweiligen Sonder- und Ergänzungsbilanzen festzustellen. Die Feststellung der Ergebnisse der Gesamthands- und der jeweiligen Sonder- und Ergänzungsbilanzen sowie die Feststellung anderer mit den Einkünften zusammenhängender Besteuerungsgrundlagen sind jeweils selbständig anfechtbare Feststellungen.[7] In der Feststellung des Gewinns aus der Gesamthandsbilanz und der Sonder- und Ergänzungsbilanzen sind alle Faktoren zu berücksichtigen, die den jeweiligen Gewinn beeinflussen. Veräußerungs- und Aufgabegewinne sind daher im Zusammenhang mit den jew...

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