Rz. 36

Eine einheitliche Feststellung ist durchzuführen, wenn ihre Voraussetzungen vorliegen. Unterbleibt die Feststellung, liegt ein Verstoß gegen die Grundordnung des Verfahrens vor, der vom Gericht von Amts wegen zu berücksichtigen ist. Die Notwendigkeit, durch einen positiven oder negativen einheitlichen und gesonderten Feststellungsbescheid zu entscheiden besteht auch dann, wenn es nur möglich erscheint, dass eine Mitunternehmerschaft vorliegt. Nur durch ein Feststellungsverfahren lassen sich widersprüchliche Entscheidungen vermeiden. Das gilt auch dann, wenn das Feststellungsfinanzamt auch für die ESt-Veranlagung aller Beteiligter zuständig ist, da unterschiedliche Rechtsbehelfsverfahren der Beteiligten zu unterschiedlichen Ergebnissen führen könnten. Es macht dann keinen Unterschied, ob die Fragen, die im Feststellungsbescheid zu entscheiden sind, tatsächlicher oder rechtlicher Natur sind. Das Steuerfestsetzungsverfahren gegen die angeblich Beteiligten ist dann bis zur Entscheidung im Feststellungsverfahren auszusetzen. Ein Absehen vom Feststellungsverfahren ist nur in Fällen geringer Bedeutung nach § 180 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 AO möglich.[1]

 

Rz. 36a

Es handelt sich bei der einheitlichen Feststellung nicht um mehrere selbstständige Feststellungen, die nur aus Zweckmäßigkeitsgründen in einem einheitlichen Bescheid zusammengefasst sind, sondern um eine notwendig einheitliche Feststellung. Daraus folgt, dass eine Feststellung nur einer der betroffenen Personen gegenüber nicht möglich ist. Es muss immer eine (positive) Feststellung einheitlich gegenüber allen Betroffenen erfolgen. Eine Feststellung gegenüber nur einer der betroffenen Steuersubjekte ist daher nicht zulässig.[2] Dieser Grundsatz der Einheitlichkeit hat gravierende verfahrensrechtliche Folgen.

 

Rz. 37

Der Feststellungsbescheid muss an alle Inhaltsadressaten gerichtet (adressiert) sein.[3] Nur dann sind die Feststellungsbeteiligten richtig bezeichnet. Inhaltsadressaten sind diejenigen Personen, für die der Inhalt der Feststellung steuerlich von Bedeutung ist. Es muss zweifelsfrei feststehen, wem gegenüber der Feststellungsbescheid die Regelungen trifft. Da bei der einheitlichen Feststellung nicht die Gesellschaft bzw. Gemeinschaft mangels Steuerrechtsfähigkeit diejenige Einheit ist, bei der die Feststellungen steuerlich verwertet werden, sind Inhaltsadressaten die Gesellschafter bzw. Mitglieder der Gemeinschaft. Der Feststellungsbescheid muss an diese Personen adressiert sein. Diese Inhaltsadressaten müssen sich zumindest aus dem Inhalt des Feststellungsbescheids ergeben. Dabei genügt auch eine Angabe in den Erläuterungen, in einer Anlage oder in einem Bericht über die Außenprüfung, wenn in dem Feststellungsbescheid hierauf Bezug genommen wird. Maßgebend ist, dass zwar nicht Dritte, wohl aber die Inhaltsadressaten anhand der ihnen bekannten Umstände eindeutig feststellen können, dass sie von dem Bescheid betroffen sind. Der Feststellungsbescheid muss nach seinem gesamten Inhalt dahin ausgelegt werden können, dass klar und eindeutig erkennbar ist, für welche Personen und in welcher Höhe Besteuerungsgrundlagen festgestellt worden sind. Die Inhaltsadressaten können auch durch die Bezeichnung der Gesellschaft oder Gemeinschaft angegeben werden. Diese Bezeichnung ist lediglich eine Sammelbezeichnung der Gesellschafter bzw. Gemeinschafter. Ist die Adressierung mangelhaft, weil einer der Beteiligten oder alle nicht aufgeführt sind, ist der Bescheid wegen inhaltlicher Unbestimmtheit unwirksam, d. h. nichtig. Dies kann nicht durch die Einspruchsentscheidung geheilt werden. Ist die Gesellschaft als Sammelbezeichnung der Gesellschafter falsch angegeben worden, ist der Feststellungsbescheid wirksam, wenn im Wege der Auslegung die Inhaltsadressaten sicher bestimmt werden können.[4]

Anders ist es jedoch bei "mehrstöckigen" Personengesellschaften. Ist eine Personengesellschaft (Obergesellschaft) an einer Untergesellschaft, etwa als Kommanditist, beteiligt, ist die Obergesellschaft, nicht ihre Gesellschafter, Mitunternehmerin an der Untergesellschaft. Bei der einheitlichen und gesonderten Feststellung der Untergesellschaft ist daher die Obergesellschaft Inhaltsadressat. Erst für die Feststellung bei der Obergesellschaft sind deren Gesellschafter Inhaltsadressaten.[5]

 
Praxis-Beispiel

(1) Ein Gewinnfeststellungsbescheid für die Gesellschafter A, B und C der A-OHG ist an A und B adressiert; C ist vergessen worden. Der Gewinn der OHG ist auf 300.000 EUR festgestellt und A und B mit je 100.000 EUR zugerechnet worden. Der verbleibende Gewinn von 100.000 EUR stellt den Gewinnanteil des (vergessenen) C dar.

Da die Adressierung falsch (unvollständig) ist, ist der Gewinnfeststellungsbescheid in vollem Umfang nichtig. Er ist nicht etwa nur C gegenüber unwirksam, A und B gegenüber aber wirksam. Der Gewinnfeststellungsbescheid kann nur in vollem Umfang entweder wirksam oder unwirksam sein. Dementsprechend wird durch den unwirksamen Feststellungsbescheid die Festsetzungsfrist nicht...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Steuer Office Excellence. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge