Leitsatz

Bei der Übertragung von hälftigem Miteigentum ist der jeweilige Miteigentümer Leistungsempfänger, sodass für den Fall eines Verzichts gemäß § 9 Abs. 1 und Abs. 3 UStG auf die nach § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG bestehende Steuerfreiheit keine Steuerschuld einer GbR nach § 13b Abs. 2 Nr. 3 und Abs. 5 Satz 1 UStG besteht.

 

Normenkette

§ 4 Nr. 9 Buchst. a, § 9 Abs. 1 und 3, § 13b Abs. 2 Nr. 3, Abs. 5 Satz 1 UStG

 

Sachverhalt

Die Eheleute G erwarben von der I-GmbH & Co. A KG (KG) mit notariellen Kaufverträgen vom 20.8.2012 zwei noch zu errichtende Wohnungen in einem Seniorenpflege‐ und Seniorenwohnzentrum jeweils zu hälftigem Miteigentum als Anlageobjekte, wobei eine Vermietungsgarantie über 25 Jahre vereinbart wurde. Nach diesen Verträgen erklärte die KG unter Hinweis auf § 13b UStG den Verzicht auf USt-Freiheit.

Das FA forderte im Mai 2015 die Eheleute G unter Hinweis auf § 13b Abs. 2 Nr. 3 UStG als Grundstückserwerber zur Abgabe einer USt-Erklärung für 2012 auf. Diese teilten dem FA mit Schreiben vom 23.6.2015 mit, dass sie die USt seinerzeit an den Bauträger gezahlt hätten und eine USt-Erklärung aus ihrer Sicht nicht abzugeben sei, weil sie sich nicht als Unternehmer betrachteten. Mit Schreiben vom 3.7.2015 wies das FA darauf hin, dass sich die Steuerschuldnerschaft der Eheleute G aus § 13b Abs. 2 Nr. 3 UStG ergebe und die USt auf den Verkauf der Immobilie nicht durch die Verkäuferfirma an das FA abgeführt worden sei. Mit Schreiben vom 26.8.2015 teilten die Eheleute G mit, dass sie keine USt-Erklärung einzureichen hätten. Am 9.10.2015 erließ das FA im Schätzungswege einen USt-Bescheid für 2012. Den Bescheid adressierte das FA an die Wohnadresse der Eheleute G unter der Bezeichnung G-GbR. Einspruch und Klage zum FG hatten keinen Erfolg (FG Düsseldorf, Urteil vom 16.9.2020, 5 K 1048/17 UAO, Haufe-Index 14223732).

 

Entscheidung

Der BFH hob das Urteil der Vorinstanz auf und gab der Klage statt. Das FG sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass eine zwischen den Eheleuten G bestehende GbR als Leistungsempfänger Steuerschuldner für den Erwerb der Miteigentumsanteile sei. Eine Umdeutung des angefochtenen Steuerbescheids in einen gegenüber den Eheleuten G als Einzelunternehmer ergangenen Steuerbescheid komme nicht in Betracht.

 

Hinweis

1. Das gemeinsame Handeln von Miteigentümern bereitet umsatzsteuerrechtlich immer wieder Schwierigkeiten. Der Besprechungsfall, bei dem es um zwei Ehegatten geht, die hälftig Miteigentum an zwei Wohnungen erwerben, um diese steuerfrei zu vermieten, verdeutlicht dies.

a) Stellt man für die umsatzsteuerrechtliche Beurteilung auf die den Leistungen zugrunde liegenden Rechtsverhältnisse ab, handeln beide Ehegatten persönlich als Vermieter und damit als Unternehmer, sodass sie aufgrund einer gemäß § 9 Abs. 1 und 3 UStG steuerpflichtigen Übertragung von Miteigentumsanteilen an einem Grundstück für den jeweiligen Erwerb nach § 13b Abs. 2 Nr. 3 und Abs. 5 Satz 1 UStG Steuerschuldner sind.

b) Folgt man dem nicht, ist die Miteigentümergemeinschaft (Bruchteilsgemeinschaft) oder eine danebenstehende GbR als leistender Unternehmer hinsichtlich der Vermietung und als Steuerschuldner für den Erwerb nach § 13b UStG anzusehen.

2. Im Besprechungsfall entscheidet sich der BFH wieder einmal für eine Betrachtung entsprechend den der Leistung zugrunde liegenden Rechtsverhältnissen. Daher ist bei der Übertragung von hälftigem Miteigentum der jeweilige Miteigentümer Leistungsempfänger, sodass für den Fall eines Verzichts gemäß § 9 Abs. 1 und Abs. 3 UStG auf die nach § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG bestehende Steuerfreiheit keine Steuerschuld einer GbR nach § 13b Abs. 2 Nr. 3 und Abs. 5 Satz 1 UStG besteht.

Für die Betrachtung nach den der Leistung zugrunde liegenden Rechtsverhältnissen führt der BFH hier ergänzend an, dass die Umsätze, die i.S.v. § 13b Abs. 2 Nr. 3 UStG unter das GrEStG fallen, gemäß § 1 Abs. 1 GrEStG einen Rechtsvorgang voraussetzen, wobei sich dieser Rechtsvorgang im Streitfall aus einem Kaufvertrag ergab. Zudem beruht die Steuerpflicht für den eigentlich nach § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG steuerfreien Vorgang gemäß § 9 Abs. 3 Satz 2 UStG auf einem Verzicht, der in dem gemäß § 311b Abs. 1 BGB notariell zu beurkundenden Vertrag zu erklären ist.

3. Erlässt das FA gleichwohl keine Steuerbescheide gegenüber den Ehegatten persönlich, sondern gegenüber einer Ehegatte-GbR, ist dieser zwingend aufzuheben und kann nicht umgedeutet werden.

Gegen eine Umdeutung in einen zusammengefassten Steuerbescheid i.S.v. § 155 Abs. 3 Satz 1 AO (vgl. BFH, Urteil vom 7.5.2020, V R 1/18, BFH/NV 2020, 1211), spricht, dass das dafür erforderliche Gesamtschuldverhältnis nicht vorliegt. Denn jeder Ehegatte ist Schuldner nur der auf ihn entfallenden GrESt, ohne dass eine Gesamtschuldnerschaft besteht. Maßgeblich ist hierfür, dass der Miteigentumsanteil ein Grundstück im grunderwerbsteuerrechtlichen Sinne ist und dementsprechend die Miteigentümer jeweils für sich Steuerschuldner in Bezug auf ihren Miteigentumsanteil sind, was auch gilt, wenn der E...

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