1. Allgemeines

Umsatzsteuerliche Themen spielen schon von Anfang an keine Rolle, wenn feststeht, dass Kulturschaffende bereits keine Unternehmer im umsatzsteuerlichen Sinne sind.

Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Umsatzsteuergesetz (UStG) ist Unternehmer, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbstständig ausübt. Gewerblich oder beruflich ist nach § 2 Abs. 1 Satz 3 UStG jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, auch wenn die Absicht, Gewinn zu erzielen, fehlt. Erforderlich ist nach den umsatzsteuerlichen Regelungen eine nach außen gerichtete Teilnahme am allgemeinen Wirtschaftsverkehr.[10]

Die umsatzsteuerliche Unternehmereigenschaft geht weiter als der Unternehmerbegriff im Einkommensteuerrecht, denn auch Freiberufler, die Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit nach § 18 Einkommensteuergesetz (EStG) und nicht aus Gewerbebetrieb nach § 15 EStG erzielen, fallen unter § 2 Abs. 1 UStG.[11]

Abgrenzung rein künstlerische Tätigkeit von unternehmerischem Handeln: Unstreitig sind Galeristen und Kunsthändler Unternehmer, indem sie Kunstwerke an Dritte verkaufen. Dasselbe gilt auch für Kunstschaffende, die regelmäßig ihre eigenen Werke verkaufen oder gegen Zahlung von Eintrittsgeldern Auftritte haben (z.B. Live-Performances).[12] Das Schaffen von Kunst allein ist aber nicht bereits eine unternehmerische Tätigkeit i.S.d. § 2 Abs. 1 UStG, auch wenn die Kunstwerke im Anschluss daran der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden (bspw. kostenlose Ausstellungen bildender Künstler in seinen Privaträumen, Vorführungen an öffentlichen Plätzen). Hierbei handelt es sich nämlich jeweils um Tätigkeiten, die den Kernbereich der Kunstfreiheit des jeweiligen Kunstschaffenden aus Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG ausfüllen, wodurch ihre steuerliche Erfassung (noch) nicht gerechtfertigt ist. Sobald aber Einnahmen erzielt werden (darunter auch "Spenden"), schlägt ein bloß künstlerisches Tätigsein in ein unternehmerisches Handeln i.S.d. § 2 Abs. 1 UStG um.[13]

Zu beachten ist, dass wegen des Grundsatzes der Unternehmenseinheit in § 2 Abs. 1 Satz 2 UStG Künstler, Galeristen und Kunsthändler dann grundsätzlich mit ihrer gesamten Tätigkeit Unternehmer im umsatzsteuerlichen Sinne sind; unternehmerisch sind danach auch gelegentlich ausgeübte Nebentätigkeiten, sofern diese selbstständig ausgeübt werden.[14]

[10] So auch Englisch in Tipke/Lang, § 17 Rz. 42.
[11] Vgl. Müller in BeckOK UStG, 39. Edition, Stand: 1.1.2024, § 2 Rz. 85.
[12] Vgl. Faber in Beck’sches Steuer- und Bilanzrechtslexikon, Stand: 1.1.2024, Künstler, Rz. 28.
[13] Allerdings können insbesondere Spenden unter Umständen weiterhin umsatzsteuerlich irrelevant sein, nämlich dann, wenn diese freiwillig an einen Künstler gezahlt werden und der Höhe nach im Ermessen des Spenders liegen, s. dazu EuGH, Urt. v. 3.3.1994 – C-16/93 – Tolsma, UR 1994, 399.
[14] Vgl. EuGH, Urt. v. 13.6.2013 – C-62/12 – Kostov, UR 2013, 626.

2. Kleinunternehmerregelung in § 19 UStG

Trotz des Vorliegens der Unternehmereigenschaft kann eine Umsatzsteuerpflicht dennoch entfallen. Das ist dann der Fall, wenn die Galerie, der Kunsthändler oder der Kunstschaffende als Kleinunternehmer anzusehen ist.

Relevante Umsatzgrenzen: Nach § 19 Abs. 1 UStG ist Kleinunternehmer, wer im vorausgegangenen Kalenderjahr einen Umsatz von weniger als 22.000 EUR erzielt hat und im laufenden Kalenderjahr voraussichtlich einen Umsatz von weniger als 50.000 EUR erzielen wird. Die Eigenschaft als Kleinunternehmer wird danach für jedes Kalenderjahr neu ermittelt.

Besondere Bedeutung erfährt hierbei insbesondere die 22.000 EUR-Grenze. Das hat diverse Gründe: Nicht nur ist diese Umsatzgrenze anhand konkreter Zahlen ermittelbar, wohingegen die 50.000 EUR-Grenze auf einer Schätzung zum Jahresbeginn beruht.[15] Wer im laufenden Kalenderjahr sein Unternehmen gründet (es also überhaupt kein vorausgegangenes Kalenderjahr gibt), der darf für das laufende Jahr nicht die 50.000 EUR-Grenze, sondern die 22.000 EUR-Grenze nicht überschreiten.[16] In der Praxis kann damit von der Anwendbarkeit der Kleinunternehmerregelung ausgegangen werden, wenn diese Umsatzgrenze eingehalten wird und keine Anhaltspunkte vorliegen, dass sich das im laufenden Jahr ändern wird. Ändert sich doch etwas (bspw. durch Überschreitung der 50.000 EUR-Grenze im Laufe des Jahres), hat das für die Kleinunternehmerregelung zumindest im laufenden Kalenderjahr keine Bedeutung.[17]

"Umsatz" im Sinne der Kleinunternehmerregelung ist die Summe der tatsächlich zugeflossenen Brutto-Einnahmen für Leistungen des Unternehmers.[18] Das gilt auch für Galeristen und Kunsthändler, welche in den Anwendungsbereich der Differenzbesteuerung nach § 25a UStG fallen.[19]

 

Beispiel 1:

G eröffnet in der Auguststraße in Berlin-Mitte nach seinem Kunstgeschichte-Studium im Juni 2023 eine Galerie, in der er Kunstwerke zeitgenössischer Bildhauer ausstellen und für Rechnung der Künstlerinnen und Künstler verkaufen möchte. Weil er am Anfang nur die Kunstwerke von befreundeten, unbekannten Künstlerinnen und Künstlern ausstellt, erwartet er für das laufende Kalenderjahr Einnahmen...

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