Ein weiteres Problem betrifft die Frage, in welchen Fällen der Einkaufspreis eines Kunstgegenstandes nicht ermittelbar ist, so dass die pauschale Marge von 30 % nach § 25a Abs. 3 Satz 2 UStG zur Anwendung kommt.

Nach Ansicht der Finanzverwaltung handelt es sich hierbei um einen Ausnahmefall, da der Wiederverkäufer die Einkaufspreise der einzelnen Kunstgegenstände aufzeichnen muss und damit der Einkaufspreis in aller Regel sehr wohl ermittelbar sei.[68] Dass der Einkaufspreis im Einzelnen nicht ermittelbar ist, muss der Wiederverkäufer wiederum nachweisen können; ansonsten muss er im Zweifel den Einkaufspreis schätzen.[69] Ausdrücklich ermittelbar soll der Einkaufspreis dann sein, wenn der Wiederverkäufer Aufwendungen für die Durchführung von Verkaufsfördermaßnahmen für die von ihm in Kommission genommene Kunstgegenstände trägt.[70]

Diese Vorgaben lassen erahnen, dass sich die Finanzämter nur in absoluten Ausnahmefällen auf die Anwendung der pauschalen Marge von 30 % einlassen dürften. Man kann an dieser Stelle zu Recht fragen, warum der deutsche Gesetzgeber dann diese Regelung überhaupt geschaffen hat, wenn sie in der Praxis nur sehr selten zur Anwendung kommen soll. Dabei handelt es sich gerade um eine Regelung, die den Besonderheiten des Kunstmarktes Rechnung trägt: Galerien verkaufen typischerweise Kunstwerke mehrerer Künstler und führen dafür Werbe- und Verkaufsfördermaßnahmen durch, die zu den Kostenelementen sämtlicher ausgestellten Werke gehören. Hinzu kommen noch Preisunsicherheiten in Bezug auf die Altbestände der Galerien. In Anbetracht dessen ist es nur mit außerordentlichen Schwierigkeiten möglich, den Einkaufspreis der einzelnen Kunstgegenstände zu ermitteln. Nicht umsonst knüpft daher die französische Regelung zur pauschalen Marge von 30 % insbesondere an die beschriebenen Verkaufsfördermaßnahmen durch die Galerien an.[71] Dass die Finanzverwaltung gerade in diesen Fällen ausdrücklich anderer Ansicht ist, zeugt m.E. nicht nur von einem fehlenden Verständnis der Kunstbranche an sich, sondern auch von einer gewissen (deutschen) Arroganz gegenüber dem französischen Gesetzgeber. Auch insoweit sollte daher die Finanzverwaltung ihre Ansicht überdenken und ggf. den Anwendungserlass anpassen.

[70] Abschn. 25a.1 Abs. 11a Satz 9 UStAE; a.A. zu Recht Unverdorben, MwStR 2014, 191, 193 f.
[71] Vgl. Ziff. 190 BOI-TVA-SECT-90-40 v. 4.3.2015 zu Art. 297 A III. Code général des impôts.

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