Leitsatz

Passive niedrig besteuerte Einkünfte ausländischer Zwischengesellschaften i.S.d. § 8 AStG sind grundsätzlich auch dann gem. §§ 7 ff. AStG hinzu- und gem. § 14 AStG zuzurechnen, wenn sie weniger als 10 % der gesamten Bruttoerträge der ausländischen Zwischengesellschaft betragen. Die Vorschriften über die Hinzurechnungsbesteuerung enthalten keine allgemeine "Bagatellgrenze".

 

Normenkette

§ 7 Abs. 1 AStG , § 8 AStG , § 9 AStG , § 14 AStG , § 18 AStG

 

Sachverhalt

Die Kläger waren (nacheinander) zu 100 % an einer in der Schweiz ansässigen AG schweizerischen Rechts, der Y-AG, beteiligt. Gegenstand der Y-AG war die Entwicklung, Herausgabe und der Vertrieb von Fachliteratur. Sie hielt alle Anteile an einer weiteren in der Schweiz ansässigen AG schweizerischen Rechts, der X-AG, deren Gegenstand u.a. der Betrieb eines Verlags war.

Das FA vertrat die Auffassung, dass die Y-AG in den Streitjahren 1990 bis 1992 neben Einkünften aus aktiver Tätigkeit auch Einkünfte aus passivem Erwerb (Zinserträge aus umlaufenden Finanzmitteln und Erträge aus Darlehensausreichungen) erzielt habe, die nach §§ 7 ff. AStG der Hinzurechnungsbesteuerung unterlägen und gem. § 18 AStG gesondert festzustellen seien. Im Einzelnen handelte es sich für die Streitjahre um Beträge von 196.844 DM (1990), 476.037 DM (1991) und 577.263 DM (1992), die jeweils weniger als 10 % der gesamten Bruttoerträge der Y-AG ausmachten.

Ferner habe auch die X-AG als Untergesellschaft der Y-AG entsprechende niedrig besteuerte Zwischeneinkünfte erzielt, die der Schweizer Obergesellschaft in den Streitjahren 1991 und 1992 gem. § 14 AStG zuzurechnen seien. Diese Beträge beliefen sich auf 63.595 DM (1991) und 97.459 DM (1992). Sie waren gegenüber den Klägern ihrerseits gesondert festgestellt worden.

Die dagegen gerichteten Klagen hatten Erfolg (EFG 2004, 317).

 

Entscheidung

Der BFH hob die Urteile auf und verwies die Sachen an das FG zurück. Es bedürfe weiterer Sachaufklärung dazu, ob die besagten Einkünfte funktional mit aktiven Tätigkeiten der Schweizer Gesellschaften zusammenhingen. Andernfalls drohe die Hinzurechnung. Denn ein "Bagatellprinzip", wie es das FG annehme, kenne das AStG nicht.

 

Hinweis

Der Entscheidungsinhalt des Urteils ergibt sich letzten Endes abschließend aus dem Leitsatz. Viel ergänzen lässt sich nicht:

1. Auch dann, wenn die nach Maßgabe der §§ 7 ff. AStG dem Einkommen hinzuzurechnenden passiven Einkünfte, die aus sog. Zwischengesellschaften in Steueroasen erzielt werden, einen absolut und/oder relativ (gemessen an den Gesamteinkünften) nur geringen Umfang ausmachen, bleibt es bei der Hinzurechnung. Eine durchgängige Bagatellgrenze lässt sich dem AStG insoweit nicht entnehmen. Solche Bagatellgrenzen existieren lediglich in Sonder- und Ausnahmesachverhalten, nämlich nach:

  • § 8 Abs. 1 Nr. 7 AStG für Zinseinkünfte aus Darlehen, die u.a. Betrieben oder Betriebsstätten zugeführt werden, die ihre Bruttoerträge ausschließlich oder fast ausschließlich aus aktiven Tätigkeiten beziehen;
  • § 8 Abs. 2 AStG für Erträge aus der Beteiligung an ausschließlich oder fast ausschließlich aktiv tätigen ausländischen Gesellschaften;
  • § 9 AStG für gemischte Einkünfte aus ausländischen Zwischengesellschaften, wenn die betreffenden Bruttoerträge nicht mehr als 10 % der gesamten Bruttoerträge ausmachen, vorausgesetzt, sie übersteigen nicht insgesamt 62.000 Euro (120.000 DM).

2. Sind die tatbestandlichen Voraussetzungen jener Vorschriften (wie im Urteilsfall) nicht erfüllt, scheidet eine Hinzurechnung nur dann aus, wenn die betreffenden passiven Einkünfte sich nach Maßgabe einer funktionalen Betrachtungsweise anderweitigen aktiven Tätigkeiten zuordnen lassen. Ob das der Fall ist, ist Tatfrage. Einzelheiten dazu ergeben sich aus dem AStG-Anwendungserlass des BMF vom 14.5.2004 (BStBl I 2004, Sondernummer I, dort Tz. 8.0.2). Anzuerkennen sind danach vor allem Nebenerträge aus der für die aktive Tätigkeit notwendigen Finanzmitteln.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 15.9.2004, I R 102-104/03

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