Leitsatz
1. Aufwendungen für einen Zinsswap sind bei isolierter Betrachtung nicht als Entgelte für Schulden im Sinne des § 8 Nr. 1 Buchst. a Satz 1 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) zu qualifizieren, da sie nicht unmittelbar für die Überlassung von Kapital erbracht werden.
2. Wird im Zusammenhang mit einem Darlehen ein Zinsswap-Geschäft abgeschlossen, können die Swap-Aufwendungen Entgelte für Schulden sein, wenn der Darlehensvertrag und das Swap-Geschäft eine wirtschaftliche Einheit bilden. Ein bloßer Kausal- oder Veranlassungszusammenhang zwischen den beiden Geschäften genügt nicht. Das Grundgeschäft (Darlehen) und das Absicherungsgeschäft (Zinsswap) können als einheitliche Schuld zusammengefasst werden, wenn beide Geschäfte in sachlicher, zeitlicher und personeller Hinsicht eng miteinander verflochten sind. Hierfür ist Voraussetzung, dass beide Geschäfte hinsichtlich der vertragschließenden Personen, der Zeitpunkte des Vertragsschlusses und der Beträge und Laufzeiten im Wesentlichen kongruent sind und die Fälligkeitstermine der Zins- und Swap-Verbindlichkeiten aufeinander abgestimmt sind.
Normenkette
§ 8 Nr. 1 Buchst. a Sätze 1 und 2 GewStG, § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB, § 254 HGB
Sachverhalt
Die Klägerin schloss im Juli 2006 mit einem Bankenkonsortium einen variabel verzinsten Investitionskredit mit einer Laufzeit bis Ende 2022. Der Zins war an den Euribor zuzüglich einer Marge der Banken geknüpft. Zeitgleich wurde mit den Banken ein Rahmenvertrag geschlossen, in dem u.a. auch eine Absicherung von mindestens 50 % des Darlehensbetrags gegen Zinsschwankungen für mindestens sieben Jahre vereinbart wurde. Mit Vereinbarung vom Oktober 2006 traten weitere Banken dem Konsortium bei. Zwischen Oktober 2006 und Januar 2007 schloss die Klägerin mit den vier Banken des ursprünglichen Konsortiums Zinsswap-Vereinbarungen mit einem festen Zinssatz und einer Laufzeit bis Ende 2014 ab. Da der tatsächliche flexible Zinssatz unter dem fest vereinbarten Zinssatz blieb, hatte die Klägerin entsprechende Aufwendungen zu tragen, die sie nicht der Hinzurechnung als Entgelte für Schulden unterwarf. Das FA nahm hingegen Hinzurechnung in Bezug auf die Zinsswap-Aufwendungen vor. Das FG (FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 8.1.2019, 6 K 6242/17, Haufe-Index 12986353, EFG 2019, 642) gab der dagegen gerichteten Klage statt.
Entscheidung
Der BFH wies die Revision des FA als unbegründet zurück. Die Zinsswap-Aufwendungen seien nicht als Entgelte für Schulden zu qualifizieren, da die Darlehensverträge und die Zinsswap-Vereinbarungen keine einheitliche Schuld gebildet hätten. Denn es hätten sich nicht nur die Valutastände des Darlehens und Zinsswaps gegenläufig entwickelt, sondern auch die Zahlungen aufgrund der Zinsswap-Vereinbarungen seien unabhängig von den Ansprüchen und Verpflichtungen des Darlehensvertrages zu erbringen gewesen. Die Zinsswap-Vereinbarungen seien auch nicht anteilsmäßig auf die später eingetretenen Konsortialbanken übergegangen. Dass die Zinsswap-Vereinbarungen in Erfüllung der vertraglichen Verpflichtung aus dem Darlehensvertrag abgeschlossen worden seien, reiche für sich nicht aus, um eine wirtschaftliche Einheit anzunehmen.
Hinweis
1. Das Besprechungsurteil betrifft ein Verfahren zum Gewerbesteuermessbetrag 2010 und 2011. Es war ursprünglich mit einem Verfahren zur KSt 2010 und 2011 verbunden, das unter dem Az. XI R 44/19 beim XI. Senat anhängig ist. Im körperschaftsteuerrechtlichen Verfahren ist die Frage streitig, ob Zinsswap-Aufwendungen Zinsaufwendungen i.S.d. Zinsschrankenregelung des § 4h Abs. 3 Satz 2 EStG darstellen. Im gewerbesteuerrechtlichen Verfahren geht es um die Frage, ob Zinsswap-Aufwendungen als Entgelte für Schulden i.S.d. der Hinzurechnungsregelung des § 8 Nr. 1 Buchst. a Satz 1 GewStG zu qualifizieren sind. Der XI. Senat hat nach Abtrennung und Abgabe des gewerbesteuerrechtlichen Verfahrens an den III. Senat sein Verfahren im Hinblick auf das beim BVerfG zur Verfassungsmäßigkeit der Zinsschrankenregelung anhängige Verfahren (2 BvL 1/16) ausgesetzt. Eine Aussetzung des gewerbesteuerrechtlichen Verfahrens war nicht erforderlich, da etwaige Zinsen, die schon nach § 4h EStG (i.V.m. § 8a KStG) nicht abzugsfähig sind, den Gewinn nicht mindern und deshalb nach § 8 GewStG nicht hinzugerechnet werden können.
2. Entgelte für Schulden i.S.d. § 8 Nr. 1 Buchst. a Satz 1 GewStG setzen voraus, dass es sich um eine Gegenleistung für die Zurverfügungstellung von Fremdkapital handelt. Leistungen, die nicht die Nutzung des Fremdkapitals abgelten, die also nicht mit der tatsächlichen Nutzung oder der Nutzungsmöglichkeit von Fremdkapital zusammenhängen, sondern für eine andere Leistung oder aus einem anderen Rechtsgrund erbracht werden, sind daher nicht hinzuzurechnen. Durch die im Rahmen des Steuerreformgesetzes 1990 erfolgte Ersetzung des Begriffs "Zinsen" durch "Entgelte für Schulden" sollten zwar vor allem auch gewinnabhängige Vergütungen für die Nutzung von Fremdkapital in die Hinzurechnungsregelung miteinbezogen werden. Der ...