Rz. 7

Verfassungsrechtlich führt die Steuervergünstigung (Rz. 4) zu einer rechtfertigungsbedürftigen Ungleichbehandlung, insbesondere weil Gewinnverteilungen bei den übrigen von § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG erfassten Körperschaften nicht als Betriebsausgabe abziehbar sind (§ 8 Abs. 3 Satz 1 KStG). Die Ungleichbehandlung lässt sich aber mit dem Wesen der Genossenschaften (Rz. 20) rechtfertigen, was auch der BFH bereits für die Vorgängervorschrift entschieden hat.[1]

 

Rz. 8

Unionsrechtlich bisher kaum diskutiert ist die Frage, ob § 22 KStG eine unzulässige Beihilfe i. S. v. Art. 107 Abs. 1 AEUV darstellt. Verneint man die Beihilfequalität, weil es sich aufgrund fehlender tatsächlicher oder rechtlicher Vergleichbarkeit nicht um eine Begünstigung "bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige" handeln soll[2], ließen sich Genossenschaften gegenüber Kapitalgesellschaften beihilferechtlich uneingeschränkt bevorteilen. Vor dem Hintergrund der wettbewerbsrelevanten Begünstigung bestimmter, häufig von Genossenschaften bewirtschafteten Bereiche (z. B. Großhandel, Banken, Wohnungsbau, Energieversorger), für die aber auch eine kapitalistisch organisierte Konkurrenz besteht, finden sich m. E. durchaus Argumente, die für eine selektive Maßnahme sprechen. Gleichwohl ist der Gedanke nicht abschließend durchdacht. Der EuGH hat für italienische Produktions- und Arbeitsgenossenschaften darauf hingewiesen, dass sich die fraglichen Genossenschaften womöglich nicht in einer Lage befinden, die mit anderen Wirtschaftsteilnehmern vergleichbar sei.[3]

[1] BFH v. 10.12.1975, I R 192/73, BStBl II 1976, 351; Schmitz, in H/H/R, EStG/KStG, § 22 KStG Rz. 4 m. w. N.
[2] Pirner, in Schnitger/Fehrenbacher, KStG, 2. Aufl. 2018, § 22 KStG Rz. 49.
[3] EuGH v. 8.9.2011, C-78/08, C-79/08, C-80/08, Paint Graphos u. a., ECLI:EU:C:2011:550.

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