OFD Karlsruhe, Verfügung vom 18.3.2022, S 0321 (§ 150 Karte 1)
1 Form und Inhalt der Steuererklärung
Eine Steuererklärung liegt auch dann vor, wenn sie als vorläufig bezeichnet oder das Formular unzureichend ausgefüllt ist, es sei denn, dass die Erklärung nach den Verhältnissen des Einzelfalles nicht geeignet ist, ein ordnungsgemäßes Veranlagungsverfahren in Gang zu setzen.
2 Elektronische Abgabepflichten
2.1 Steuererklärungen
Steuererklärungen sind nach den einzelsteuergesetzlichen Regelungen grundsätzlich nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung an das Finanzamt zu übermitteln.
Ein Steuerpflichtiger ist nicht zur Übermittlung der Einkommensteuererklärung in elektronischer Form verpflichtet, wenn er Gewinneinkünfte von mehr als 410 EUR erzielt, sofern zusätzlich die Voraussetzungen eines der Veranlagungstatbestände nach § 46 Abs. 2 Nr. 2 bis 8 EStG erfüllt sind (BFH-Urteil vom 28.10.2020, X R 36/19, BStBl 2021 II S. 841).
2.2 Zugangszeitpunkt bei elektronischer Übermittlung
Der Zugang und damit der Zeitpunkt der wirksamen Abgabe einer elektronisch übermittelten Steuererklärung bestimmt sich wie folgt:
- Authentifizierte elektronische Datenübermittlung; in allen Fällen, in denen sich der Datenübermittler (der Absender der Daten) elektronisch authentifiziert, gilt die elektronisch übermittelte Steuererklärung als zugegangen, sobald die für den Empfang bestimmte Einrichtung die elektronisch übermittelten Daten in bearbeitbarer Weise aufgezeichnet hat (§ 87a Abs. 1 Satz 2 AO).
- Ohne elektronische Authentifizierung; bei Übermittlung der Erklärungsdaten ohne elektronische Authentifizierung (ElsterFormular, bis VZ 2019), hat der Steuerpflichtige auf dem Ausdruck der elektronisch übermittelten Steuererklärungsdaten zu versichern, dass er die Daten überprüft und nach der elektronischen Übermittlung keine Änderungen vorgenommen hat. Der komprimierte Vordruck ist zu unterschreiben und dem zuständigen Finanzamt einzureichen. Die elektronische Steuererklärung gilt in diesen Fällen erst mit Eingang des unterschriebenen komprimierten Vordrucks als zugegangen.
3 Bereitstellung elektronischer Übermittlungsmöglichkeiten
3.1 Übermittlungswege
Die elektronische Übermittlung von Steuererklärungen kann über Steuersoftware von Drittanbietern nach Implementierung des seitens der Finanzverwaltung bereitgestellten sog. ERiC-Moduls (amtlicher Datensatz, Schnittstelle für ELSTER) erfolgen oder über das OnlinePortal „Mein ELSTER”.
3.2 Zugangseröffnung; Bereitstellungstermine
Das ERIC-Modul wird von der Finanzverwaltung üblicherweise Ende des Kalenderjahres bzw. Anfang des Folgejahres veröffentlicht. Damit ist der Zugang i.S.d. § 87a Abs. 1 Satz 1 AO eröffnet. Ab dem Zeitpunkt der Bereitstellung des ERiC-Moduls können die Softwarehersteller dieses in ihre Software implementieren. Um der erforderlichen Anpassung der Programme der Softwareanbieter Rechnung zu tragen, sind Erklärungen in Papierform innerhalb von zwei Monaten nach Bereitstellung des ERiC-Moduls für die jeweilige Erklärung (auch außerhalb von Härtefallen i.S.d. § 150 Abs. 8 AO) nach bundeseinheitlich abgestimmter Verfahrensweise als wirksame Steuererklärung anzusehen. Dies gilt für beratene wie für nicht beratene Steuerpflichtige auch dann, wenn eine Übermittlung über das OnlinePortal „Mein ELSTER” schon zur Verfügung steht oder die Übermittlung der Erklärungsdaten in der Vergangenheit darüber erfolgte.
Die Bereitstellungstermine können dem OnlinePortal „Mein ELSTER” unter dem Stichwort „Formulare & Leistungen” entnommen werden.
Davon zu unterscheiden ist die Programmfreigabe für die Bearbeitung der Steuererklärungen in den Finanzämtern. Der Zeitpunkt dieses Programmeinsatzes und der Zeitpunkt der Bereitstellung der für eine elektronische Übermittlung erforderlichen ELSTER-Module sind nicht identisch. So kann es vorkommen, dass die Finanzämter (Papier-)Steuererklärungen bereits verarbeiten können, jedoch die elektronische Übermittlung dieser Jahressteuererklärungen durch die Steuerpflichtigen (noch) nicht möglich ist.
3.3 Fehlende Zugangseröffnung
Sofern die Finanzverwaltung noch keinen Zugang für die elektronische Übermittlung von Steuererklärungen i.S.d. § 87a Abs. 1 Satz 1 AO eröffnet hat, ist es dem Steuerpflichtigen objektiv unmöglich, der gesetzlichen Verpflichtung zur elektronischen Übermittlung seiner Steuererklärung nachzukommen.
Deshalb dürfen keine nachteiligen Folgen (insbesondere keine Festsetzung eines Verspätungszuschlags) daraus gezogen werden, dass die Steuererklärungen in diesem Fall nicht elektronisch, sondern in Papierform übersandt werden. Dies gilt sowohl wenn ein Zugang für bestimmte Erklärungen generell noch nicht eröffnet ist, als auch wenn Übermittlungsmöglichkeiten von der Finanzverwaltung erst später zur Verfügung gestellt werden. Dabei handelt es sich nicht um einen Härtefall i.S.d. § 150 Abs. 8 AO.
4 Unterschrift zu Steuererklärungen
4.1 Eigenhändige Unterschrift
Ein Steuerpflichtiger kann sich bei allen Verfahrenshandlungen im Be...