Entscheidungsstichwort (Thema)

Anwendung von § 6e EStG auf Gründungskosten eines geschlossenen Schiffsfonds

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Zur Anwendung von § 6e EStG auf Gründungskosten eines geschlossenen Schiffsfonds (sog. Weichkosten).

2. Die rückwirkende Anwendung des § 6e EStG gemäß § 52 Abs. 14a EStG ist als echte Rückwirkung ausnahmsweise zulässig.

 

Normenkette

HGB § 255; EStG § 52 Abs. 14a, § 6e

 

Tatbestand

Streitig ist die steuerliche Behandlung von Gründungs- bzw. Fondsetablierungskosten (Weichkosten) eines geschlossenen Schiffsfonds im Jahr 2010 (Streitjahr).

Die im Jahr 2007 gegründete Klägerin betreibt ihr Unternehmen in der Rechtsform der GmbH & Co. KG (eingetragen im Handelsregister A des Amtsgerichts O unter HRA 1). Komplementärin der Klägerin war im Streitjahr die Firma A Beteiligungsgesellschaft Verwaltung mbH, deren Geschäftsführer Herr L ist. Die Klägerin ist als Publikumspersonengesellschaft konzipiert und hat mehr als 900 Beteiligte. Zum Kreis der Kommanditisten der Klägerin gehören unter anderem: die L 2 AG, die L 3 GmbH, die L 4 GmbH sowie die S GmbH. Die Klägerin ermittelte ihren Gewinn im Streitjahr gemäß §§ 4 Abs. 1, 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG) durch Betriebsvermögensvergleich.

Am 00.00.2007 schloss die Klägerin einen Chartervertrag mit der Firma J Pte Ltd. und trat mit Vertrag vom 00.00.2007 in einen Bauvertrag mit der ostasiatischen Werft Y Co. Ltd über einen Massengutfrachter („A”) ein (Kosten X Mio. US-Dollar), wobei die Lieferung für Monat 2009 vereinbart und eine Verzögerung für maximal 250 Tage zulässig war. Hieraus ergab sich ab dem 00.00.2010 bei fehlender Lieferung die Möglichkeit zur Kündigung des Bauvertrages. Daneben bestand eine Poolvereinbarung vom 00.00.2008, aufgrund derer die Chartereinnahmen mit drei anderen baugleichen Frachtern gepoolt werden sollten, um Risiken und Chancen gleichmäßiger zu verteilen.

Laut Gesellschaftsvertrag der Klägerin vom 00.00.2008, auf den wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, war Unternehmensgegenstand (§ 2 des Vertrages) die Bestellung, die Übernahme und der Betrieb des Bulkers „A” sowie alle damit im Zusammenhang stehenden Geschäfte. Der Vertrag enthielt unter § 5 einen Investitionsplan für den Erwerb des Schiffes. Ebenfalls am 00.00.2008 wurde das Emissionsprospekt für eine Beteiligung an der Klägerin herausgegeben, auf dessen Grundlage sich noch im Jahr 2008 die Anleger an der Klägerin beteiligten und auf das wegen der Einzelheiten verwiesen wird. Die Finanzierung des Baupreises für das Bulkschiff sollte im Wesentlichen über Eigenkapital, bestehend aus auf dem freien Kapitalmarkt zu erwerbenden Kommanditbeteiligungen (X Mio. EUR), und über ein Schiffshypothekendarlehen (X Mio. US-Dollar) erfolgen.

Während der Vertriebs- und Anlaufphase waren die L 2 AG, die L 3 GmbH sowie Rechtsanwälte, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer beauftragt, Leistungen im Zusammenhang mit der Erarbeitung und Umsetzung des Firmenkonzepts zu erbringen (vgl. auch § 4 des Gesellschaftsvertrages der Klägerin vom 00.00.2008). Die insoweit angefallenen, hier hinsichtlich der steuerlichen Behandlung streitigen Kosten in Höhe von X EUR hatte die Klägerin in den Jahren 2008 und 2009 als Anzahlungen auf das zu bauende Schiff aktiviert. Im Einzelnen setzten sich die – der Höhe nach nicht streitigen – Gründungskosten (Fondsetablierungskosten/Weichkosten) wie folgt zusammen:

Leistungserbringer

Kostenart

Höhe

L 2 AG

Vermittlung einer Fremdfinanzierung

X EUR

L 2 AG

Abgabe einer selbstschuldnerischen Höchstbetragsbürgschaft

X EUR

L 3 GmbH

Beratung bei der Entwicklung der wirtschaftlichen Konzeption

X EUR

L 2 AG

Einwerbung des planmäßig vorgesehenen Kommanditkapitals

X EUR

L 2 AG

Abgabe einer Platzierungsgarantie

X EUR

Rechtsanwälte, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer

Beratung bei der Konzeption des Beteiligungsangebots und Erstellung von Gutachten

X EUR

X EUR

Nähere Einzelheiten zu den Fondsetablierungskosten ergeben sich aus dem Schriftsatz der Klägerin vom 12.08.2016; hierauf wird verwiesen.

Als sich abzeichnete, dass eine zeitgerechte Fertigstellung des Fondsschiffes „A” nicht würde erfolgen können, fand am 00.00.2010 die erste Sitzung des Verwaltungsrats der Klägerin statt, in der deren Vorsitzender bestimmt wurde und an der neben den Verwaltungsratsmitgliedern ein Vertreter der Bank 1 sowie Vertreter der L 4 GmbH teilnahmen. Der Verwaltungsrat bestand – entsprechend § 4 des Gesellschaftsvertrages vom 00.00.2008 – aus zwei Kommanditisten sowie einem Vertreter der persönlich haftenden Gesellschafterin der Klägerin. Dem Protokoll vom 00.00.2010 ist zu entnehmen, der Verwaltungsrat sei sich mit der Geschäftsführung einig, die Gesellschafter kurzfristig über die aktuelle Situation zu informieren und ihnen die Kündigung des Bauvertrages vorzuschlagen. Gleichzeitig solle ihnen als Alternativkonzept eine Beteiligung an der „A 2” vorgestellt und darüber abgestimmt werden. Den Gesellschaftern solle empfohlen werden, eine Beteiligung an dem typengleichen Schiff im Rahmen eines Ges...

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