Leitsatz

Dem EuGH wird folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:

Zur Bedeutung von Art. 2 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2006/112/EG in der Auslegung durch das EuGH-Urteil Baštová:

Erbringt der Inhaber eines Ausbildungsstalls für Turnierpferde an den Pferdeeigentümer eine einheitliche Leistung, die aus Unterbringung, Training und Turnierteilnahme von Pferden besteht, auch insoweit gegen Entgelt, als der Pferdeeigentümer diese Leistung durch hälftige Abtretung des ihm bei einer erfolgreichen Turnierteilnahme zustehenden Anspruchs auf Preisgeld vergütet?

 

Normenkette

§ 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG, Art. 2 Abs. 1 Buchst. c EGRL 112/2006 (= MwStSystRL)

 

Sachverhalt

Der Kläger ist Reiter und betrieb in den Streitjahren 2007 bis 2012 einen "Ausbildungsstall für Turnierpferde". Im Betrieb des Klägers wurden die ihm zur Verfügung gestellten Pferde professionell untergestellt und gepflegt, ausgebildet und auf Turnieren im In- und Ausland eingesetzt. Mit den im Inland ansässigen Eigentümern der Pferde schloss der Kläger jeweils "Überlassungsverträge", nach denen diese ihre Pferde dem Kläger "zur Verfügung stellten". Der jeweilige Eigentümer verzichtete auf jegliches Weisungsrecht betreffend Training und Einsatz der Pferde. Weiter wurde vereinbart, dass der Eigentümer die Kosten für den Unterhalt, Turnier- und Transportkosten, Hufschmied und Tierarzt der Pferde zu tragen hatte, während der Kläger die auf ihn als Reiter entfallenden Kosten für den Turniereinsatz (Fahrt-, Flug- und Hotelkosten, Spesen) zu übernehmen hatte.

Da Gewinngelder bei Pferdeturnieren allein dem Eigentümer der Pferde zustehen, wurde weiter vereinbart, dass der Kläger 50 % aller Geld- und Sachpreise, die er für den Eigentümer mit dessen Pferden gewinnt, erhalten sollte. Dabei trat der jeweilige Eigentümer seine zukünftigen Ansprüche gegen den jeweiligen Turnierveranstalter auf Auszahlung der Preise und auf Übertragung des Eigentums an Sachpreisen bereits mit dem Überlassungsvertrag zur Hälfte an den Kläger ab. Der Kläger war berechtigt, Zahlungsansprüche des Eigentümers mit Gegenforderungen zu verrechnen.

Der Kläger setzte auf in- und ausländischen Turnieren sowohl eigene als auch fremde Pferde ein. Die auf den Turnieren mit fremden Pferden erlangten Gewinne verrechnete der Kläger mit Pensionskosten, Kosten für Tierarzt, Arzneimittel, Hufschmied, Turnierkosten und weiteren Ausgaben entsprechend den Vereinbarungen mit den Pferdeeigentümern. Das FA ging davon aus, dass die inländischen und ausländischen Turniererlöse mit fremden Pferden dem Regelsteuersatz unterliegen. Einspruch und Klage zum FG hatten keinen Erfolg (FG Münster, Urteil vom 19.9.2019, 5 K 2510/18 U, Haufe-Index 13525048, EFG 2021, 500).

 

Entscheidung

Der BFH legte die im Leitsatz bezeichnete Auslegungsfrage dem EuGH vor und setzte das Verfahren bis zu einer Entscheidung durch den EuGH aus. Das Verfahren ist dort als Rechtssache FA Beckum (C-713/21) anhängig.

 

Hinweis

1. Der EuGH hat in seinem Urteil Baštová (EU:C:2016:855) entschieden, dass die Überlassung eines Pferdes durch seinen unternehmerisch tätigen Eigentümer an den Veranstalter eines Pferderennens zwecks Teilnahme des Pferdes an diesem Rennen keine gegen Entgelt erbrachte Dienstleistung ist, wenn der Veranstalter nur eine von der Platzierung des Pferdes in dem Rennen abhängige Vergütung zahlt.

Der EuGH differenziert dabei zwischen drei Fallgruppen.

  • Erstens führt die Überlassung des Pferdes zur Teilnahme des Pferdes und die Gewährung dieser Teilnahme nicht zu einem tauschähnlichen Umsatz.
  • Zweitens fehlt es für die Überlassung des Pferdes an einer Gegenleistung, wenn der Eigentümer nur bei einer erfolgreichen Platzierung im Rennen ein Preisgeld erhält.
  • Drittens ist es anders nur bei der Zahlung eines platzierungsunabhängigen Antrittsgelds für die Überlassung des Pferdes.

2. Der BFH (Urteil vom 10.6.2020, XI R 25/18 (Haufe-Index 14148337, BFH/NV 2020, 1388) hat hieraus abgeleitet, dass diese Beurteilung zum Verhältnis des Turnierveranstalters zum Pferdeeigentümer auf das Verhältnis zwischen dem Pferdeeigentümer und dem Inhaber eines Ausbildungsstalls für Turnierpferde zu übertragen ist, wenn der Pferdeeigentümer Preisgelder zur Hälfte an den Inhaber des Ausbildungsstalls für Turnierpferde abtritt. Er hat dies damit begründet, dass die Zahlung auch in diesem Fall für das Wettbewerbsergebnis des Leistenden erfolgt.

3. Dies erscheint dem BFH nunmehr zweifelhaft, weshalb er die sich aus dem Leitsatz ergebende Auslegungsfrage an den EuGH richtet.

Er begründet seine Zweifel am Verständnis des Urteils im Fall Baštová damit, dass unklar sei, ob der EuGH seine Beurteilung mit dem Fehlen eines Entgelts oder mit dem Fehlen einer Leistung begründet.

Sollte der EuGH dahin gehend zu verstehen sein, dass das Preisgeld nicht für die Überlassung des Pferdes gezahlt wird, sondern für die Erzielung eines bestimmten Wettbewerbsergebnisses, deutet dies darauf hin, dass auf das Fehlen einer Dienstleistung abzustellen ist. Leistungen des Turnierstallinhabers an den Pfer...

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