Mit dem am 13.3.2024 vom Bundeskabinett beschlossenen Entwurf für ein Bürokratieentlastungsgesetz IV (BEG IV)[21] soll auch im Umsatzsteuerrecht für Erleichterung gesorgt werden. Im Zuge der Absenkung der Aufbewahrungsfristen u.a. für Buchführungsunterlagen i.S.d. § 147 Abs. 1 Nr. 1 AO von zehn auf acht Jahre sollen Rechnungen ebenfalls nur noch acht Jahre aufbewahrt und § 14b Abs. 1 Satz 1 UStG entsprechend geändert werden.[22] Daneben sollen die Betragsgrenzen in § 18 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 2a Satz 1 UStG von 7.500 EUR auf 9.000 EUR angehoben werden, so dass mehr Unternehmer Zugang zur bloß quartalsweisen Abgabe von Umsatzsteuer-Voranmeldungen bekommen.[23] Im Rahmen der Differenzbesteuerung des § 25a UStG soll die Besteuerung nach der Gesamtdifferenz i.S.d. § 25a Abs. 4 UStG auf Gegenstände ausgedehnt werden, deren Einkaufspreis 750 EUR nicht übersteigt.[24] Bisher liegt der Wert bei 500 EUR.

Im Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Postrechts ist des Weiteren eine Folgeänderung in der Steuerbefreiung des § 4 Nr. 11b UStG vorgesehen.[25] Diese redaktionelle Anpassung war indes nicht Auslöser für eine der Presse zu entnehmende Diskussion, um eine mögliche umsatzsteuerliche Privilegierung der Deutschen Post AG.[26] Vielmehr fürchten Konkurrenten der Deutschen Post AG aufgrund der angedachten Ausweitung der Universaldienstleistungen in § 16 PostG-E eine Benachteiligung, da sie oftmals nur lokal tätig sind, Leistungen also nicht flächendeckend i.S.d. § 4 Nr. 11b Satz 2 UStG anbieten und insoweit von der Steuerbefreiung ausgeschlossen sind.[27] Nach § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 PostG-E sollen künftig auch "Teilleistungen i.S.d. § 54 Absatz 1 (PostG-E, d. Verf.), die aufgrund gesetzlicher Verpflichtung flächendeckend zu standardisierten Bedingungen angeboten werden" in den Katalog der Universaldienstleistungen aufgenommen werden.[28] Zudem soll in Reaktion auf die umsatzsteuerrechtliche Rechtsprechung von EuGH und BFH in den Rechtssachen "Winterhoff" und "Eisenbeis" die förmliche Zustellung von Schriftstücken (sog. Postzustellaufträge bzw. PZA-Leistungen) ebenfalls in den Kreis der Universaldienstleistungen des § 16 PostG-E aufgenommen werden.[29] Während die Finanzverwaltung die Rechtsprechung zu PZA-Leistungen in Abschn. 4.11b.1 Abs. 2 Nr. 6 UStAE umgesetzt hat und diese steuerfrei belässt, sieht sie Teilleistungen als steuerpflichtig an.[30] Das FG Köln bejahte in seinem Urteil vom 2.2.2021 hingegen für Teilleistungen die Steuerbefreiung.[31] Die vom Finanzamt eingelegte Revision ist noch anhängig.[32] Hinzu kommt ein weiteres Urteil des FG Köln vom 25.7.2023 zur Steuerbefreiung des § 4 Nr. 11b UStG, dass sich zudem umfassend mit einem unrichtigen Steuerausweis i.S.d. § 14c Abs. 1 UStG in diesem Zusammenhang auseinandersetzt.[33] Die Entscheidungen in den beim BFH anhängigen Revisionsverfahren dürfen ebenso mit Spannung erwartet werden, wie der Ausgang dieses Gesetzgebungsverfahrens. Hervorzuheben ist nämlich, dass sich die Bundesregierung mit dem Gesetzentwurf in Bezug auf die Steuerbefreiung für Teilleistungen einer höchstrichterlichen Entscheidung vorgreifend und entgegen der aktuellen Auffassung der Finanzverwaltung positioniert hat. Für das Umsatzsteuerrecht kann schließlich nicht behauptet werden, die Steuerbefreiung für Post-Universaldienstleistungen würde durch den Gesetzentwurf konsequent modernisiert. Der Verweis in § 4 Nr. 11b Satz 1 UStG auf Art. 3 Abs. 4 der Richtlinie 97/67/EG ist insoweit überholt, als dass nach der EuGH-Rechtsprechung neben dem in der Post-Richtlinie genannten Mindestangebot eines Universaldienstes auch andere Postdienste als Universaldienstleistungen angesehen werden können.[34]

[21] BR-Drucks. 129/24.
[22] Art. 5 Nr. 1 und Nr. 5 BEG IV-E.
[23] Art. 5 Nr. 2 BEG IV-E.
[24] Art. 5 Nr. 3 BEG IV-E.
[25] Siehe Art. 18 des Gesetzentwurfs, BR-Drucks. 677/23, 78.
[26] Vgl. etwa das Handelsblatt Nr. 14 v. 19.–21.1.2024, 10 und Nr. 40 v. 26.2.2024, 10, Der Spiegel v. 20.1.2024, 66.
[27] Zum Merkmal der Flächendeckung s. von Streit in Rau/Dürrwächter, UStG, § 4 Nr. 11b, Rz. 46 ff. (Mai 2022).
[28] BR-Drucks. 677/23, 20 und 95.
[29] § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 PostG-E; BR-Drucks. 677/23, 118; EuGH, Urt. v. 16.10.2019 – C-4/18, C-5/18 – Winterhoff und Eisenbeis, UR 2019, 883 und die dazu ergangenen Nachfolgeentscheidungen des BFH v. 6.2.2020 – V R 36/19 (V R 30/15), BStBl. II 2021, 790 und BFH v. 6.2.2020 – V R 37/19 (V R 8/16)792 sowie deren Umsetzung durch die Finanzverwaltung mit BMF, Schr. v. 28.9.2021, BStBl. I 2021, 1858, und Abschn. 4.11b.1 Abs. 2 Nr. 6 UStAE.
[31] Urteil des FG Köln v. 2.2.2021 – 8 K 1248/18, juris Rz. 96. Nach einem Bericht des Spiegels vom 20.1.2024, 66, geht die Deutsche Post AG selbst davon aus, dass sich die seit 2016 von ihr potentiell zu Unrecht abgeführte Umsatzsteuer auf Teilleistungen auf mehr als zwei Milliarden Euro belaufe.
[32] Az. des BFH: V R 6/21.
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