Die Wirtschaftswelt wird komplizierter – Krisen können in Zeiten immer weiter voranschreitender Globalisierung, Digitalisierung und Vernetzung der Wirtschaftswelt ad hoc und mit zunehmender Größe der Unternehmung auch lediglich an einzelnen Stellen eines ansonsten wirtschaftlich gesunden Unternehmensverbunds auftreten.

Komplexere gesetzliche Rahmenwerke: Zudem werden die gesetzlichen Rahmenwerke zum Umgang mit solchen Krisensituationen durch den zusätzlich "tobenden" Wettbewerb der Rechtsordnungen immer komplexer.

Frühzeitiges Handeln der Beteiligten gefordert: Die Beteiligten müssen seit der Einführung eines vorinsolvenzlichen Restrukturierungsrahmens durch das StaRUG nun letztlich noch frühzeitiger eine weitere Alternative[30] – neben der bereits seit 1999 bzw. 2012 bestehenden Option des Insolvenzplanverfahrens in Eigenverwaltung – als möglichen Lösungsweg (er)kennen und gegebenenfalls einschlagen können.

Viele Werkzeuge zur Krisenbewältigung: Den Beteiligten stehen damit so viele Werkzeuge zur Krisenbewältigung zur Verfügung wie noch nie zuvor. Werden die in diesen Regelwerken enthaltenen Möglichkeiten zur Sanierung und Restrukturierung nicht rechtzeitig von den Geschäftsleitern wahrgenommen, dann wird dies immer öfter zu persönlichen Haftungsfällen führen. Auch entsprechende Haftungsfälle auf Beraterebene werden nicht zuletzt deshalb immer häufiger den Weg in deutsche Gerichtssäle finden.

Erhöhtes Haftungsrisiko für Steuerberater: Mit den "neuen" jetzt im StaRUG festgelegten gesetzlichen Regelungen zur Warn- und Hinweispflicht hat sich das Haftungsrisiko für Steuerberater noch einmal erhöht.

Zukünftig wird in Insolvenzverfahren über das Vermögen von Kapitalgesellschaften die Prüfung der Einhaltung von Warn- und Hinweispflichten gem. § 102 StaRUG unter Berücksichtigung der letzten Jahresabschlüsse zum Standardprogramm jedes Insolvenzverwalters gehören. Das gleiche wird im Übrigen für die Überprüfung der Einrichtung von Frühwarnsystemen und deren laufende Überwachung durch die handelnden Geschäftsleitungs- und Überwachungsorgane gelten.

Beachten Sie: In diesem Zusammenhang wird der Insolvenzverwalter auch prüfen,

  • wann der Steuerberater i.R.d. Erstellung des Jahresabschlusses letztlich Kenntnis von ernsthaften Anhaltspunkten für das Vorliegen eines Insolvenzantragsgrundes erlangt hat und
  • ob der Steuerberater seinen daraus resultierenden Hinweis- bzw. Warnpflichten unverzüglich nachgekommen ist.

Erstellung einer Fortführungsprognose durch insolvenzerfahrenen Berater ratsam: Vor diesem Hintergrund sollte jeder mit der Erstellung des Jahresabschlusses einer Kapitalgesellschaft beauftragte Steuerberater im eigenen Interesse auf die Erstellung einer Fortführungsprognose durch einen insolvenzerfahrenen Berater bestehen, wenn ihm i.R.d. auftragsgemäßen Erstellung des Jahresabschlusses oder sonstiger Tätigkeiten solche Umstände bekannt werden, aus denen auf den möglichen Eintritt einer Überschuldung oder eines sonstigen Insolvenzantragsgrundes geschlossen werden kann.

Folgen einer positiven Fortführungsprognose: Kann er sich im Rahmen seines weiteren Tätigwerdens auf eine – formal ordnungsgemäße und inhaltlich plausible – positive Fortführungsprognose stützen, so kann er damit den Vorwurf einer Verletzung seiner Pflichten aus der Vorschrift des § 102 StaRUG entkräften.

Andernfalls sollte er die Mitglieder der Geschäftsleitung unverzüglich darüber informieren, dass aus seiner Sicht ein Insolvenzantragsgrund vorliegen könnte und welche Pflichten dies für die Geschäftsleitung nach sich zieht.[31] Diesen Hinweis sollte er für einen möglichen späteren Prozess zudem unbedingt schriftlich dokumentieren.

 

Selbststudium nach § 15 FAO mit dem GmbH-StB: Zu diesem Beitrag finden Sie eine Lernerfolgskontrolle bis zum 31.12.2022 unter https://www.otto-schmidt.de/15fao

Service: Verhoeven, Beginn einer neuen Sanierungskultur? – Gesetz zur Fortentwicklung des Sanierungs- und Insolvenzrechts (SanInsFoG), GmbH-StB 2021, 63; Verhoeven, Pflichten des Geschäftsführers in der Corona-Krise, GmbH-StB 2020, 141; Verhoeven, Eigenverwaltung/Schutzschirmverfahren für die GmbH, GmbH-StB 2015, 327; Verhoeven / Theiselmann, Aufsichtsratspflichten in der Unternehmenskrise, GmbH-StB 2015, 206 abrufbar unter steuerberater-center.de

[30] Zu den Alternativen des Eigenverwaltungs-/Schutzschirmverfahrens, vgl. Verhoeven, GmbH-StB 2015, 327 ff.
[31] Zu den Pflichten von Geschäftsleitung und Überwachungsorganen in der Krise, vgl. Verhoeven/Theiselmann, GmbH-StB 2015, 206 ff.

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