Rz. 1
Stand: EL 138 – ET: 06/2024
Unter Digitalisierung ist einerseits die Übertragung analoger Informationen in eine Form, die sich elektronisch speichern und bearbeiten lässt, und andererseits der Wandel hin zu elektronisch unterstützten Prozessen durch Informations- und Kommunikationstechniken zu verstehen. Die Digitalisierung hat in den vergangenen Jahrzehnten stetig zugenommen und inzwischen alle Lebensbereiche erreicht. Dies hatte auch erhebliche Auswirkungen auf das Besteuerungsverfahren und insbesondere die > Lohnsteuer. Den Anfang machten Computerprogramme, die eine > Maschinelle Lohnabrechnung ermöglichten, und dadurch letztlich die jeweilige amtliche > Lohnsteuertabelle überflüssig machten. Waren die Tabellen zunächst noch erforderlich für > Arbeitgeber, die keine > Computer zur Berechnung der Lohnsteuer einsetzten, wurden sie weitestgehend überflüssig, nachdem im > Internet Lohnsteuerrechner zur Verfügung gestellt wurden. Mit dazu beigetragen hat auch die Vereinfachung des Steuerabzugs für Beschäftigte in Privathaushalten durch das Verfahren zur Abgabenentrichtung mittels > Haushaltsscheck. Um sicherzustellen, dass die Lohnsteuer durch Computerprogramme zutreffend ermittelt wird, stellt die FinVerw einen > Programmablaufplan zur Verfügung.
Rz. 2
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Die > Arbeitgeber verwendeten Computerprogramme jedoch nicht nur zur Berechnung der Lohnsteuer, sondern bald auch zur Lohnbuchhaltung und zur Führung des > Lohnkonto. Die FinVerw reagierte darauf mit Grundsätzen zur ordnungsgemäßen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in digitalisierter Form und der Gesetzgeber verpflichtete die ArbG, in bestimmten Fällen den digitalen Datenzugriff auf den Datenbestand zu ermöglichen (> Digitaler Datenzugriff).
Rz. 3
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Der nächste bedeutende Schritt zur Digitalisierung des Lohnsteuerverfahrens war die Abschaffung der > Lohnsteuerkarte ab dem Jahr 2013. Die Lohnsteuerkarte diente einerseits dazu, dem ArbG in amtlicher Form die Besteuerungsmerkmale für den Lohnsteuerabzug zu übermitteln, und andererseits zur Bescheinigung des Arbeitslohns und der einbehaltenen Steuerabzugsbeträge.
Ersetzt wurde dies durch die elektronischen > Lohnsteuerabzugsmerkmale, die vom > Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) zur Verfügung gestellt werden. Nur noch in Ausnahmefällen muss von der FinVerw eine > Bescheinigung für den Lohnsteuerabzug ausgestellt werden. Auch die Besteuerungsgrundlagen sind vom > Arbeitgeber dem > Betriebsstätten-Finanzamt grundsätzlich durch eine elektronische > Lohnsteuerbescheinigung zu übermitteln (vgl § 41b Abs 1 EStG).
Rz. 4
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Ermöglicht wurde dieser Schritt der Digitalisierung durch die im Jahr 2007 eingeführte > Identifikationsnummer, die es möglich macht, Personen eindeutig zu identifizieren. Diese wird ebenfalls vom > Bundeszentralamt für Steuern vergeben.
Rz. 5
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Eine neue Qualität/Stufe erreichte die Digitalisierung in der FinVerw durch das Gesetz zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens vom 18.07.2016 (BGBl 2016 I, 1679). Es lässt die ausschließlich automationsgestützte Bearbeitung von Steuererklärungen durch den Einsatz von Risikomanagementsystemen zu, um eine Konzentration der personellen Ressourcen auf die wirklich prüfungsbedürftigen Fälle zu erreichen. Dazu wurde der Amtsermittlungsgrundsatz in § 88 AO modifiziert und durch § 155 Abs 4 AO geregelt, dass ein > Steuerbescheid automatisch erlassen und berichtigt werden darf. Bei der > Ermittlungspflicht des Finanzamts sind zwar weiterhin der > Gleichheitssatz, die Gesetzmäßigkeit (> Rechtsstaatsprinzip) und Verhältnismäßigkeit (> Rechtsquellen des Lohnsteuerrechts) zu beachten, es dürfen bei der Entscheidung über die Art und den Umfang der Ermittlungen aber auch die allgemeinen Erfahrungen der FinVerw sowie Gesichtspunkte der Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit berücksichtigt werden. Neben der automatischen > Bekanntgabe von Steuerverwaltungsakten, in denen Steuern festgesetzt werden, wurde auch die elektronische Bekanntgabe von Einspruchsentscheidungen zugelassen (vgl § 366 AO). Ein > Verwaltungsakt kann mit Einwilligung des Beteiligten oder der von ihm bevollmächtigten Person auch bekannt gegeben werden, indem er zum Datenabruf durch Datenfernübertragung bereitgestellt wird (vgl § 122a Abs 1 AO).
Rz. 6
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Die elektronischen Datenübermittlungspflichten Dritter (vgl > Rentenbezugsmitteilungen, Mitteilungen zur > Private Altersvorsorge und Mitteilungen zur Basisversorgung > Krankenversicherung Rz 37–44) wurden vereinheitlicht und in § 93c AO zusammengeführt. Es wurde ein Ordnungswidrigkeitstatbestand (> Straf- und Bußgeldverfahren) geschaffen für Fälle, in denen Dritte ihrer Datenübermittlungspflicht nicht nachkommen (vgl § 383b AO), und die > Außenprüfung bei einer mitteilungspflichtigen Stelle eingeführt (vgl § 203a AO). Außerdem haften nach § 72a Abs 4 AO Dritte für Steuern, wenn sie ihrer Übermittlungs...