Steuersenkung für Gas und Fernwärme soll früher auslaufen

Gaskunden müssen sich zum Jahreswechsel womöglich wieder auf höhere Preise einstellen. Denn früher als erwartet will das Finanzministerium auf Erdgas wieder den regulären Umsatzsteuersatz zur Anwendung bringen.

Wegen der plötzlich extrem hohen Preise nach dem russischen Angriff auf die Ukraine hatte die Bundesregierung Gas und Fernwärme im vergangenen Jahr steuerlich begünstigt. Ursprünglich sollte bis März 2024 der ermäßigte Umsatzsteuersatz von 7 gelten. Nun aber soll die Entlastungsmaßnahme nach dem Willen von Finanzminister Christian Lindner (FDP) schon zum Jahreswechsel auslaufen, wie zuerst die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" berichtete. Beschlossen ist die Verkürzung noch nicht. Sie dürfte aber spätestens bei den Haushaltsberatungen im Bundestag auf den Tisch kommen.

Warum die Krisenmaßnahme früher ausläuft

"Die krisenbedingten Preisspitzen an den Gasmärkten haben sich inzwischen gelegt", erklärte Lindners Ministerium zur Begründung. Die Steuersenkung sei von Anfang an nur als kurzfristige und nie als dauerhafte Maßnahme gedacht gewesen. Sie könne vorzeitig beendet werden, weil der Gaspreis schneller wieder sank als man 2022 annahm.

Für die Bundesregierung ist das eine gute Nachricht, denn durch die gesenkte Umsatzsteuer hatte der Staat weniger Einnahmen. Zu Beginn rechnete man mit Kosten von rund 11,3 Mrd. EUR. Durch das frühere Ende dürften Bund, Länder und Kommunen nach Angaben aus dem Finanzministerium 2,1 Mrd. EUR sparen. So würden "Spielräume für die öffentlichen Haushalte" geschaffen, wie es im Ministerium heißt.

Was das für Verbraucher bedeutet

Was der Staat einspart, müssen Gaskunden mehr zahlen - und das trifft viele private Haushalte. Laut Energiewirtschaftsverband BDEW wurde 2022 knapp die Hälfte der gut 43 Mio. Wohnungen und Einfamilienhäuser mit Erdgas beheizt. Im Schnitt müssen ihre Bewohner laut Verivox nun mit einem Preissprung von rund 11 Prozent kalkulieren.

Für eine vierköpfige Familie mit Verbrauch von 20.000 Kilowattstunden Gas würde das demnach Mehrkosten von 270 EUR im Jahr bedeuten. Hat man selbst keinen Gasvertrag abgeschlossen, sondern nutzt die Grundversorgung, sei der Preisanstieg mit 331 EUR noch höher.

Auch der Wegfall von zwei Umlagen, der sog. Regelenergie-Umlage und der Konvertierungsumlage, wird die Mehrkosten laut Verivox nicht ausgleichen. Zudem werde das nicht automatisch weitergegeben, so dass die meisten Kunden erst bei Vertragswechsel profitierten.

Wie das vorzeitige Auslaufen bewertet wird

Verbände und auch Politiker gehen davon aus, dass die Rückkehr zum höheren Steuersatz ausgerechnet in der Heizsaison viele Familien empfindlich treffen würde. "Insbesondere Menschen mit kleinen Einkommen stellen die Energiepreise nach wie vor vor große Herausforderungen", mahnte Sozialverband-Präsidentin Verena Bentele. Vor allem für Menschen mit wenig Geld müsse es so lange Hilfen geben, bis sich die Preise wieder normalisiert hätten.

Auch die Energiewirtschaft spricht sich gegen die Verkürzung aus. Alles andere sei neben enormem Aufwand für Abrechnungen und Kommunikation für die Kunden auch kaum nachvollziehbar.

Politisch scheint das letzte Wort in der Ampel-Koalition noch nicht gesprochen zu sein: Die Grünen kündigten an, sich den Vorschlag bei den Haushaltsberatungen genau anzusehen. Parallel setzen sie sich dafür ein, die noch bis Jahresende geltende Gas- und Strompreisbremse zu verlängern. "Als Versicherung, dass die Preise weiterhin nicht durch die Decke gehen können", wie Fraktionsvize Andreas Audretsch der Deutschen Presse-Agentur sagte. "Für Bürgerinnen und Bürger sind verlässliche und bezahlbare Energiepreise von hoher Relevanz", betonte er.

Auch in der Opposition findet der Vorschlag wenig Zustimmung. Viele Verbraucher steckten weiterhin in Verträgen, die doppelt so teuer seien wie vor dem Ukraine-Krieg, sagte der Linken-Finanzpolitiker Christian Görke. Der Unions-Abgeordnete Johannes Steiniger kritisierte: "Nur weil die Ampel es nicht schafft, sich auf Prioritäten im Haushalt zu einigen, sollen die Bürgerinnen und Bürger nun die Leidtragenden sein."

dpa
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