Rz. 36

Abs. 1 regelt neben den Tatbeständen, die überhaupt zum Eintritt von Rechtsfolgen führen (§ 31), auch die Rechtsfolgen nach erstmaliger und (mehrfacher) weiterer Pflichtverletzung. Der Gesetzgeber bezeichnete dies in Abs. 1 Satz 1 a. F. als Rechtsfolge in einer ersten Stufe. Konsequenz des sozialwidrigen Verhaltens mit der Qualität einer Pflichtverletzung nach § 31 ist aufgrund der Bestimmung des Abs. 1 Satz 1 die Verminderung des Bürgergeldes um einen Vomhundertsatz der maßgebenden Leistung zur Deckung des ungeminderten Regelbedarfs, der nach Maßgabe des § 20 für den erwerbsfähigen Leistungsberechtigten festgesetzt worden ist, um 10 % für einen befristeten Zeitraum von einem Monat (§ 31b Abs. 2 Satz 1 Nr. 1). Das bedeutet eine Kürzung des Bürgergeldes für erwerbsfähige Leistungsberechtigte ohne volljährigen Partner (ab 1.1.2023) von monatlich 563,00 EUR um 56,30 EUR (§ 20 Abs. 2). Für Personen, die nur aufstockend Bürgergeldbeziehen, kann das gleichwohl den vollständigen Wegfall der Leistung für den Regelbedarf, ggf. auch von weiteren Leistungen darüber hinaus, bewirken. Aus den Gesetzesmaterialien ergibt sich, dass bei Leistungsminderungen wegen eines Pflichtverstoßes wie auch bei Leistungsminderungen wegen wiederholten Pflichtverstoßes stets das gesamte Bürgergeld gemindert werden soll. Die Absenkung wird nicht in einem Prozentsatz des Bürgergeldes umschrieben, sondern als Teilbetrag der Leistung für den maßgebenden Regelbedarf nach § 20. Dieser ist vom Bürgergeld abzusetzen, z. B. auch dann, wenn aufgrund der Berücksichtigung von Einkommen nach den §§ 11 bis 11b nur noch eine Leistung für den Regelbedarf auszuzahlen ist, die weniger beträgt als der Minderungsbetrag. Dann greift die Leistungsminderung andere Anspruchsteile aus dem Bürgergeld an. Eine Vereinfachung des Leistungsminderungsrechts ab 1.1.2023 hätte sich deshalb auch daraus ergeben, dass als Leistungsminderung ein Festbetrag in EUR festzustellen wäre, der z. B. bei 100,00 EUR bis 120,00 EUR angesiedelt worden sein könnte, ohne dass auf die individuell maßgebende Leistung für den Regelbedarf abzustellen gewesen wäre. In diesem Umfang dürfte eine Pauschalierung sich noch im Rahmen des gesetzgeberischen Gestaltungsspielraums bewegen. Das stünde auch mit der Entscheidung des BVerfG in Einklang, die im Grundsatz 30 % des maßgebenden Regelbedarfs als Obergrenze vorsieht. Ein Schutz vor einer Leistungsminderung in die Leistungen zu den Kosten für Unterkunft und Heizung bedeutete das allerdings nicht, wenn zu berücksichtigendes Einkommen den maßgebenden Regelbedarf bereits auf eine Summe unterhalb des Minderungsbetrages verringert hat. Hierfür ist durch das Bürgergeld-Gesetz aber die Sonderregelung in Abs. 4 Satz 2 geschaffen worden. Im Übrigen ist zu bedenken, dass Festbeträge in EUR eine Ungleichbehandlung im prozentualen Umfang der maßgebenden Gesamtleistung für den Regelbedarf bedeuten.

 

Rz. 37

Für die Ermittlung des Minderungsbetrages ist die Leistung für den Regelbedarf maßgebend, die der erwerbsfähige Leistungsberechtigte auf Bürgergeld nach § 19 Abs. 1 Satz 1 oder nicht erwerbsfähige Leistungsberechtigte nach § 19 Abs. 1 Satz 2 am Tag der Feststellung der Leistungsminderung beanspruchen kann. Ersatzweise, z. B. bei Fehlen von Leistungsbezug, ist auf den ersten Tag des Minderungszeitraums abzustellen. Der Minderungsbetrag bleibt während des Ablaufs der Leistungsminderung unverändert. Das gilt auch dann, wenn sich die für den Regelbedarf maßgebenden Verhältnisse während des Minderungszeitraums für den erwerbsfähigen Leistungsberechtigten ändern. Eine Korrektur des Minderungsbetrags ist allerdings vorzunehmen, wenn sich ein Fall nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X herausstellt. Hierbei ist seit dem 1.4.2011 § 40 Abs. 1 Satz 2 (verringerter Nachzahlungszeitraum) zu beachten. Die Übergangsvorschrift nach § 77 Abs. 13 ist im Ergebnis ausgelaufen, die Regelung wurde mit Wirkung zum 1.1.2023 aufgehoben.

 

Rz. 38

Die Regelbedarfsleistungen für den Partner bzw. sonstige erwerbsfähige Angehörige der Bedarfsgemeinschaft bleiben unberührt, wenn eine Leistungsminderung gegen den erwerbsfähigen Leistungsberechtigten festgestellt wird. Dasselbe gilt für Bürgergeldansprüche von Mitgliedern der Bedarfsgemeinschaft. In Bezug auf die Leistungen für Unterkunft und Heizung war bis zum 31.122022 eine Ausnahme vom Kopfteilprinzip für die Dauer der Leistungsminderung angezeigt. Das galt nicht für etwaige Mehrbedarfsleistungen, weil diese vollständig personengebunden sind. Seit dem 1.1.2022 hat das Kopfteilprinzip bei der Umsetzung von Leistungsminderungen keine Bedeutung mehr, weil die Leistungen zu den Kosten für Unterkunft und Heizung nicht mehr vermindert werden.

 

Rz. 38a

Begeht der erwerbsfähige Leistungsberechtigte mehrere Pflichtverletzungen nach Abs. 1, liegt neben einem Erstverstoß ein wiederholter Pflichtverstoß vor, auf den Abs. 1 Satz 2 oder Abs. 1 Satz 3 anzuwenden ist, sofern die nach Abs. 1 Satz 5 maßgebende Jahresfrist noch nicht verstrichen ist und die sons...

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