Rz. 53

Abs. 3 regelt – abweichend von dem Grundsatz, dass Leistungen nach dem SGB XII (auch) für Unterkunft und Heizung an die leistungsberechtigte Person zu zahlen sind – die direkte Zahlung von (Geld-)Leistungen für Unterkunft und Heizung an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte. Er entspricht inhaltlich im Wesentlichen § 35 Abs. 1 Sätze 2 bis 4 in der bis zum 31.12.2022 geltenden Fassung, bezieht jedoch nunmehr – anders als die frühere Regelung in § 35 Abs. 1 Satz 2 – ausdrücklich Leistungen für Heizung ein. Damit ist der frühere Streit, ob § 35 Abs. 1 Satz 2 a. F. auf Leistungen für Heizkosten entsprechende Anwendung findet, beseitigt. Neu eingefügt wurde zum 1.1.2023 zudem Satz 2 HS 2. Dieser bestimmt, dass § 43a Abs. 3 entsprechend gilt.

2.3.1 Bedarfe für Unterkunft und Heizung

 

Rz. 54

Von Abs. 3 erfasst sind nach seinem Wortlaut ausschließlich Bedarfe für Unterkunft und Heizung. Hierzu gehören nicht nur die laufenden Bedarfe i. S. v. § 35 Abs. 1, sondern auch einmalige Leistungen wie beispielsweise Umzugskosten. Dafür spricht die Systematik des § 35a, der in Abs. 2 Satz 5 auch die Übernahme von u. a. Umzugskosten regelt.

Direktzahlungen für nicht von § 35 bzw. § 35a erfasste Bedarfe, also z. B. Haushaltsstrom, der vom Regelbedarf erfasst ist, lassen sich hingegen nicht auf Abs. 3 stützen. Eine entsprechende Anwendung scheidet mangels einer (planwidrigen) Regelungslücke aus.

Unberührt bleibt selbstverständlich die Möglichkeit einer einvernehmlichen Vereinbarung zwischen der leistungsberechtigten Person und dem Sozialhilfeträger, auch andere Leistungsbestandteile unmittelbar an einen Dritten abzuführen.

2.3.2 Direktzahlung auf Antrag (Satz 1)

 

Rz. 55

Nach Satz 1 HS 1 sind Bedarfe für Unterkunft und Heizung auf Antrag der leistungsberechtigten Person durch Direktzahlung an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte zu decken. Diese hat also einen (gebundenen) Anspruch darauf, dass der Träger der Sozialhilfe die Leistungen an die in Satz 1 genannten Personen zahlt (vgl. BT-Drs. 17/3404 S. 98 zu der inhaltsgleichen Vorschrift des § 22 Abs. 7 Satz 1 SGB II). Anders als bei Satz 2 ist nicht Voraussetzung, dass die zweckentsprechende Mittelverwendung gefährdet ist.

Durch die Direktzahlung bleiben die zivilrechtlichen Leistungsbeziehungen der leistungsberechtigten Person zu ihren Gläubigern unberührt. Es handelt sich lediglich um eine Regelung zur zahlungstechnischen Abwicklung des Leistungsanspruchs, die (nur) eine Empfangsberechtigung für die genannten Personen begründet (vgl. BT-Drs. 17/3404, a. a. O.). Eigene Ansprüche eines Vermieters oder sonstiger Dritter auf Auszahlung der einer leistungsberechtigten Person zuerkannten Leistungen für Unterkunft und Heizung begründet die Vorschrift hingegen nicht (vgl. im Einzelnen BSG, Urteil v. 9.8.2018, B 14 AS 38/17 R Rz. 30 zu § 22 Abs. 7 SGB II).

Die leistungsberechtigte Person kann den Antrag jederzeit für die Zukunft widerrufen. Ggf. ist der Leistungsträger (ex nunc) wieder zur Auszahlung der vollen Leistung an die leistungsberechtigte Person verpflichtet, es sei denn, die Voraussetzungen des Satzes 2 sind erfüllt.

2.3.3 Direktzahlung bei Gefahr zweckwidriger Verwendung (Satz 2 und 3)

 

Rz. 56

Gemäß Satz 2 sollen Direktzahlungen an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte erfolgen, wenn die zweckentsprechende Verwendung durch die leistungsberechtigte Person nicht sichergestellt ist.

Hintergrund der Regelung ist die missliche, in der Praxis aber nicht selten vorkommende Situation, dass leistungsberechtigte Personen die ihnen zur Deckung ihrer Unterkunfts- und Heizkosten zur Verfügung gestellten Leistungen nicht zweckentsprechend verwenden. Problematisch ist die zweckwidrige Mittelverwendung deshalb, weil der Unterkunftsbedarf nicht (rückwirkend) dadurch entfällt, dass Leistungsberechtigte bei wirksamer, nicht dauerhaft gestundeter Mietzinsforderung die bewilligten Leistungen anderweitig verbrauchen (Berlit, info also 2014, 252 unter Hinweis auf LSG Bayern, Urteil v. 14.5.2014, L 11 AS 261/12 Rz. 21 ff.). Auch eine offensichtlich unwirksame Mietminderung lässt die Mietzinsforderung des Vermieters unberührt (LSG Bayern, Urteil v. 14.6.2014, L 11 AS 828/13 Rz. 32 f.; Berlit, a. a. O.).

Die Vorschrift trägt dem Schutz des Betroffenen vor Wohnungslosigkeit sowie dem öffentlichen Interesse an der Vermeidung von Doppelzahlungen an Vermieter und andere Empfangsberechtigte Rechnung, wenn die konkrete Gefahr besteht, dass die Leistungen für Unterkunft und Heizung nicht zweckentsprechend verwendet werden und daraus resultierend Wohnungslosigkeit des Betroffenen droht (BT-Drs., a. a. O., S. 98 f.). Darüber hinaus soll das Grundrecht der leistungsberechtigten Person auf informationelle Selbstbestimmung gewahrt werden (BT-Drs., a. a. O., S. 98).

 

Rz. 57

Da es sich bei der Direktzahlung um einen nicht unerheblichen Eingriff in die Selbständigkeit der Lebensführung handelt, müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die berechtigte Person die ihr zur Verfügung gestellten Mittel nicht zweckentsprechend, d. h. nicht zur Begleichung der Unterkunfts- und Heizkosten, verwendet. Einer Zustimmung der leistungsberechtigten Pe...

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