Krankenhausbehandlung: Krankenkasse muss Chefarzt zahlen

Bei einer medizinisch notwendigen Operation muss die gesetzliche Krankenkasse auch privatärztliche Mehrkosten tragen. Das SG Heilbronn entschied aktuell, dass Operationskosten nicht immer allein durch die Fallpauschale abgedeckt sind.

Die Krankenkasse  ist verpflichtet, ihrem Versicherten die privatärztlich abgerechneten Kosten für medizinisch notwendige "Spendersehnen-OP" zu erstatten. Das Sozialgericht (SG) Heilbronn entschied mit Urteil v. 19.3.2013 (S 11 KR 1878/11), dass die Kosten für eine Krankenhausbehandlung wegen einer Operation nicht in privatärztlich abzurechnende Mehrkosten und die Fallpauschale für eine Standard-OP aufgeteilt werden können.

MDK bestätigt medizinische Notwendigkeit der Spezialbehandlung

Ein knapp 30jähriger Zimmermann (Kläger) ließ sich im November 2010 am Kniegelenk operieren. Ihm wurde keine körpereigene Sehne, wie sonst üblich, sondern eine Spendersehne eingesetzt. Diese selten angewandte Technik war aufgrund der komplexen Schädigung medizinisch notwendig, was auch gutachterlich vom Medizinischen Dienst bestätigt wurde.

Privater Behandlungsvertrag mit Chefarzt

Vor der Operation vereinbarte der Kläger mit der Klinik eine privatärztliche Behandlung durch den operierenden Chefarzt, der als einziger solche Operationen durchführt. Pferdefuß dabei: die Durchführung der Operation vom Abschluss eines privatärztlichen Behandlungsvertrages abhängig.

Zuvor hatte die Krankenkasse (IKK) dem Kläger mitgeteilt, dass sie keine „Mehrkosten für die Spendersehne“ übernehmen wird.

Kläger verlangt privatärztliche Chefarztrechnung von Krankenkasse erstattet

Die IKK zahlte der Klinik für die Operation eine Fallpauschale in Höhe von rund 3.300 EUR. Die privatärztliche Chefarztrechnung über rund 1.350 EUR beglich der Kläger zunächst aus eigener Tasche und verlangte später die Erstattung von der IKK. Die Krankenkasse lehnte ab. Sie habe die vom Chefarzt berechnete Leistung der Klinik bereits als Fallpauschale gezahlt.

IKK hat Antrag des Versicherten „missverstanden“

Das SG Heilbronn verurteilte die IKK, dem Kläger die Chefarztrechnung zu erstatten. Es sei unmissverständlich zu erkennen gewesen, dass der Kläger  die Kosten der Operation voll, ohne Eigenbeteiligung  übernommen haben wollte. Diesem Anliegen habe die IKK zu Unrecht nicht entsprochen. Der Kläger habe auch zu Recht verlangt, die Chefarztrechnung komplett erstattet zu bekommen.

Ohne Spendersehen keine OP

Eine Operation kann nicht zwischen privatärztlich abzurechnenden „Mehrkosten für die Spendersehne“ und einer über die Fallpauschale abzurechnenden „Standard-OP ohne Verwendung einer Spendersehne“ aufgeteilt werden. Denn ohne Einsatz einer Spendersehne hätte die Kreuzband-OP gar nicht durchgeführt werden können.

Offene Fragen

Das SG hatte nicht zu entscheiden, ob die Klinik eine Leistung doppelt abgerechnet hat. Die IKK meint,  dass Kosten einmal als Fallpauschale und ein weiteres Mal als privatärztliche Behandlung abgerechnet wurden.

Gleichfalls blieb offen, ob der Chefarzt die Durchführung der Operation vom Abschluss eines privatärztlichen Behandlungsvertrages abhängig machen durfte.

SG Heilbronn
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